# taz.de -- Polizei Berlin und der Fall Amri: Nun doch ein Ausschuss | |
> Parlament befasst sich mit Vertuschungsvorwürfen beim Staatsschutz. | |
> Sonderermittler berichtet. R2G will jetzt auch einen | |
> Untersuchungsausschuss einrichten. | |
Bild: Hat den richtigen Riecher: Sonderermittler Bruno Jost auf dem Weg zum Aus… | |
Nun also doch. Auch die rot-rot-grüne Koalition ist für die Einrichtung | |
eines Untersuchungsausschusses im Fall Amis Amri. Nach dem 3. Juli, wenn | |
der vom Senat eingesetzte Sonderermittler Bruno Jost dem Abgeordnetenhaus | |
seinen Zwischenbericht vorlegt, könnte der Ausschuss seine Arbeit | |
aufnehmen. Das kündigten SPD, Linke und Grüne am Montag in einer | |
gemeinsamen Presseerklärung an. Die CDU signalisierte Zustimmung. FDP und | |
AfD hatten sich schon kurz nach dem Attentat für einen | |
Untersuchungsausschuss ausgesprochen. | |
## „Gute Arbeit“ von Jost | |
Die „gute Arbeit“ von Jost habe viele Fragen aufgeworfen, die eine | |
gründliche parlamentarische Befassung erforderten, heißt es in der | |
Presseerklärung der Koalition. Es gebe „strukturelle Fragen“ zum | |
Landeskriminalamt (LKA) und der gesamten Sicherheitsarchitektur in Bund und | |
Ländern. | |
Allein in Berlin wird es nun drei Ermittlungsinstanzen zum Fall Amri geben. | |
Die Staatsanwaltschaft, die sich mit den vergangene Woche bekannt | |
gewordenen Vertuschungsvorwürfen beim Staatsschutz befasst, den | |
Sondermittler Jost, der erst vor 30 Tagen seine Tätigkeit aufgenommen hat – | |
und nun noch ein Untersuchungsausschuss? Jost war es, der am Montag bei | |
einer Sondersitzung des Innenausschusses warnte: „Ich möchte nicht, dass | |
sich die Ermittlungsstellen gegenseitig behindern und im Wege stehen.“ Im | |
Interesse der Aufklärung bitte er, das im Vorfeld zu klären. | |
Die Sitzung war einberufen worden, nachdem Jost vergangene Woche | |
Ungereimtheiten in den Ermittlungsakten des LKA 5 (Staatsschutz) zum Fall | |
Amri entdeckt hatte. Der Verdacht drängt sich auf, dass Beamte ein Dokument | |
nachträglich manipuliert haben könnten, um die versäumte Gelegenheit einer | |
Festnahme von Anis Amri mehrere Wochen vor dem Anschlag zu vertuschen. Die | |
Staatsanwaltschaft hat gegen zwei Staatsschutzbeamte ein | |
Ermittlungsverfahren eingeleitet (taz berichtete). | |
## „Nicht unbedingt unlauter“ | |
Konkret geht es um zwei Aktenvermerke: Einen vom 1. November 2016, der in | |
der Polizeidatei Poliks gefunden wurde, und einen Vermerk aus einer | |
Papierakte, der am 17. oder 18. Januar 2017 gefertigt worden sein soll, | |
aber auch das Datum vom 1. November 2016 trägt. Der äußere Anschein spreche | |
dafür, „dass etwas verschleiert oder vertuscht werden sollte“, sagte Jost | |
im Ausschuss. Aber vielleicht gebe es Erklärungen, „die nicht unbedingt | |
einen unlauteren Hintergrund haben müssen“. Der Poliks-Vermerk, Jost nennt | |
ihn den großen Vermerk, sei zehn bis zwölf Seiten lang und beziehe sich auf | |
73 abgehörte Telefonate zu einem gewerbsmäßigen bandenmäßigen Drogenhandel | |
Amris. Die Rede ist von Kokain, Cannabis und Ecstasy. | |
Der zweite – rückdatierte – Vermerk sei deutlich kleiner, sagte Jost. | |
Rekurriert werde darin auf nur sechs Telefongespräche. Das Papier sei im | |
Konjunktiv verfasst und lasse die Vorwürfe in deutlich milderem Licht | |
