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# taz.de -- Kritik am Sachbuch des Monats: „Votum gegen den Zeitgeist“
> Die Auswahl eines rechten Buches sorgt bei NDR und „SZ“ für einen Eklat.
> Ein Journalist verlässt die Jury, doch der Bucherfolg ist nicht zu
> stoppen.
Bild: Auschwitz sei der „letzte Mythos einer durch und durch rationalisierten…
Ein „provokantes Buch der Geschichts- und Gegenwartsdeutung“ wollte
Johannes Saltzwedel „zur Diskussion“ bringen. Das Ziel hat der Redakteur
des Spiegels und Jurymitglied für das „Sachbuch des Monats“ von NDR und
Süddeutscher Zeitung (SZ) erreicht. Die Debatte über den schmalen Band
„Finis Germania“ von Rolf Peter Sieferle tobt, Konsequenzen folgten.
Am vergangenen Donnerstag hatte die taz beim NDR wegen des im neurechten
Antaios Verlag posthum erschienen Werkes nachgefasst. Auf Platz 9 waren
die dreißig Miszellen von Sieferle gekommen, in denen der Historiker
ausführt, dass das indigene Volk ausgetauscht werden sollte, Auschwitz der
„letzte Mythos einer durch und durch rationalisierten Welt“ sei, die Juden
„in aller Welt Gedenkstätten“ errichteten und so „nicht nur den Opfern d…
Kraft der moralischen Überlegenheit, sondern auch den Tätern und ihren
Symbolen die Kraft ewiger Verworfenheit“ zuschreiben würden. Und so weiter
im rechten Jargon.
In einer ersten Reaktion legte der NDR Wert darauf, dass Andreas Wang, der
Vorsitzende der Jury, die mit dem Label NDR Kultur verbunden ist,
unabhängig vom NDR aus dem Ruhestand handle. Am Montag erklärte NDR Kultur,
dass nach mehr als 15 Jahren die Zusammenarbeit bei dem Sachbuch ausgesetzt
werde, da „nach Einschätzung von NDR Kultur und anderer Kritiker“ das Buch
„rechtslastige Verschwörungstheorien“ beinhalte.
Die Empfehlungen der Jury waren für die „Hörerinnen und Hörer stets von
hohem Interesse und Wert“, sagt Barbara Mirow. „Umso mehr bedauern wir die
gravierende Fehlentscheidung der Jury“, sagt die Leiterin von NDR Kultur
weiter.
Die Regularien des Preises ermöglichten den Clou für den neurechten Verlag.
20 Punkte können die Jurymitglieder vergeben. In der Regel wurden die
Punkte auf drei oder vier Bücher verteilt. In diesem Fall soll Saltzwedel
die volle Punktzahl allein Sieferle gegeben haben. Über „jeden Satz“ hätte
er gern mit Sieferle diskutiert, erklärte der Spiegel-Redakteur unlängst.
Denn „so dicht und wütend“ habe Sieferle geschrieben. „Ein Votum gegen
einen Zeitgeist“ wollte Saltzwedel setzen und hielt nach interner Kritik
den anderen Jurymitgliedern Illiberalität und zensierende „Konsenswärme“
vor. Mit seinen „Vorschlag“ habe er aber nicht das Renommee der
Sachbuchliste beschädigen wollen.
Bereits am Sonntag legte Jens Bisky, Redakteur der SZ, aus Protest seine
Jurymitgliedschaft nieder. Auch Saltzwedel trat, wie vom NDR gefordert,
zurück. NDR-Pensionär Wang versprach nun, dass die Handhabung so
überarbeitet werde, das keine Einzelplatzierung mehr möglich sei:
„Einstimmigkeit herrscht darüber, dass jedes Jurymitglied frei ist, seine
Meinung durch die Vergabe von Punkten kundzutun.“
Eine „politische Instrumentalisierung dieser Liste durch gezielte
Platzierung“ werde aber nicht akzeptiert. Der Verlag darf sich durch die
Unterstützung aus der etablierten Mitte des Feuilletons dennoch freuen.
Platz 1 der Bestseller belegt der Titel bei Amazon.
13 Jun 2017
## AUTOREN
Andreas Speit
## TAGS
NDR
Götz Kubitschek
Lesestück Meinung und Analyse
Der Spiegel
Götz Kubitschek
Schwerpunkt Gegenöffentlichkeit
Götz Kubitschek
Neue Rechte
Schwerpunkt AfD
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