# taz.de -- Kommentar Rechtsextremismus im Osten: Aufgeben gilt nicht | |
> In puncto Rassismus und Rechtsextremismus ist ein Teil des Ostens bereits | |
> verloren, sagt eine neue Studie. Genau dort muss Politik nun ansetzen. | |
Bild: Freitaler protestieren gegen eine Flüchtlingsunterkunft | |
Sind Teile dieses Landes verloren für die Demokratie? Möglicherweise ja, | |
meinen Wissenschaftler des Göttinger Instituts für Demokratieforschung. | |
Aber: Aufgeben gilt nicht. | |
Ihre aktuelle Studie zu Fremdenfeindlichkeit in Ostdeutschland sieht zwar | |
die Ursachen für schockierende Exzesse im sächsischen Freital oder vor der | |
Dresdner Semperoper durchaus in der nicht verarbeiteten DDR-Vergangenheit. | |
Aber ebenfalls in der Politik der Jahre seit 1989. Und im Versagen der | |
Landes- und Kommunalpolitiker, die wegen der schönen Landschaften und der | |
ruhesuchenden Touristen lieber so tun, als handle es sich um bedauerliche | |
Einzelfälle. | |
Genau hier muss Politik nun ansetzen. Gewaltbereite Demokratiefeinde müssen | |
einem nicht leidtun. Es gibt Gerichte, die sich um Ausfälle und Attacken zu | |
kümmern haben. Aber es muss eben auch zur Kenntnis genommen werden, dass | |
Bürgerinnen und Bürger, die ihre Kinder in strukturschwachen Gegenden um | |
fünf Uhr morgens zum Schulbus bringen oder mit einer Grippe erst mal | |
dreißig Kilometer zum Arzt fahren müssen, das Gefühl beherrscht, dieser | |
Gesellschaft nichts schuldig zu sein. | |
Dort, in den arm gerechneten Großkreisen, durch die die Großstädter mit dem | |
Familienkombi Richtung Ostsee oder Sächsische Schweiz brausen, kümmern sich | |
längst andere ums Wirgefühl. Rechte Populisten und deren Kleinparteien | |
wachsen hier zu Scheinriesen heran. Dem muss entgegengetreten werden. | |
Populismus, Hetze, Menschenverachtung kann man so leicht überbieten. Aber | |
eben nicht erst vier Monate vor der Bundestagswahl – und dann noch mal | |
während einer kurzen Schamfrist danach. | |
Einen ersten Eindruck, was die entkoppelten Bürgerinnen und Bürger für die | |
parlamentarische Demokratie bedeuten, durfte die Bundesrepublik bei den | |
zurückliegenden Landtagswahlen gewinnen. Es gab gute bis sehr gute | |
Ergebnisse für die AfD, die sich nun freuen darf, ihren Hass | |
diätenfinanziert zu streuen. | |
Man könnte sagen: Das sind die Ostler. Diktaturprägung und so weiter. Aber | |
das wäre ein denkfauler Reflex. 15 Prozent hat die AfD selbst in | |
Baden-Württemberg geholt. Dass es jetzt im Saarland, in Schleswig-Holstein | |
und Nordrhein-Westfalen noch mal glimpflich ausgegangen ist, ist keine | |
Beruhigung. | |
18 May 2017 | |
## AUTOREN | |
Anja Maier | |
## TAGS | |
Alternative für Deutschland (AfD) | |
Populismus | |
DDR | |
Fremdenfeindlichkeit | |
Schwerpunkt Ostdeutschland | |
Bertelsmann-Stiftung | |
Rechtsextremismus | |
Chelsea Manning | |
Demokratieforschung | |
Schwerpunkt Neonazis | |
Bautzen | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Schwerpunkt Rassismus | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Studie der Bertelsmann-Stiftung: Reiche sollen mehr zahlen | |
Eigentlich geht es in einer Studie um Populismus. Doch bemerkenswerter ist | |
ein anderer Befund: Die Wähler wollen Umverteilung. | |
Rechtsextremismus in Deutschland: Viele rechte Straftäter auf freiem Fuß | |
Seit 2015 ist die Zahl rechter Straftäter auf freiem Fuß gestiegen. | |
Linken-Politikerin Ulla Jelpke sieht darin ein „Indiz für einen sich | |
etablierenden Nazi-Untergrund“. | |
Dinge, die wir diese Woche gelernt haben: Sachsenstolz und fettige Pizza | |
Cannes diskutiert über Netflix, die SPD wird dünnhäutig, Frauke Petry hat | |
jetzt einen Ferdinand und Chelsea Manning ist endlich in Freiheit. | |
Studie zu Rechtstendenzen im Osten: Diagnose: Sachsenstolz | |
Immer wieder macht Ostdeutschland mit rechter Gewalt Schlagzeilen. Warum | |
nur? Eine Studie suchte nach Antworten. | |
Flüchtlingsheim angezündet: Für die Neonazis wird es ernst | |
Im Prozess um eine Serie rechtsextremer Straftaten in Nauen inszenierten | |
sich die Angeklagten als harmlose Underdogs. Kommende Woche soll das Urteil | |
fallen. | |
Neonazis in Bautzen: Nach der Menschenjagd | |
Rechtsextreme haben in seiner Stadt Flüchtlinge gejagt. Wie macht Bautzens | |
linker Bürgermeister Alexander Ahrens weiter? | |
Theaterintendant über Rassismus: „Die Mitte ist mir zu passiv“ | |
Wegen Alltagsrassismus haben Künstler des Theaters Altenburg-Gera ihren | |
Vertrag gekündigt. Intendant Kay Kuntze fordert Unterstützung. | |
Kommentar Gespaltene Republik: Mehr Widerspruch! | |
Fremdenfeindlichkeit ist stark zurückgegangen. Aber nun schüren Neurechte | |
antidemokratische Ressentiments. Da hilft nur Widerstand. |