Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Claire Prentice über Fake News: „Im Westen nichts Neues“
> Die Autorin recherchierte zu Fake News in der britischen und
> amerikanischen Geschichte – und siehe da: Es ist kein neues Phänomen.
Bild: Fake News sind sehr viel älter als Trump
taz: Sie behaupten, Fake News sei lediglich ein neuer Begriff für ein
altbekanntes Phänomen.
Wenn wir heute über [1][Fake News] sprechen, ist unsere Diskussion immer
bemerkenswert unhistorisch: Wir reden über Fake News, als ob sie aus dem
Nichts kommen würden, als ob sie noch nie da gewesen wären und einen
Tiefpunkt in der Geschichte der Medien markieren würden. Keine dieser
Mutmaßungen aber trifft zu. Fake News gibt es seit dem Beginn des
Printjournalismus.
Man findet sie bereits in den britischen Propaganda-Blättern des 18.
Jahrhunderts und in der amerikanischen Yellow Press der 1890er Jahre. Meine
eigenen Ansichten über die Geschichte der Fake News stammen aus der
Recherche für meine nicht fiktionalen Bücher „The Lost Tribe of Coney
Island“ und „Miracle at Coney Island“.
In beiden Fällen bin ich auf zahlreiche Beispiele von Fake News gestoßen –
also Nachrichten, die verfälscht oder fingiert wurden um eine bestimmte
politische Sichtweise zu etablieren oder um finanziellen Gewinn zu machen.
Welchen historischen Beispielen von Fake News begegneten Sie durch Ihre
Forschung?
Das offensichtlichste Beispiel von Fake News fand ich während meiner
Recherche zu „The Lost Tribe of Coney Island“: Wie die amerikanischen
Medien durch eine Reihe verfälschter, sensationalisierter und fingierter
Geschichten die öffentliche Meinung derart beeinflusst haben, dass 1898
sogar ein Krieg mit Spanien begonnen wurde.
Wie konnte das passieren?
Am Abend des 15. Februars 1898 explodierte das US-amerikanische
Kriegsschiff USS Maine ohne Warnung im Hafen von Havanna. Dreiviertel der
Besatzung ertranken.
Ohne jegliche Beweise dafür zu haben, machten die Zeitungen – deren
Besitzer übrigens ein gewisser Joseph Pulitzer und ein gewisser Randolph
Hearst waren – einen spanischen Torpedo für die Versenkung der USS Maine
verantwortlich.
Die öffentliche Meinung in den USA entzündete sich daraufhin derart, dass
der Satz: „Remember the Maine! To hell with Spain!“ ein regelrechter
Kriegsaufruf wurde. Hearst war so stolz auf seine Rolle, Amerika in den
Spanisch-Amerikanischen Krieg geführt zu haben, dass er eine Woche nach
Kriegsausbruch auf der Titelseite seines New York Journals einen Artikel
veröffentlichte mit der höhnischen Frage: Wie gefällt Ihnen der Krieg
dieses Journals (How do you like the Journal’s war)?
Fake News haben offensichtlich bereits vor 120 Jahren einen Höhepunkt
erreicht – so wie heute auch wieder.
Glauben Sie, dass heute die gleichen Akteure hinter der Verbreitung von
Fake News stehen wie damals?
Fake News werden weiterhin dazu erschaffen und benutzt, um politische oder
finanzielle Gewinne zu erzielen – von ihren Besitzern, von politischen
Akteuren genauso wie aus Eigennutz.
Die Namen der Besitzer mögen sich ändern, die politischen Kämpfe sind
andere, aber der Antrieb bleibt der gleiche: Wer die Nachrichten gestaltet,
hat auch die Kontrolle über die öffentliche Meinung. Und wer die
öffentliche Meinung kontrolliert, bestimmt auch die politische Debatte und
wer an die Macht kommt.
Natürlich ist die Art und Weise, wie Fake News heute kursieren, eine
andere, aber glauben Sie, dass sie durch die neuen Technologien auch andere
Auswirkungen haben?
Ja, denn Geschichten können schneller verbreitet werden und es wird großer
Aufwand betrieben, um Desinformation so aussehen zu lassen, als ob sie von
einer seriösen Quelle stamme.
Die Nachrichtenproduktion läuft heute 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche.
So entsteht ein [2][großer Druck], neuste Nachrichten zu produzieren – die
dann schnell viral gehen können.
Oft ohne vorher gründlich auf Fakten überprüft zu werden.
Genau – es ist schwierig, herauszufinden, wer von Fake News begünstigt
wird. Besonders, weil Fake News oft von Quellen kommen, die sich selber
verbergen und versuchen, so zu tun, als ob sie eine seriöse Seite wären.
Fake News werden oft dazu benutzt, [3][etwas zu destabilisieren], indem sie
verwirren oder ablenken, um so politischen Akteuren zu helfen. Das heißt
aber nicht, dass sie direkt von diesen oder ihren Handlangern betrieben
werden. Und mit dem Geld-pro-Klick-Prinzip sind die finanziellen
Hauptnutznießer die Seiten, welche die Fake-News-Geschichten beherbergen.
30 May 2017
## LINKS
[1] /!5408696
[2] /!5334936
[3] /!5408791
## AUTOREN
Mareike Barmeyer
## TAGS
Schwerpunkt Gegenöffentlichkeit
Fake News
Propaganda
Krieg
Propaganda
Schwerpunkt Gegenöffentlichkeit
Schwerpunkt Gegenöffentlichkeit
Schwerpunkt Gegenöffentlichkeit
Rechter Populismus
Schwerpunkt Gegenöffentlichkeit
## ARTIKEL ZUM THEMA
Propaganda-Ausstellung in München: Jenseits der Interpretation
Das Münchner Lenbachhaus zeigt die Ausstellung „After the Fact. Propaganda
im 21. Jahrhundert“. Sie verfehlt die Brisanz heutiger Propaganda.
Constantin Seibt über Medienvielfalt: Mehr Mainstream, bitte
Der Mitgründer des digitalen Magazins „Republik“ über Texte wie Gemüse,
Guerillataktiken in Presseschlachten und das Faustrecht im Internet.
Was ist Wahrheit?: Die berechtigte Frage nach den Fakten
Fake News sind zur Floskel geworden. Dabei wäre es ganz einfach, Tatsache
von Meinung zu unterscheiden. Experten erklären, wie das geht.
Fake News im Internet: „Es reicht nicht, zu dementieren“
Im Internet können alle Nachrichten verbreiten. Falschmeldungen sind keine
Seltenheit. Hoaxmap ist ihnen auf der Spur.
Medien und Populismus: Kult der neuen Technologien
Der Niedergang der Zeitungen schafft Resonanzräume im Internet – ist aber
nicht die Ursache von Populismus. Den gibt es schon länger.
taz-Berichterstattung Ruanda: „Vom Völkermord berichten“
Was bedeutet Gegenöffentlichkeit, wenn Menschen abgeschlachtet werden? Ein
Rückblick auf die taz-Berichterstattung über Ruanda.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.