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# taz.de -- Berliner Szene-Laden M99: Zwangsräumung steht bevor
> Der Betreiber des linken Ladens hat ab Mai eine neue Bleibe. Bis dahin
> droht ihm die Obdachlosigkeit, denn Gericht und Eigentümer bleiben hart.
Bild: „Einen alten Baum verpflanzt man nicht“, HG Lindenau
Berlin taz | Für Hans-Georg Lindenau, Betreiber des linken Szeneladens M99
in Kreuzberg, wird es ernst. Am Dienstag lehnte das Amtsgericht
Tempelhof-Kreuzberg einen beantragten Räumungsschutz ab.
Sollte es nicht noch in letzter Minute zu einer außergerichtlichen Einigung
mit der Seite der Hauseigentümer kommen, wird Lindenau am Donnerstag aus
seinem Laden, dessen Hinterzimmer er als Wohnung nutzt, geräumt. Für diesen
Fall hat das Bündnis „Zwangsräumungen verhindern“ eine Blockade
angekündigt.
Dabei stehen die Zeichen für Lindenau, der seit 1985 in dem inzwischen
komplett entmieteten Haus lebt und ganze Generationen junger Antifas mit
Kapuzenpullis, Büchern und Stickern versorgt hat, eigentlich gut. Denn
eingetreten ist, was niemand für möglich hielt: Unterstützer der
Mieterinitiative Bizim Kiez haben für ihn einen neuen Wohnladen gefunden,
im Viertel, bezahlbar und rollstuhlgerecht. Einziges Manko: Die Räume in
der Falckensteinstraße 46, einem Haus im Eigentum der Stiftung Umverteilen,
werden erst ab 2. Mai nächsten Jahres frei, ein Einzug ist ab Ende Mai
möglich.
Dem Antrag auf einen Räumungsaufschub mindestens bis dahin wollte das
Gericht jedoch nicht zustimmen. In dem Beschluss, der der taz vorliegt,
wird abgestritten, dass es sich bei den betreffenden Erdgeschossräumen
überhaupt um Wohnraum handelt.
Auch mehreren ärztlichen Gutachten, die bei einer Zwangsräumung vor einer
Destabilisierung Lindenaus mit depressiven bis hin zu suizidalen Krisen
warnten, folgte das Gericht nicht. Stattdessen verwies es darauf, dass „vom
Schuldner durchgeführte Aktionen, wie Demonstrationen, Pressekonferenzen
etc. (…) eben nicht auf eine aktuelle Suizidgefahr schließen lassen“.
Dagegen heißt es in dem Beschluss, es gäbe eine „unhaltbare
gesundheitsgefährliche [sic] Drohkulisse“ gegenüber dem Eigentümer, einem
Westberliner Modeunternehmer. Als Beweis dafür diente eine Postkarte, auf
der dieser als „Kapitalistenschwein“ bezeichnet wurde.
## Proteste angekündigt
Lindenau selbst sagte am Dienstag in seinem Laden: „Ich bleibe hier,
aufgeben ist nicht.“ Anfang August hatte er in einem Räumungsvergleich dem
Auszugstermin 22. September zugestimmt, danach jedoch angekündigt, sich
weiter gegen eine Zwangsräumung zu wehren. Sollte er am Donnerstag sein
Domizil verlieren, droht ihm die Obdachlosigkeit. Die Miete für den
Container, in dem er seine Sachen untergebracht hat und der seit August vor
dem Laden steht, kann er ab Oktober nicht mehr bezahlen.
In einem offenen Brief appellierten die drei Kreuzberger
Bundestagsabgeordneten sowie Linken-Chef Klaus Lederer, die
Grünen-Fraktionsvorsitzende Antje Kapek und Bezirksbürgermeisterin Monika
Hermann an den Eigentümer, „einen weiteren Räumungsaufschub zu gewähren“.
Sie schreiben: „Damit wäre eine Lösung gefunden, die für alle Seiten
akzeptabel ist und die Herrn Lindenau einen Übergang ermöglicht, ohne
zwischenzeitlich quasi auf der Straße zu sitzen und seine eigenständige
Versorgung zu verlieren.“
David Schuster von „Zwangsräumungen verhindern“ kündigte Aktionen gegen d…
Räumung an. Am Donnerstag ruft die Initiative zu Blockaden auf. Auch
Gruppen aus anderen Städten sollen sich zu Protesten angekündigt haben.
Schon am Mittwoch ab 18 Uhr will Lindenau vor dem Geschäft eine Kundgebung
abhalten.
20 Sep 2016
## AUTOREN
Erik Peter
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