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# taz.de -- Kommentar Neues griechisches Sparpaket: Der Patient ist fast tot
> Bisher ist Ministerpräsident Tsipras der versprochene Schuldenerlass
> nicht gelungen. Trotzdem könnte er bald punkten – mit Hilfe der
> Geldgeber.
Bild: Waiting for Schuldenerlass: Alexis Tsipras
Eins muss man Alexis Tsipras lassen: Er ist taktisch begabt wie kaum ein
Linkspolitiker vor ihm in Hellas. Damit hat er immerhin das Kunststück
fertiggebracht, ein loses Bündnis politischer Strömungen an die Macht zu
führen und dort auch zu etablieren. Doch der große politische Wurf ist ihm
bisher nicht gelungen. Ein im Wahlkampf versprochener Schuldenerlass lässt
noch auf sich warten. Statt Rentenerhöhungen hagelt es Rentenkürzungen. Die
noch im Juli 2015 für unmöglich erklärten Kapitalkontrollen erschweren den
Alltag griechischer Kleinunternehmen.
Es bedarf schon sehr viel Wohlwollens, derartige Rückzieher für normal zu
halten. In der Regel gelingt das nur, wenn man die grausame Untat von heute
mit dem noblen Ziel für morgen rechtfertigt. Nach diesem Motto handelt die
Athener Regierung, übrigens nicht zum ersten Mal: Ja, [1][die neuen
Sparmaßnahmen] in Höhe von 4,9 Milliarden mussten wir mittragen – aber
dafür winken auch milliardenschwere Wohltaten. Außerdem sei die seit Jahren
erhoffte Schuldenregelung nur noch eine Frage der Zeit, heißt es in Athen.
Wer das alles für bare Münze nimmt, wird selig. Und trotzdem könnte
Tsipras punkten, sollten die Geldgeber ihrerseits den großen Wurf wagen
und eine wie auch immer geartete langfristige Schuldenregelung für
Griechenland in Gang bringen. Die Zeit wäre reif.
Und egal, ob man Tsipras bejubeln oder bestrafen möchte: Derzeit gehört
Griechenland zu den wenigen EU-Ländern, die einen Überschuss
erwirtschaften, die Haushaltsdefizit-Grenze von 3 Prozent des BIP einhalten
und ein bescheidenes Wachstum aufweisen. Die Operation ist fast gelungen.
Aber der Patient ist auch schon fast tot: Deflation, mangelnde Nachfrage,
Überbesteuerung, steigende Armut und die Abwanderung von Fachkräften drohen
das zarte Pflänzchen der griechischen Wirtschaft zu ersticken.
Wer das sieht, sollte vielleicht seine Stimme erheben. Aber nur wenige tun
dies so deutlich wie Emmanuel Macron, der noch Stunden vor dem zweiten und
entscheidenden Wahlgang in Frankreich seine ausdrückliche Unterstützung für
eine griechische Schuldenregelung erklärte. Was die Griechen wirklich
beeindruckte: Dafür haben ihn die französischen Wähler gar nicht bestraft.
15 May 2017
## LINKS
[1] /Finanzkrise-in-Griechenland/!5406417/
## AUTOREN
Jannis Papadimitriou
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Schwerpunkt Krise in Griechenland
Alexis Tsipras
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