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# taz.de -- Aufruf zum Generalstreik in Griechenland: Sparen, sparen ohne Ende
> Angesichts des Austeritätspakets blasen griechische Gewerkschaften zum
> Protest. Tsipras' Regierung dürfte sich dennoch durchsetzen.
Bild: Proteste kommunistischer Gewerkschafter am Mittwoch in Athen
Athen taz | „Hände weg von unseren Löhnen, Hände weg von unseren Renten“…
Zehntausende Menschen skandieren diese Parole in der Athener Innenstadt am
Mittwochnachmittag. Die Gewerkschaft der Pflegeberufe führt ein
Protestplakat mit sich, auf dem die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel
und ihr Finanzminister Wolfgang Schäuble als Hauptakteure eines
Marionettentheaters gezeigt werden.
Zum Generalstreik haben der Gewerkschaftsverband der Privatwirtschaft GSEE
und die größte Beamtengewerkschaft Adedy aufgerufen. Die Kommunistische
Partei Griechenlands (KKE) organisiert, wie gewohnt, ihre eigene
Protestveranstaltung. „Der Klassenkampf ist in vollem Gang“ erklärt
KKE-Generalsekretär Kourtsoumbas den Demonstranten. Wenige hundert Meter
weiter gehen diverse Gruppierungen der außerparlamentarischen Opposition
auf die Straße.
Sie alle protestieren gegen ein Unheil, das sie noch vor zwei Jahren nicht
für möglich gehalten hätten: ein von der Linkspartei Syriza eingebrachtes
Sparpaket mit umfangreichen Einschnitten und Steuerbelastungen – die auch
noch im Voraus für die nächsten Jahre gebilligt werden, in vorauseilendem
Gehorsam, behaupten Kritiker.
Vorgesehen sind unter anderem neue Rentenkürzungen um bis zu 20 Prozent und
eine Senkung des Steuerfreibetrags. Wer den Gürtel enger schnallen muss,
ist noch nicht genau zu überblicken, da der Sparentwurf umständlich
formuliert ist und knapp 1.000 Seiten umfasst.
## Bitte um Verständnis
Es bleibt nicht nur bei Protestparolen: Nachdem die meisten Demonstranten
am Mittwochnachmittag den Verfassungsplatz vor dem Parlament bereits
verlassen haben, liefern sich vermummte Jugendliche Straßenschlachten mit
der Polizei. Molotowcocktails fliegen, die Beamten setzen Tränengas ein.
Verletzt wird niemand.
Seit Montag wird im Parlament eifrig über die neuen Kürzungen debattiert.
Am Donnerstagabend oder spätestens in der Nacht zum Freitag soll die knappe
Mehrheit der Regierungskoalition aus Linkspartei und Rechtspopulisten das
Sparpaket verabschieden. „Die Maßnahmen sind hart, aber man hat uns eben
die Pistole auf die Brust gedrückt“ sagt Finanzminister Efklidis Tsakalotos
und bittet seine Parlamentskollegen um ihr Verständnis.
Der konservative Oppositionschef Kyriakos Mitsotakis mag es ironisch: „Vor
dem Linksruck im Jahr 2015 hatte uns Herr Tsipras als Oppositionschef
versprochen, Sparmaßnahmen in Höhe von Milliarden Euro rückgängig zu
machen. Seitdem hat er uns stattdessen weitere 12 Milliarden eingebrockt“
donnert er.
## Gerüchte über Einigung
Anders als im Sommer 2015 geht man derzeit davon aus, dass die
Syriza-Abgeordneten geschlossen hinter dem Katalog der Grausamkeiten
stehen, Regierungschef Tsipras den Rücken stärken und ihm einen Urnengang
ersparen. Immerhin lockt Tsipras seit einigen Tagen verstärkt mit einer
Schuldenregelung für Griechenland – als Gegenleistung sozusagen für die
Sparwellen der vergangenen Jahre. Athener Medien meinen sogar zu wissen,
dass der Internationale Währungsfonds (IWF) und die europäischen Gläubiger
Griechenlands sich bereits auf die Grundzüge einer Schuldenregelung
geeinigt haben, die erst nach der Bundestagswahl im Herbst bekannt gegeben
wird. Einen Beleg für diese Behauptung gibt es allerdings nicht.
Überschattet wird die Debatte über das Sparpaket von einem ungeheuerlichen
Zwischenvorfall: Ilias Kasidiaris, Sprecher der im Parlament vertretenen
Neonazi-Partei „Goldene Morgenröte“, beschimpfte am Montag den
konservativen ehemaligen Justizminister Nikos Dendias und wäre beinahe
handgreiflich geworden, hätte der Parlamentspräsident nicht rechtzeitig die
Polizei gerufen. Kasidiaris flog aus dem Saal, die ganze Fraktion der
Rechtsextremen wurde von den weiteren Beratungen ausgeschlossen.
Möglicherweise wird sie auch an der Abstimmung am Donnerstagabend nicht
teilnehmen.
17 May 2017
## AUTOREN
Jannis Papadimitriou
## TAGS
Schwerpunkt Krise in Griechenland
Alexis Tsipras
Austeritätspolitik
Generalstreik
Griechenland
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