erscheinen. Vorstellbar sei, dass der zweite Vermerk ein Korrektiv des | |
ersten Vermerks sei, weil dessen Bewertung vielleicht unzutreffend gewesen | |
war, so Jost. Der Verfasser des zweiten Vermerks habe vielleicht besser | |
einschätzen können, ob die Vorwürfe gegen Amri Substanz haben. Beide Beamte | |
kämen aus demselben Kommissariat. | |
Nun will Jost Protokolle der Telefonüberwachung „stichprobenhaft“ lesen. | |
Allerdings sei es schwierig, aus Telefonaten, die verklausuliert und in | |
fremder Sprache geführt werden, „halbwegs vernünftige Schlüsse“ zu ziehe… | |
Polizeipräsident Klaus Kandt sagte im Ausschuss, die Polizei arbeite immer | |
mit Papierakten. „Darum sind wir davon ausgegangen, dass alle relevanten | |
Details in der Papierakte waren.“ | |
22 May 2017 | |
## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
## TAGS | |
Anis Amri | |
Polizei Berlin | |
Staatsschutz | |
Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt | |
Anis Amri | |
Anis Amri | |
Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt | |
Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt | |
Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt | |
Polizei Berlin | |
Anis Amri | |
Bundeswehr | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Berliner Kommentar der Woche II: Ein offenes Wort unter Vertrauten | |
Ein Polizist schreibt eine SMS mit einem bekannten Code für den verbotenen | |
Nazigruß „Heil Hitler“. Brisant daran: der Mann arbeitet beim Staatsschutz. | |
Berlin und die Aufklärung des Falls Amri: „Ich bin jetzt in der Karre …“ | |
Auszüge aus Ermittlungserkenntnissen des Bundesanwalts Thomas Beck im Fall | |
Amri, vorgestellt am 3. Juli 2017 im Innenausschuss des Berliner | |
Parlaments. | |
Berlin und die Aufklärung des Falls Amri: Eine Menge schiefgelaufen | |
Hätte der Anschlag auf dem Breitscheidplatz verhindert werden können? Bruno | |
Jost, Sonderbeauftragter des Senats, stellt seinen Abschlussbericht vor. | |
Anschlag am Breitscheidplatz: Licht ins Dunkel bringen | |
Mehr als sechs Monate nach dem Attentat setzt das Parlament heute einen | |
Untersuchungsausschuss zum Fall Amri ein. Die taz beantwortet die | |
wichtigsten Fragen. | |
Konstantin von Notz über den Fall Amri: „Es fehlt der Wille zur Aufklärung�… | |
Was ist im Fall Anis Amri schiefgelaufen? Es seien überwiegend | |
Scheindiskussionen geführt worden, sagt Konstantin von Notz von den Grünen. | |
Razzien im Berliner Drogenmilieu: Mutmaßliche Islamisten geschnappt | |
Bei Razzien in Berlin hat der Staatsschutz vier Männer festgenommen. Ob es | |
einen Zusammenhang mit dem Fall Amri gibt, ist nicht bekannt. | |
Ermittlungsfehler im Fall Anis Amri: Der Skandal weitet sich aus | |
Hätte die Polizei ihn doch festnehmen und den Anschlag verhindern können? | |
Politiker aller Parteien fordern Aufklärung. | |
Kommentar zum Polizeiskandal in Berlin: Interessant sind die Gründe | |
Nach dem Vertuschungsskandal beim Staatsschutz kommen Gerüchte auf, dass | |
LKA-Chef Steiof gehen muss. Der Innensenator dementiert – noch. | |
Potenzielle Anschlagsliste des Franco A.: Null Anhaltspunkte für Tatplan | |
Berlins Innensenator und Polizeipräsident verteidigen den Umgang der | |
Polizei mit Betroffenen, die auf einer Liste des terrorverdächtigen | |
Soldaten Franco A. stehen. |