# taz.de -- Naturschutz und Biotope: Wiese am Abgrund | |
> Niedermoore, Wiesen, nährstoffarme Seen – die Mehrheit der Lebensräume in | |
> Deutschland ist laut einer roten Liste akut gefährdet. | |
Bild: Goldfische müssen sich keine Sorge machen: Zierteiche sind nicht gefähr… | |
BERLIN taz | Die gute Nachricht zuerst: Zierteichen, Nadelholzforsten und | |
den Felswänden der Alpen geht es gut. Diese sogenannten Biotoptypen sind in | |
Deutschland nicht gefährdet. Doch schon ist Schluss mit lustig, denn knapp | |
zwei Drittel der Lebensräume, die hierzulande vorkommen, sind bedroht. Das | |
geht aus dem Bericht zur „[1][Roten Liste gefährdeter Biotoptypen]“ (pdf) | |
hervor, den Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) und Beate | |
Jessel, Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz, am Mittwoch in Berlin | |
vorgestellt haben. | |
863 unterschiedliche Typen von Lebensräumen gibt es – [2][von der | |
Streuobstwiese] über Birken-Moorwälder [3][und Blockhalden] bis zu | |
[4][Vordünen]. 52 von ihnen sind laut Liste von der „vollständigen | |
Vernichtung bedroht“, 140 stehen auf der Vorwarnliste. 13 Habitate sind | |
schon weg und werden gar nicht mehr mitgezählt. Dabei handelt es sich um | |
Biotope im Meer, zum Beispiel Muschelbänke oder Sandkorallenriffe. | |
Vernichtet haben sie vor allem „Fischerei und der Küstenschutz“, sagt | |
Hans-Ulrich Rösner, Leiter des WWF-Wattenmeerbüros. | |
Die Rote Liste sei ein „Alarmsignal“, sagte Hendricks. Vor allem der | |
Zustand von Wiesen und Weiden werde aufgrund der Intensivierung der | |
Landwirtschaft immer schlechter. Die Aufstellung zeige aber auch, dass sich | |
die Anstrengungen für Natur und Umwelt lohnten. „Mit besseren Kläranlagen | |
und Renaturierungsprojekten haben wir es geschafft, dass es vielen Flüssen | |
und Bächen wieder besser geht“, so Hendricks. Mit der Naturschutzoffensive | |
2020 sei zwar schon viel erreicht worden. Nun komme es aber „darauf an, | |
dass auch die Agrarpolitik endlich ihre Verantwortung für den Naturschutz | |
wahrnimmt“, sagte die Ministerin. | |
In dem Bericht heißt es, „insbesondere die Art und Weise der Nutzung von | |
Natur und Landschaft“ entscheide darüber, ob der Artenschwund in | |
Deutschland aufgehalten werden könne. Vor allem in der Landwirtschaft, der | |
Fischerei, Forstwirtschaft, bei Bauen, Stadtentwicklung und Verkehr gebe es | |
Veränderungsbedarf. | |
## Dramatischer Rückgang von Feldvögeln | |
Jessel betonte, beim Grünland seien schon Lebensräume „mittlerer Nutzung“ | |
wie die artenreichen Mähwiesen in die höchste Gefährdungskategorie geraten. | |
„Die Folgen dieser Entwicklung spiegeln sich auch im dramatischen Rückgang | |
von Feldvögeln wie Feldlerche, Braunkehlchen oder Kiebitz und auch bei den | |
Insekten wieder“, so Jessel. | |
„Nichts setzt der biologischen Vielfalt mehr zu als die Zerstörung von | |
Lebensräumen“, sagt Diana Pretzell, Leiterin Naturschutz in Deutschland | |
beim WWF. Die neue Rote Liste für gefährdete Biotoptypen zeige, dass in | |
Deutschland viele bedrohte Tier- und Pflanzenarten „die Überlebensgrundlage | |
verlieren“, so Pretzell. | |
Der Bericht sei ein „Desaster für die Regierung“, sagt Steffi Lemke, | |
Sprecherin für Naturschutz der Grünen im Bundestag. „Wenn Weiden und Wiesen | |
derart bedroht sind, wirft das auch ein schlechtes Licht auf die | |
Umweltministerin“, so Lemke. Bei Verhandlungen lasse sie sich vom | |
Landwirtschaftsminister über den Tisch ziehen. | |
31 May 2017 | |
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[1] http://www.bmub.bund.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Naturschutz/rote_l… | |
[2] /Rote-Liste-der-gefaehrdeten-Biotope/!5417191 | |
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