# taz.de -- Forderungen an EU-Kommission: Biobauern wollen Mini-Ökoreform | |
> Der Bio-Branchenverband will einen Neustart für die Regeln der | |
> Ökolebensmittel. Der Verhandlungsführer des EU-Parlaments findet das | |
> unrealistisch. | |
Bild: Zu viele Hühner auf zu engem Raum? | |
Berlin taz | Der Dachverband der deutschen Biobranche und die Bundesländer | |
fordern von der EU-Kommission Vorschläge, um die bestehenden Regeln für | |
Ökoprodukte leicht zu verändern. Nötig seien zum Beispiel Fristen für | |
Untersuchungen bei Betrugsverdacht, teilte der Bund Ökologische | |
Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) am Mittwoch in Berlin mit. | |
Gemeinsam mit Niedersachsen, das derzeit die Agrarministerkonferenz der | |
Länder leitet, verlangte die Organisation, die Kommission müsse ihren | |
Entwurf einer weitgehend neuen Ökoverordnung zurückziehen. Am 31. Mai | |
sollte die letzte Verhandlungsrunde von EU-Kommission, -Parlament und den | |
Mitgliedstaaten über den Text stattfinden. Doch sie wurde wegen immer noch | |
zu großer Differenzen abgesagt. | |
Bionahrungsmittel werden natur- und tierfreundlicher erzeugt als | |
konventionelle. Doch immer wieder gibt es Kritik wegen Betrugsfällen oder | |
weil auch die Ökotierhaltung verbesserungsfähig ist. Mit ihrem 2014 | |
vorgelegten Verordnungsentwurf wollte die EU-Kommission nach eigenen | |
Angaben erreichen, dass das Vertrauen der Verbraucher in die Branche | |
erhalten bleibt. Er sieht unter anderem vor, einen eigenen, besonders | |
niedrigen Pestizidgrenzwert für Bioprodukte einzuführen. | |
BÖLW-Vorstandsmitglied Elke Röder lobte zwar, dass der Pestizidgrenzwert | |
vom Tisch sei. Aber nun werde diskutiert, dass jeder Verdacht auf eine | |
Belastung den Behörden gemeldet werden müsse – egal, wie hoch oder relevant | |
die Mengen seien. „Dann werden die Behörden nicht mehr zu den | |
entscheidenden Dingen kommen.“ Stefan Dreesmann, Ökoreferent im | |
niedersächsischen Agrarministerium, kritisierte, der Kommissionsentwurf | |
enthalte viele neue „unbestimmte Rechtsbegriffe“. Das würde dazu führen, | |
dass die einzelnen EU-Staaten die Regeln noch unterschiedlicher | |
interpretieren als bisher. | |
## Konventionelle Samen nur noch bis 2035 | |
Stattdessen, so der BÖLW, solle die Kommission lieber vorschlagen, dass ein | |
Verdacht auf Unregelmäßigkeiten bei Bioware binnen zwei Monaten geklärt | |
werden muss. Denn bisher würden sich solche Untersuchungen oft zu lange | |
hinziehen und die Lebensmittel unterdessen schon verbraucht. Auch die immer | |
wieder kritisierte Geflügelhaltung brauche neue Regeln. Zum Beispiel solle | |
die Zahl der Tiere an einem Standort begrenzt, der vorgeschriebene Platz im | |
Auslauf näher am Stall zur Verfügung gestellt werden. Um regionale | |
Kreisläufe zu fördern, müsse definiert werden, wie groß das Gebiet ist, aus | |
der das Futter kommen darf. | |
Der Verhandlungsführer des Parlaments, der Grüne Martin Häusling, | |
argumentiert jedoch, es sei „völlig unrealistisch“, dass die Kommission | |
neue Vorschläge unterbreitet, nachdem sie ihren derzeitigen Entwurf | |
zurückgezogen hat. Laut EU-Recht kann nur die Brüsseler Behörde | |
Gesetzesinitiativen einbringen. „Wenn das alles scheitert, ist das Thema | |
politisch verbrannt“, sagte Häusling der taz. Agrarkommissar Phil Hogan | |
habe bereits deutlich gemacht, dass er die Sache dann nicht mehr anpacken | |
werde. | |
Dann würden auch Fortschritte gegenüber der jetzigen Rechtslage verloren | |
gehen, auf die sich die EU in den Verhandlungen bereits geeinigt habe. | |
Demnach müssten Importe aus Drittstaaten „im Prinzip“ die gleichen Regeln | |
erfüllen wie in der EU produzierte Ware. Derzeit gebe es einen „unfairen | |
Wettbewerb“, weil für Bauern etwa in der Ukraine laxere Standards gelten | |
würden. Ein Vorteil sei auch, dass alle Mitgliedsländer Datenbanken über | |
die Verfügbarkeit von Ökosaatgut einrichten müssten. Ziel ist demnach, dass | |
konventionelle Samen nur noch bis 2035 genutzt werden dürfen. | |
8 Jun 2017 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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