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# taz.de -- Westeuropäische Interessen zum G 20: Irgendwie zusammenstehen
> Klimawandel, Afrika, Finanzmärkte: Was wollen die westeuropäischen
> Mitglieder der G 20 beim Gipfel im Hamburg erreichen?
Bild: Den Laden zusammenhalten
Wie man aus Berlin, Paris, London, Rom und Brüssel auf den Gipfel blickt,
berichten die Korrespondenten der taz:
## Deutschland
Die offizielle Agenda Deutschlands zum G-20-Gipfel ist klar: Die
Bundesregierung will darauf drängen, dass sich die teilnehmenden Staaten zu
freiem Handel bekennen. Zudem soll die Abschlusserklärung ein Zeichen dafür
setzen, dass der Rest der Welt auch nach dem angekündigten Ausstieg der USA
am Pariser Klimaabkommen festhält. Gegenüber US-Präsident Donald Trump will
die Bundesregierung dafür werben, dass ein Umstieg auf erneuerbare Energien
auch unabhängig von Klimaerwägungen sinnvoll ist – als „zentrale Grundlage
für Wirtschaftswachstum und Wohlstand“, wie es im deutschen G-20-Programm
heißt. Auch ansonsten wird „starkes, nachhaltiges, ausgewogenes und
inklusives Wachstum“ dort zum „übergreifenden Ziel der G 20“ erklärt.
Deutlich wichtiger als die eigentlichen Beschlüsse ist aus Sicht von Angela
Merkel vermutlich das Ereignis als solches: Die Kanzlerin kann sich noch
einmal als erfahrene Politikerin präsentieren, die die Mächtigen aus aller
Welt empfängt – und die in Zeiten von Trump und Brexit vielerorts als neue
„Führerin der freien Welt“ gesehen wird. Wenige Monate vor der
Bundestagswahl ist diese Botschaft für Merkel unbezahlbar. Malte Kreutzfeld
***
## Frankreich
Wie schon zuvor beim Nato-Gipfel und beim G7-Treffen will die französische
Regierung unter Präsident Emmanuel Macron mit neuer Selbstsicherheit
auftreten, dank der gestärkten Partnerschaft mit Deutschland. Dabei geht es
nicht nur um Macrons Selbstinszenierung mit Slogans wie „France is back!“.
Das taktische Ziel: eine diplomatische Einheitsfront gegen den
isolationistischen Kurs des US-Präsidenten zu bilden. Denn Donald Trump
lehnt das Klima-Ankommen ab und stellt auch andere multilaterale
Regulierungen infrage. Die Pariser Klimaverträge zu respektieren und
umzusetzen bleibt eine Priorität der französischen Außenpolitik.
Schon beim Finanzministertreffen Mitte März war aber auch deutlich
geworden, dass die US-Regierung versucht, jede Kritik an einer
protektionistischen Handelspolitik in den G20-Erklärungen zu verhindern.
Die deutsche Bundesregierung kann auch für ihre Absicht, die Investitionen
in Afrika zu fördern, auf die französische Unterstützung zählen. Rudolf
Balmer
***
## Großbritannien
Der G-20-Gipfel kann dem Bildungswesen in den ärmsten Ländern der Welt zum
Erfolg verhelfen – oder es zum Scheitern verdammen. Davon ist der britische
Bildungsausschuss unter Vorsitz von Ex-Premierminister Gordon Brown
überzeugt. Der Anteil an Hilfsgeldern für Bildung ist binnen sechs Jahren
stetig gefallen – von 10 Prozent auf 6,9 Prozent. Das ist in etwa genauso
viel, wie für die Verbesserung der Transportwege ausgegeben wird.
Browns Ausschuss schätzt, dass der Bildungsetat von derzeit 1,2 Billionen
Dollar schrittweise auf drei Billionen im Jahr erhöht werden müsse. Sollte
auf dem G-20-Gipfel keine Trendwende eingeleitet werden, könne man das
Ziel, bis 2030 jedem Kind – und davon wird es dann 1,2 Milliarden geben –
eine Grund- und Oberschulausbildung angedeihen zu lassen, getrost ad acta
legen.
