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# taz.de -- Todestag von Benno Ohnesorg: Halbherziges Gedenken
> Berlins rot-rot-grüner Senat will an den 2. Juni 1967 erinnern. Eine
> Entschuldigung bei den Hinterbliebenen Ohnesorgs wird es wohl nicht
> geben.
Bild: Der Grabstein auf einem Friedhof in Hannover
Berlin taz | Vor den Rathaus Schöneberg wird am 2. Juni zum Gedenken
gebeten. Die Einladung trägt den Briefkopf der Berliner Senatsverwaltung
für Justiz. Der Berliner Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) selbst hat die
Veranstaltung initiiert.
Von seinem Amtszimmer aus kann Behrendt, 46, auf den Vorplatz des Rathauses
schauen, auf dem vor 50 Jahren alles begann: Als Schah Reza Pahlavi in den
Mittagsstunden hier vom Regierenden Bürgermeister Heinrich Albertz (SPD)
empfangen wurde, demonstrierten draußen hunderte Studenten gegen Folter und
Mord im Iran. Unter den Augen der Berliner Polizei wurden sie von
sogenannten Jubelpersern mit Holzlatten und Stahlruten angegriffen.
Als Zeitzeugen werden der frühere Bundestagsabgeordnete der Grünen,
Wolfgang Wieland, 69, und Gretchen Dutschke-Klotz, 75, bei der
Gedenkveranstaltung sprechen. Auch der Justizsenator will ein paar Sätze
sagen: Die Justiz habe damals nicht gerade mit Verfolgungseifer geglänzt,
so Behrendt am Donnerstag zur taz. „Ich werde zum Ausdruck bringen, dass es
falsch war, keine strafrechtlichen Sanktionen gegen die Mitarbeiter des
iranischen Geheimdienstes einzuleiten.“ Auch die Polizisten, die weggeguckt
hätten, seien nie zur Verantwortung gezogen worden.
1967 war Wolfgang Wieland 19 Jahre alt und Jurastudent im zweiten
Semester. Mittags demonstrierte er vor dem Rathaus, abends vor der Oper.
Die Schüsse auf [1][Benno Ohnesorg], „das war Mord“, sagt Wieland. Polizei
und Staat hätten „knallhart vertuscht“. Ihm und allen anderen sei seither
klar: „Das hättest auch du sein können.“ Die Selbstkritik hält Wieland
entsprechend für angebracht. „Bei der Studentenbewegung haben wir immer
viel an Rudi Dutschke gedacht und relativ wenig an Ohnesorg. Was heute in
Berlin fehle, sei ein [2][Benno-Ohnesorg-Platz], eine Entschuldigung des
Senats dafür, dass ihm Unrecht geschehen sei, und eine Entschädigung für
Sohn Lukas.
Gretchen Dutschke-Klotz, Dutschkes Witwe, ergänzt: „Es wäre wichtig, dass
Kurras posthum für schuldig erklärt wird.“ Sie sei am 2. Juni gerade mit
dem ersten Kind, Hosea-Che, schwanger gewesen. Weil es ihr nicht gut ging,
sei sie nicht zur Demo gegangen. An den Abend, als Rudi nach Hause gekommen
sei, erinnert sie sich noch ganz genau: „Er war ganz aufgeregt. Etwas ganz
Schlimmes sei passiert: Einer von uns habe einen Polizisten erstochen. Das
war eine Lüge, die die Polizei lanciert hatte, um die eigenen Kollegen
anzustacheln.“ Die Ereignisse hätten die protestierenden Studierenden dann
darin bestätigt, dass der autoritäre Staat beseitigt werden müsse.
Die 68er-Bewegung habe dazu beigetragen, die Bundesrepublik zu der offenen,
vielfältigen Gesellschaft zu machen, die sie heute sei, sagt der
Justizsenator. Auf die Frage, ob bei der rot-rot-grünen Senatssitzung über
eine Entschuldigung debattiert worden sei, antwortete er ausweichend: Dazu
könne und wolle er nichts sagen.
1 Jun 2017
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## AUTOREN
Plutonia Plarre
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