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# taz.de -- Terrorabwehr mit Methode: Zuckerbrot und Fußfesseln
> Wie Bremen präventiv und repressiv auf die Gefahr islamistischer
> Gewalttaten reagieren will, erklären Regierung und SPD-Senatoren in zwei
> Papieren
Bild: Ultrareligiös oder gefährlich? Kontrolle eines Salafisten in Bremen
Wie können islamistische Terrorangriffe in Bremen verhindert werden? Durch
mehr Videoüberwachung und Fußfesseln für Gefährder? Eine Stellungnahme des
Senats zu einem Antrag der Linksfraktion gibt einen Überblick über geplante
und umgesetzte Präventionsmaßnahmen. Anfang der Woche stellten auch
Innensenator Ulrich Mäurer und Justizsenator Martin Günthner ihre
Anti-Terror-Pläne für die nächsten Monate vor.
Die Linkspartei hatte ihren Antrag ursprünglich im September unter dem
Eindruck von islamistischen und rechtsradikalen Gewalttaten in München,
Ansbach, Würzburg und Reutlingen formuliert. Die Gemeinsamkeit: Alle Täter
hatten Migrationshintergrund. Für die Linke rückte dadurch auch die
Diskussion um Integration in einer Einwanderungsgesellschaft in den Blick.
Linken-Fraktionsvorsitzende Kristina Vogt erklärte, die Grenzen zwischen
Gewalttaten und organisiertem Terrorismus seien fließender geworden. „Täter
werden nicht mehr klassisch angeworben, sondern begeistern sich selbst
durch die Propaganda im Internet, vorbereitet durch mangelhafte
Integration, verdrängte gesellschaftliche Debatten und soziale
Kränkungserfahrungen“. Forderungen, die auf mehr Ausgrenzung zielten,
schafften vor diesem Hintergrund nicht mehr, sondern weniger Sicherheit,
hieß es in dem Antrag.
Einen Bericht des Senats dazu sollte eigentlich am Donnerstag die
Innendeputation behandeln, dies wurde aber auf Mitte Juni verschoben.
Vor allem beim Strafvollzug erkennt auch die rot-grüne Regierung einen
Nachholbedarf. „Zur Verhinderung der Radikalisierung Gefangener müssen
weitere Dolmetscher und muslimische Seelsorger für die JVA gewonnen
werden“, heißt es in dem Bericht.
Schlagzeilen gemacht hatte in der JVA Oslebshausen vor allem der Fall des
Salafisten Rene Marc S., der im Knast andere Gefangene rekrutiert haben
soll, die teilweise nach Syrien ausreisten.
JVA-Bedienstete müssten im Erkennen von Radikalisierung geschult und
Handlungsleitlinien im Umgang mit extremistischen Gefangenen erarbeitet
werden, heißt es vom Senat. Eine Kooperation mit dem
Deradikalisierungs-Netzwerk „Violence Prevention Network“ soll fortgeführt
werden.
Bei der Staatsschutzabteilung des Landeskriminalamts seien zur Aufklärung
des radikalen Islamismus indes Planstellen für russisch und arabisch
sprechende Polizisten eingerichtet. Zur deren tatsächlicher Besetzung sagte
ein Sprecher des Innenressorts: Beide Sprachen seien abgedeckt, es handele
sich um zwei bis zehn Stellen – genauer wolle er aus taktischen Gründen
nicht werden.
Im Rahmen einer SPD-Fraktionsklausur zur „Halbzeitbilanz“ der
Legislaturperiode Anfang der Woche zurrten indes Innensenator Mäurer und
Justizsenator Günthner ihre Positionen fest (siehe Kasten). Für die
Salafismusprävention soll nach dem Willen der SPD-Senatoren eine
ressortübergreifende Landeskoordinierungsstelle geschaffen werden sowie das
erfolgreiche Präventionsprojekt „Kitab“ umgehend personell um vier Stellen
aufgestockt werden. Für Schulen möchten sie das Gesetz ändern:
Schulleitungen sollen verpflichtet werden, der Polizei zu melden, wenn sich
Schüler so radikalisieren, dass die Gefahr einer strafbarer Handlungen zu
befürchten sei.
Ausgeweitet werden solle neben der Überwachung von haftentlassenen
Gefährdern mit Fußfesseln auch die Telefonüberwachung sowohl durch die
Polizei, wie den Verfassungsschutz. Zudem sollen öffentliche Plätze und
Verkehrsknotenpunke rund um die Uhr von der Polizei durch Kameras überwacht
werden.
31 May 2017
## AUTOREN
Jean-Philipp Baeck
## TAGS
Schwerpunkt Islamistischer Terror
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