# taz.de -- Weltweit größte Elektrofähre: Mit Handybatterie übers Meer | |
> Auf der Ostsee verkehrt jetzt ein abgasfreier Pionier der Mobilität, die | |
> mit einem Umweltpreis ausgezeichnete Elektrofähre „Tycho Brahe“. | |
Bild: Das ist die „Tycho Brahe“. Hier liegt sie noch vor Anker. Bald läuft… | |
Stockholm taz | Ein 26 Jahre altes Fährschiff, das einen angesehenen | |
Umweltpreis bekommt? Der „Tycho Brahe“ wurde diese Ehre auf dem 8. | |
EU-Ostseestrategieforum zuteil. Es ist die neue Antriebstechnik, mit der | |
diese Fähre ab Dienstag zwischen Dänemark und Schweden verkehren wird, die | |
noch vor dem Start mit dem „Baltic Sea Clean Maritime Award 2017“ belohnt | |
wurde. | |
Dass da etwas „cleaner“ geworden ist, werden auch die UrlauberInnen merken, | |
wenn sie die Ostsee zwischen dem dänischen Helsingør und dem schwedischen | |
Helsingborg per Fähre überqueren. Bei der „Tycho Brahe“ werden dann näml… | |
keine Dieselabgase mehr aus dem Schornstein qualmen. Die täglich 46 | |
Überfahrten über die vier Kilometer breite Meerenge wird das Fährschiff | |
dann ausschließlich mit Elektroantrieb absolvieren: als derzeit weltweit | |
größte Batteriefähre. | |
Abgesehen vom Qualm sind von dieser technischen Neuerung nur vier große | |
Container auf dem Oberdeck sichtbar. Darin befinden sich 60 Tonnen | |
Lithiumbatterien – im Prinzip das, was Smartphones und Tablets mit Strom | |
versorgt. Sie haben eine Kapazität von zusammen 4.200 kWh. Rund 1.500 kWh | |
werden bei jeder der 20 Minuten langen Überfahrten verbraucht, bei denen | |
jeweils über 1.000 Passagiere und bis zu 240 Pkws befördert werden können. | |
## Lasergesteuerte Roboterarme | |
Damit der mit der Kraft von etwa 70 Elektroautos betriebenen Fähre niemals | |
der Saft ausgeht, werden die Batterien während der jeweils fünf bis zehn | |
Minuten langen Liegezeit in einem der beiden Häfen immer wieder möglichst | |
vollständig aufgeladen. Dazu bedient man sich lasergesteuerter Roboterarme. | |
Weshalb auf beiden Seiten von den Ladestationen an der Fähranlegestelle | |
kilometerlange neue Stromtrassen gelegt werden mussten: „Sonst würden jedes | |
Mal, wenn wir den Stecker reinstecken, in Helsingborg und Helsingør die | |
Lichter ausgehen“, sagt Reedereichef Henrik Rørbæk. | |
Im Herbst soll mit der „Aurora“, einem Schwesterschiff der „Tycho Brahe�… | |
eine weitere Fähre auf Batteriebetrieb umgestellt werden. „Dann wird die | |
Hälfte unserer jährlich 64.000 Überfahrten ausschließlich mit Elektrizität | |
erfolgen“, berichtet Rørbæk, „was auch unsere CO2-Emissionen hier um 50 | |
Prozent senken wird“. Auch die Partikel- und Stickoxidemissionen würden | |
kräftig vermindert. Noch grüner wäre es, wenn die Reederei sich dazu | |
entschließen würde, Ökostrom zu verwenden. Zunächst begnügt man sich | |
nämlich mit dem handelsüblichen Strommix, in den auf schwedischer Seite | |
Atom- und auf dänischer Fossilstrom eingeht – wenn auch mit stetig | |
sinkendem Anteil. | |
Auf eine weitere Schwachstelle weist Mette Sanne Hansen hin, Leiterin der | |
maritimen Abteilung an Dänemarks Technischer Universität DTU: „die | |
Produktion der Lithiumbatterien“. Nach einer kürzlich veröffentlichten | |
Studie werden bei der Batterieherstellung pro Kilowattstunde | |
Speicherkapazität CO2-Emissionen von 150 bis 200 kg erzeugt. Und die | |
Batterien müssen nach 4–5 Jahren Betrieb ausgetauscht werden. | |
## Von Abgaben befreiter Strom | |
„Wir machen das alles auch, weil es sich für uns rechnet“, gibt | |
Reedereichef Rørbæk zu. Abgesehen davon, dass etwa 40 Prozent der | |
Umbaukosten aus EU-Mitteln stammen, bekomme man einen teilweise von Abgaben | |
befreiten Strom. Das senke die Betriebskosten, weshalb man „mit einem | |
richtig guten Geschäft“ rechne. | |
Und nicht nur am Öresund tut sich etwas. Zwischen Deutschland und Dänemark | |
sind schon Hybridfähren im Einsatz. Auf einer norwegischen Werft wird der | |
Bau der größten Hybridfähre der Welt beginnen. Und auf der „Vogelfluglinie… | |
zwischen Puttgarden und Rødby ist der Übergang zu reinem Elektroantrieb bis | |
2020 geplant. | |
19 Jun 2017 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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