# taz.de -- Die Wochenvorschau für Berlin: Nähe von Gegenwart und Geschichte | |
> Am 2. Juni erinnert die Geschichtswerkstatt an die Demonstration gegen | |
> den Schah-Besuch 1967. Und linke Gruppen demonstrieren gegen den | |
> G20-Gipfel. | |
Bild: 2. Juni. 1967: Tumulte vor dem Schöneberger Rathaus. Der Besuch des pers… | |
Es ist schon beeindruckend, wie nahe sich Geschichte und Gegenwart in | |
dieser Stadt bisweilen kommen – räumlich und zeitlich. Und auch wenn es auf | |
den ersten Blick absurd anmuten mag: Genau daraus entsteht ein Gefühl für | |
die Zukunft. Besser: ein Gefühl dort zu sein, wo auch die Zukunft spielt. | |
Zumindest so lange wir in linearen Erzählsträngen denken. | |
Mindestens zwei Beispiele dieser zeitlichen Überkreuzungen ergeben sich | |
diese Woche. Am Freitag ist der 2. Juni – mehr muss man dazu schon fast | |
nicht mehr sagen. Vor 50 Jahren wurde an diesem Datum der Student Benno | |
Ohnesorg in einem Hinterhof nahe der Deutschen Oper in Charlottenburg von | |
einem Polizisten erschossen. Der Mord wurde zum Symbol einer sich | |
etablierenden und radikalisierenden linken Szene, aus der langfristig | |
gesehen sich auch die taz entwickelt hat. | |
Am Freitagnachmittag erinnert der Verein Berliner Geschichtswerkstatt, der | |
sich um die Präsenz der Vergangenheit in der Stadt kümmert, an der Oper | |
(der Hinterhof existiert inzwischen nicht mehr) an die berühmte | |
Demonstration gegen den Schah-Besuch im Jahr 1967 und natürlich an | |
Ohnesorg. | |
Nur wenige Stunden später demonstrieren linke Gruppen am gleichen Ort und | |
den gleichen Gedanken – der Protest ist aber gleichzeitig der Beginn der | |
fast zweiwöchigen Aktionstage gegen das G-20-Gipfeltreffen, das am 7. und | |
8. Juli in Hamburg stattfinden wird. | |
Zweites Beispiel. Ebenfalls am Freitag treffen in der Volksbühne am | |
Rosa-Luxemburg-Platz zum letzten Mal – in Gedanken – zwei Herren | |
aufeinander. Intendant Frank Castorf inszeniert seine allerallerallerletzte | |
Dostojewskij-Bearbeitung am eigenen Haus. Diesmal ist die Grundlage der | |
Text „Ein schwaches Herz“, zusätzlich zur Premiere gibt es nur vier | |
Vorstellungen bis zum 30. Juni. Dann ist nach 25 Jahren endgültig Schluss | |
mit Castorf an der Volksbühne. | |
Drei Tage zuvor wird der Abgang eines anderen – in diesem Fall | |
westdeutschen – revolutionären Theatermachers vorbereitet: Oliver Reese | |
stellt das Programm für seine erste Spielzeit am Berliner Ensemble vor; er | |
ist Nachfolger von Claus Peymann. Und, da schließt sich der Kreis, es geht | |
das Gerücht, dass künftig auch Castorf am BE inszenieren wird. Ob das | |
stimmt, dürfte sich am Dienstag klären. | |
Ergänzen muss man für die Zukunft noch: Sicher werden dabei die Frauen eine | |
deutlich größere Rolle spielen als in diesem Text. | |
29 May 2017 | |
## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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