# taz.de -- Rassistische Profilierung: Gegen die Willkür der Polizei | |
> Antirassistische Organisationen starten Kampagne gegen Racial Profiling. | |
> Rot-Rot-Grün habe das Problem zwar erkannt, tue aber nicht genug. | |
Bild: Chillen im Görlitzer Park? Männer mit schwarzer Hautfarbe nehmen davon … | |
„Ban Racial Profiling – Gefährliche Orte abschaffen“: Unter diesem Titel | |
startete am Donnerstag eine Kampagne von rund einem Dutzend | |
antirassistischer Organisationen zum Verbot von Racial Profiling und der | |
Abschaffung sogenannter kriminalitätsbelasteter Orte (kbO). Dort hat die | |
Polizei das Recht, auch ohne Anlass und Verdacht jede Person zu | |
kontrollieren. | |
In der Praxis führe dies dazu, dass vor allem People of Colour, Romnja, | |
Muslime und all jene kontrolliert werden, die allein aufgrund ihres Äußeren | |
in das polizeiliche Raster von „Täterprofilen“ passen, sagte Céline Barry | |
vom Antidiskriminierungsnetzwerk des Türkischen Bundes Berlin bei der | |
Vorstellung der Kampagne. „KbO sind gefährliche Orte – vor allem für Peop… | |
of Colour“, stellte sie fest. Das dort praktizierte Racial Profiling sei | |
für sichtbare Minderheiten „rassistisch, erniedrigend und diskriminierend“. | |
1992 wurden erstmals in Berlin – wie es damals hieß – „gefährliche Orte… | |
seitens der Polizei definiert, in denen sie erweiterte Befugnisse für | |
Kontrollen hat. Und seit Jahrzehnten prangern Migranten- und | |
Menschenrechtsorganisationen die polizeiliche Praxis des Racial Profiling | |
an, die es offiziell gar nicht gibt – und daher nicht explizit verboten | |
ist. Der neue Senat würde das Problem nun immerhin anerkennen, lobt Barry. | |
Tatsächlich steht dazu einiges im Koalitionsvertrag: So soll es mehr | |
Fortbildungen für Polizisten zum Thema geben, und man will sich für eine | |
gesetzliche Klarstellung zum Verbot der Praxis auf Bundesebene einsetzen. | |
Bereits umgesetzt wurde vor zehn Tagen das Vorhaben, eine Liste der | |
aktuellen kbO zu veröffentlichen. Diese hatte die Polizei – wie es heißt, | |
aus ermittlungstaktischen Gründen – bislang geheim gehalten, auch wenn | |
jedem klar war, dass etwa das Kottbusser Tor dazu gehört. | |
## Wo ist der Mehrwert? | |
Zudem will Rot-Rot-Grün einen Passus im Allgemeinen Sicherheits- und | |
Ordnungsgesetz (ASOG) streichen, der Polizisten die Identitätskontrolle | |
erlaubt, wenn sie annehmen, dass jemand gegen aufenthaltsrechtliche | |
Bestimmungen verstößt. Letzteres ist für die Grünen-Abgeordnete Canan | |
Bayram „zentral“ zur Bekämpfung von Racial Profiling, weil mit dem Verweis | |
auf das Aufenthaltsrecht Andersaussehende immer kontrolliert werden | |
können. | |
Das sei alles schön und gut, findet Barry – „Aber es reicht nicht, die kbO | |
gehören abgeschafft!“ Zumal es „keine systematische Überprüfung der Prax… | |
gibt“, ergänzte Johanna Mohrfeld von Kampagne für Opfer rassistischer | |
Polizeigewalt. Es werde seitens der Polizei nicht ausgewertet, ob die | |
Definition von kbO zur Verringerung der Kriminalität dort beitrage. | |
Auch für Bayram ist offen, „wo der Mehrwert von kbO liegt“. Ihre Partei | |
hatte mit der Linkspartei in den Koalitionsverhandlungen für die | |
Abschaffung der kbO plädiert. Beide scheiterten an der SPD. „Aber wir | |
bleiben dran“, verspricht Hakan Taş (Linkspartei). Er wie Bayram sehen die | |
Gefahr, dass sich wegen Racial Profiling ein Teil der Bevölkerung nicht von | |
der Polizei beschützt, sondern als „Bürger zweiter Klasse“ behandelt füh… | |
Mit der Kampagne wollen die Organisationen „die Regierung an ihren Anspruch | |
erinnern“, so Barry, und „praktische Solidarität in den Kiezen zeigen“. | |
Außerdem werde man ein Gutachten in Auftrag geben um nachzuweisen, dass | |
Racial Profiling verfassungswidrig ist. | |
Die Polizei erklärte auf taz-Anfrage, „Personenüberprüfungen ausschließli… | |
aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes“ führe man „selbstverständlich | |
nicht durch“. | |
15 Jun 2017 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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