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# taz.de -- Entschuldigung für 2. Juni 1967: Geste ohne Namen
> Berlins Jusitzsenator Behrendt bittet um Entschuldigung für die
> Übergriffe vor 50 Jahren in Berlin. Den Namen Benno Ohnesorg nennt er
> nicht.
Bild: Auf der Gedenkveranstaltung: Berlins Justizsenator Dirk Behrendt von den …
BERLIN taz | Immerhin ein Vertreter von Berlins Senat hat sich für die
Geschehnisse am 2. Juni 1967 entschuldigt. Bei einer Gedenkveranstaltung am
50. Jahrestag vor dem Rathaus Schöneberg sagte Berlins Justizsenator Dirk
Behrendt (Grüne) am Freitag: „Heute möchte ich die Opfer dieser Gewalt und
Willkür, deren Täter nicht oder nicht ausreichend belangt wurden, um
Entschuldigung bitten.“
Am 2. Juni 1967 war am Rande der Proteste gegen den Schah von Persien der
Demonstrant Benno Ohnesorg von dem Polizisten Karl-Heinz Kurras erschossen
worden. Bis zuletzt war darüber spekuliert worden, ob sich nicht der
gesamte rot-rot-grüne Senat zu seiner politischen Verantwortung bekennt.
Der Jahrestag wäre dafür das passende Datum gewesen. Aber der Justizsenator
kam allein.Und er entschuldigte sich nur für das, was damals unmittelbar
vor dem Rathaus geschah.
Am 2. Juni in den Mittagsstunden sei es gewesen, „genau wie jetzt“, dass
der persische Schah Reza Pahlavi vom damaligen Regierenden Bürgermeister
Heinrich Albertz (SPD) im Rathaus empfangen worden sei, erzählte Behrendt.
Derweil hätten draußen hunderte junger Menschen für die Menschenrechte im
Iran protestiert. Hinter den Absperrgittern an der Treppe des Rathauses
hätten die Anhänger des Schah gestanden. Mit Stahlruten und Holzlatten
seien die sogenannten Jubelperser, darunter Mitarbeiter des persischen
Geheimdienstes Savak, auf die Studenten losgegangen. Die Polizei habe
tatenlos zu gesehen. Dann habe es auch für sie geheißen: „Knüppelfrei auf
die Studenten“.
Viele Menschen waren es nicht, die sich am Freitag zu dem kurzen Gedenken
vor dem Rathaus eingefunden hatten – 200 waren es maximal, darunter vor
allem ältere Semester, die die Zeit damals selbst als Studenten erlebt
hatten.
Vor Ort waren auch Gretchen Dutschke-Klotz, die Witwe des Studentenführers
Rudi Dutschke, sowie der ehemalige Bundestagsabgeordnete der Grünen,
Wolfgang Wieland. Beide sprachen als Zeitzeugen ein paar Worte.
Im Hintergrund war eine Fotowand aufgebaut, die Szenen der Ereignisse vor
dem Rathaus zeigten. Die Wand wurde von Statisten gehalten, die Papiertüten
mit dem Gesicht des Schah über den Kopf gezogen hatten – so wie vor 50
Jahren ein Teil der Demonstranten.
Diese Tüten seien eine Erfindung der Kommune 1 gewesen, erzählte der Grüne
Bundestagsabgeordnete Tom Koenigs am Freitag. Seine Originaltüte von damals
hatte er mitgebracht. Stolz berichtete er, dass er die Tüte soeben im
Bundestag aufgesetzt habe und vom Bundestagspräsidenten deshalb ermahnt
worden sei.
Behrendts Entschuldigung wurde mit Applaus quittiert. Aber dass er Benno
Ohnesorgs Namen dabei nicht nannte, verstanden viele nicht. „Es war
notwendig, zumindest von einem Senatsvertreter eine Entschuldigung gehört
zu haben“, konzedierte Wolfgang Wieland bei seiner Ansprache wohlwollend.
„Aber da ist noch Luft nach oben“. Den gesamten Berliner Senat und das
Abgeordnetenhaus sehe er da in der Pflicht. Wieland war es auch, der auf
das Versagen der Justiz hinwies. Der Todesschütze Kurras wurde zweimal
freigesprochen. „Das ist eine Schande, die bis zu heutigen Tag nicht
aufgearbeitet ist“.
Auch Ohnesorgs Sohn Lukas war unter den Zuschauern. Wie er sich das
Schweigen der Verantwortlichen erkläre? „Man könnte fast vermuten, es wird
weiter vertuscht,“ lautete seine Antwort.
2 Jun 2017
## AUTOREN
Plutonia Plarre
## TAGS
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Dirk Behrendt
Grüne Berlin
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Hans-Christian Ströbele
Schwerpunkt Gegenöffentlichkeit
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Schwerpunkt Gegenöffentlichkeit
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