# taz.de -- Legendärer Kreuzberger Laden gerettet: Revolution bleibt im Angebot | |
> Der Mietvertrag ist unterschrieben, der Umzug steht bevor: Hans-Georg | |
> Lindenau bleibt mit seinem M99-Laden nach langem Kampf in Kreuzberg. | |
Bild: Zigmal durchsucht, mehrfach räumungsbedroht: Jetzt zieht HG Lindenau mit… | |
„HG/M99.Exil“ steht auf einem selbstgemalten Schild in einem Fenster der | |
Ladenräume in der Falckensteinstraße 46. Mitten im Kreuzberger Eventgebiet | |
in unmittelbarer Nähe zur Oberbaumbrücke erhält der „Gemischtwarenladen f�… | |
Revolutionsbedarf“ sein neues Domizil. Am Mittwoch wurde der Mietvertrag | |
abgeschlossen. | |
Mehr als 30 Jahre hat der nach einem Sturz auf einen Rollstuhl angewiesene | |
Hans-Georg Lindenau seinen Szeneladen mit dem Sortiment aus Büchern, | |
Aufklebern und politisch korrekten Kleidungsstücken in der Manteuffelstraße | |
99 betrieben. | |
Lindenau, der seine KundInnen auch schon mal zur Assistenz beim Ladendienst | |
aufforderte, ist in der linken Szene über Deutschland hinaus bekannt. Für | |
AnarchistInnen und junge Antifas aus ganz Europa gehörte ein Besuch des M99 | |
zum festen Bestandteil eines Berlin-Trips. | |
Auch von Berliner AktivistInnen wurde der Laden geschätzt, weil er die | |
Spaltungstendenzen in der radikalen Linken ignorierte. So hatte Lindenau | |
lange die prononciert israelsolidarische Zeitschrift Bahamas genauso wie | |
die radikal-antizionistische Publikation Intifada im Sortiment. | |
Lindenau vertraute auf die mündigen KundInnen, die keine Bevormundung | |
brauchen. So argumentierte er auch gegen den politischen Staatsschutz, der | |
bei mehr als 50 Razzien im Laden immer wieder Schriften aus der autonomen | |
Szene beschlagnahmte. | |
Doch in den letzten Jahren war es zunehmend die Gentrifizierung, die | |
Lindenau Probleme bereitete. Dass das Haus mit dem M99-Laden gleich sieben | |
Mal den Besitzer wechselte, hat wohl auch mit den unkonventionellen Mitteln | |
zu tun, mit denen Lindenau gegen eine drohende Vertreibung kämpfte. So | |
trennte sich bereits in den 1990er Jahren ein Arzt wieder von der | |
Kreuzberger Immobilie, nachdem Lindenau mit UnterstützerInnen vor dessen | |
Praxis in einer Brandenburger Kleinstadt auftauchte. | |
Hat Lindenau mit dem Umzug nun doch gegen die Gentrizifizierung verloren, | |
fragen sich manche in der Berliner Szene. Für Lindenaus Anwälte Burkhardt | |
Dräger, Benjamin Raabe und Christoph Müller hingegen hat mit dem | |
Ortswechsel ein langjähriger MieterInnenkampf, der bereits mehrere Gerichte | |
beschäftigte, ein positives Ende gefunden. Sie sehen es als besonderen | |
Erfolg, dass Lindenau in Kreuzberg bleiben kann. Möglich wurde das, weil | |
die Stiftung Umverteilen mit Lindenau den Mietvertrag abschloss. | |
Magnus Hengge von der Nachbarschaftsinitiative Bizim Kiez verweist auf den | |
großen öffentlichen Druck, mit dem im August 2016 eine Zwangsräumung vom in | |
seinem Laden lebenden Lindenau verhindert werden konnte. Dem auf Assistenz | |
angewiesenen Lindenau sei es nun auch in seinem neuen Domizil möglich, | |
„sein einzigartiges Lebenskonzept des durch Kunden betreuten Wohnladens“ | |
fortzusetzen. | |
Laut Hengge hat Bizim Kiez Lindenau nicht nur beim Kampf gegen die Räumung | |
unterstützt. Die Initiative organisierte auch Nachbarschaftshilfe bei der | |
rollstuhlgerechten Einrichtung der neuen Ladenwohnung. Bis spätestens zum | |
30. Juni soll der Umzug abgeschlossen sein. | |
25 May 2017 | |
## AUTOREN | |
Peter Nowak | |
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