Der zweite Punkt, der in Großbritannien diskutiert wird, sind die
„Armutskrankheiten“ wie Aids, TBC, Diarrhoe und Malaria. Deshalb verlangt
eine Gruppe von zehn britischen Gesundheitsorganisationen, der Bekämpfung
dieser Krankheiten auf dem Gipfel Priorität einzuräumen, weil sich
andernfalls die Armut verschärfen würde.
Der Brexit spielt im Vorfeld des Gipfels ebenfalls eine Rolle. „Open
Britain“, eine parteiübergreifende Organisation britischer
Anti-Brexit-Abgeordneter, wies darauf hin, dass alle anderen
G20-Mitgliedsländer, die nicht in der EU sind, irgendeine Form von
Handelabkommen mit der EU haben. Sollte Premierministerin Theresa May
darauf beharren, dass „kein Deal besser als ein schlechter Deal“ sei,
steuere Großbritannien auf ein Desaster zu, fürchtet der Labour-Abgeordnete
Pat McFadden von „Open Britain“. Ralf Sotscheck
***
## Italien
Noch ist der anstehende G20-Gipfel kein Thema für die Öffentlichkeit, kein
Thema auch für politische Debatten. Nur Fachzirkel diskutieren bisher,
unter ihnen an prominenter Stelle das Mailänder Istituto per gli Studi di
Politica Internazionale (ISPI), Italiens führendes Institut für
Internationale Politik. Für dessen Vizepräsident Franco Bruni geht es in
Hamburg vorrangig darum, eine gute Atmosphäre zwischen den Teilnehmern zu
schaffen und einen Bruch zwischen den USA und den anderen G-20-Staaten zu
vermeiden. Jedoch, schränkt Bruni ein, sei und bleibe Donald Trump
unberechenbar.
Im Mittelpunkt des Gipfels stehen nach Brunis Ansicht die Klimapolitik und
der Welthandel. Eine Abschlusserklärung, die hier die Türen nicht
zuschlage, dürfe schon als Erfolg gelten. Italien habe zudem ein besonderes
Interesse am Gipfelthema Afrika, schon wegen der Migrationsströme übers
Mittelmeer.
Hier bedürfe es eines kollektiven Einsatzes nicht nur Europas, sondern auch
zum Beispiel Chinas, “das ja in Afrika sehr präsent ist“, wie Bruni sagt,
und das sich „halb Afrika zusammenkauft“. Zu wünschen sei auch, dass die
Finanzmarktstabilität wieder mehr Aufmerksamkeit erfährt, “denn hier sitzen
wir auf einer Zeitbombe“. Michael Braun
***
## Europäische Union
Die Europäische Union will den G20-Gipfel nutzen, um US-Präsident Donald
Trump weiter zu isolieren – und sich als Vorreiterin für Klimaschutz und
Freihandel zu präsentieren. Alle EU-Staaten stünden weiter zum Pariser
Klimaschutzabkommen, heißt es in der EU-Kommission in Brüssel. Wenn die USA
ausscherten, sei auch ein Bekenntnis der 19 anderen G20-Mitglieder zu
„Paris“ denkbar – G19 statt G20!
Zudem will die EU den – auch in Europa umstrittenen – Kurs für noch mehr
Freihandel forcieren. Kommissionschef Jean-Claude Juncker schickt sogar
noch einen Unterhändler nach Tokio, um rechtzeitig vor dem G20-Treffen ein
neues Abkommen mit Japan fertig zu stellen. Ende Juni wollte Juncker zudem
persönlich an einem Vorbereitungsgespräch zum G-20-Gipfel im Berliner
Kanzleramt teilnehmen – ein Zeichen, wie wichtig ihm dieses Treffen in
Hamburg ist. Eric Bonse
30 Jun 2017
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