# taz.de -- Auffälligkeiten bei Bio-Lebensmitteln: EU gibt Mitgliedsländern d… | |
> EU-Staaten untersuchten Auffälligkeiten bei Öko-Essen zu lax, klagt die | |
> EU-Kommission. Betrüger würden nicht richtig verfolgt. | |
Bild: Ist da wirklich „Bio“ drin? EU-Biosiegel | |
Berlin taz | Die Europäische Kommission sieht gravierende Schwächen bei der | |
Kontrolle von Bio-Lebensmitteln in den Mitgliedsländern. Die Behörde hat | |
alle Meldungen der Staaten über Produkte mit Pestizidrückständen oder | |
anderen Auffälligkeiten aus dem vergangenen Jahr analysiert. „In der großen | |
Mehrheit der Fälle wurde der Ursprung (also die tiefere Ursache) der | |
Unregelmäßigkeiten nicht gefunden“, heißt es in einem Kommissionsbericht, | |
der der taz vorliegt. „Das deutet darauf hin, dass die Untersuchungen | |
nicht effektiv sind.“ | |
Bio-Produkte müssen nach Regeln erzeugt werden, die mehr Natur- und | |
Tierschutz gewährleisten sollen als die konventionelle Landwirtschaft. | |
Spezielle Kontrollen sollen sicherstellen, dass die Unternehmen diese | |
Vorschriften einhalten. Massenhafte Verstöße könnten das Vertrauen der | |
Verbraucher in das Biosiegel schwächen. | |
Doch in 82 Prozent der 398 gemeldeten Fälle mit Auffälligkeiten blieben dem | |
Bericht zufolge die Gründe für die Probleme im Unklaren. Das sei besonders | |
bedenklich, weil dieser Missstand „das Risiko eines erneuten Auftretens von | |
Unregelmäßigkeiten oder gar Betrugs erhöht“. Denn wenn die Ursache nicht | |
geklärt ist, könne man weder gegenwirken noch Strafen verhängen. In 76 | |
Prozent der Fälle hätten die EU-Staaten noch nicht einmal zusätzliche | |
Inspektionen bei den betroffenen Unternehmen geplant. | |
Wenn doch Sanktionen wegen bestätigter Unregelmäßigkeiten verhängt wurden, | |
seien sie mehrmals zu schwach gewesen, um abzuschrecken. „Zum Beispiel | |
haben Unternehmer, die ohne Berechtigung als ‚bio‘ deklarierte Produkte | |
verkaufen, in mehreren Fällen nur eine schriftliche Aufforderung erhalten, | |
die Regeln einzuhalten.“ Nur selten würden bei Verstößen Geldbußen | |
verhängt, viele Fälle hätten nur eine Verwarnung zur Folge. Ebenso scheine | |
es auch bei Kontrollstellen zu sein, die ihre Arbeit schlecht gemacht | |
haben. | |
## „Systematische Nichtbeachtung“ | |
Die Herkunftsstaaten von verdächtiger Ware reagieren zudem oft später als | |
vorgeschrieben auf Hinweise zu Problemfällen. Im vergangenen Jahr seien | |
rund 40 Prozent aller Antworten nach Ablauf der Frist von 30 Tagen | |
verschickt worden, berichtet die Kommission. Die „Ergebnisse deuten klar | |
auf eine systematische Nichtbeachtung der Frist hin“. | |
„Angesichts der Größe des Europäischen Biomarktes sind 398 Meldungen | |
erfreulich wenig. Aber die festgestellten Mängel zeigen eindeutig, dass wir | |
nicht neue Regelungen brauchen, sondern eine bessere Umsetzung des | |
bestehenden Rechts“, sagt Felix Prinz zu Löwenstein, Vorstandsvorsitzender | |
des Dachverbands der deutschen Ökobranche, BÖLW. Die neue Öko-Verordnung, | |
auf die sich die EU am 28. Juni geeinigt hat, werde das Problem nicht | |
lösen. „Die EU-Kommission muss die Mitgliedstaaten mit mehr Mitteln und | |
mehr Personal überwachen und die Informationen im Betrugsfall | |
grenzübergreifend koordinieren.“ | |
Die Meldungen der Mitgliedstaaten werden in der EU-Datenbank Organic | |
Farming Information System (Ofis) erfasst. Oft handelt es sich nur um | |
Verdachtsfälle, bei denen kein Verstoß gegen Bio-Regeln bestätigt wird. 91 | |
Prozent aller Meldungen betrafen Pestizide in Öko-Ware. In 22 Prozent davon | |
ging es um Rückstandsmengen über den EU-Grenzwerten. | |
6 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
## TAGS | |
Bio | |
Bio-Lebensmittel | |
Europäische Union | |
Bio-Lebensmittel | |
BÖLW | |
Lebensmittel | |
Containern | |
EU-Kommission | |
Biogas | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Neue Ökomarken: dm greift mit Demeter Biohandel an | |
Der Drogeriemarkt dm verkauft jetzt auch Lebensmittel mit einem neuen | |
Demeter-Siegel – und Marken, die lange Bio-Märkten vorbehalten waren. | |
Offene Fragen bei EU-Öko-Verordnung: Kontrolle nur noch alle zwei Jahre | |
Die EU will nicht mehr alle Bio-Betriebe jährlich vor Ort inspizieren | |
lassen. Gefährdet das die Glaubwürdigkeit des Siegels? | |
Schlechtere Fischstäbchen in Osteuropa?: Die Zwei-Esser-Gesellschaft Europas | |
Die Visegrad-Staaten wollen es nicht mehr hinnehmen, dass | |
Lebensmittelprodukte derselben Hersteller sich so eklatant von denen im | |
Rest der EU unterscheiden. | |
Ökoaktivist über Verbot des Containerns: „Billiges Bio ist nicht glaubwürd… | |
Ein Gesetz zur Entkriminalisierung von Lebensmittelrettern ist im Bundestag | |
gescheitert. Der Ökoaktivist Jörg Bergstedt will trotzdem weiter kämpfen. | |
Forderungen an EU-Kommission: Biobauern wollen Mini-Ökoreform | |
Der Bio-Branchenverband will einen Neustart für die Regeln der | |
Ökolebensmittel. Der Verhandlungsführer des EU-Parlaments findet das | |
unrealistisch. | |
Landwirtschaft von morgen: Hightech im Bioland | |
Der Westhof in Dithmarschen produziert Öko-Gemüse, und das vegan, denn er | |
kommt ohne Rinder und Schweine aus. Den Dünger erzeugt eine Biogasanlage. |