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# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Frankreich: Enthaltung, Macron, Le Pen?
> Sieben Millionen Französinnen und Franzosen haben im ersten Wahlgang für
> Jean-Luc Mélenchon gestimmt. Wen wählen sie am 7. Mai?
Bild: Melenchon-Anhänger: gemeinsame Zukunft mit Le Pen oder mit Macron?
Berlin taz | „In deinen Arsch“, steht auf dem improvisierten Stimmzettel,
den die Pariserin Anna am 7. Mai bei der Stichwahl für das Amt des
französischen Präsidenten in die Urne werfen will. Sie hat in der ersten
Runde für den Linken Jean-Luc Mélenchon gestimmt, der bei den 18- bis
24-Jährigen 29 Prozent der Stimmen holte.
Jetzt fragen sich die rund sieben Millionen Wähler Mélenchons: Sollen sie
am Wahltag zu Hause bleiben, einen leeren oder gefakten Stimmzettel
abgeben? Den Linksliberalen Emmanuel Macron wählen, den die Medien in
Anspielung auf den unbeliebtesten Präsidenten der V. Republik gern
„Emmanuel Hollande“ nennen? Oder gar die Rechtsaußen Marine Le Pen?
François, 55 Jahre alt und Übersetzer, gibt in Lille sein Votum ab. Auf dem
Stimmzettel wird der Name Mélenchon stehen – das heißt, François will „w…
wählen“ (voter blanc), wie man in Frankreich sagt. „Ich kann keinen
Kandidaten unterstützen, der einem Abbau der sozialen Errungenschaften wie
der 35-Stunden-Woche das Wort redet. Und der, wie vor ihm schon Georges
Pompidou, bei der Rothschild-Bank gearbeitet hat“, sagt er. Aber nützt ein
„voter blanc“ nicht Marine Le Pen? François hält das Risiko für gering.
In den sozialen Netzwerken kündigen derweil viele Anhänger Mélenchons an,
dass sie sich am 7. April einer Entscheidung zwischen Macron und Le Pen
verweigern wollen. Die Tageszeitung Libération zitiert einige
Twitter-Nutzer, die sich unter dem Hashtag #Ohne Mich. Der 7. Mai zu Wort
gemeldet haben. „Ich wollte Mélenchon in der zweiten Runde wählen, aber
jetzt ziehe ich es vor, den Sieger zu delegitimieren. Weder Pest noch
Cholera! Enthaltung!“, schreibt eine Frau. Ein anderer User gibt zu
Protokoll: „Ich heiße weder einen blinden Liberalismus noch den Hass auf
andere gut.“
Unter demselben Hashtag gibt es jedoch auch Stimmen, die eindringlich vor
einer Enthaltung warnen. „Diejenigen, die sagen ‚Ohne Mich‘, verstehen
nicht die Bedrohung, die Marine Le Pen für unsere Demokratie, unsere
Wirtschaft und unsere Zukunft darstellt“, schreibt eine Frau unter dem
Namen #Niemals Marine. Und ein „Professeur Bang“ merkt an: „Wissen die, d…
sich am7. Mai enthalten wollen, dass Mélenchons Wahlprogramm eine
Wahlpflicht vorsieht?“
Auch das Magazin L’Obs hat sich unter Mélenchon-WählerInnen umgehört.
Marie-Hélène ist Schafzüchterin und lebt im Département Corrèze. „Ich w�…
Macron im zweiten Wahlgang, denn ich kann mir Le Pen im Élyséepalast nicht
vorstellen. Was sie über Ausländer sagt, ist inakzeptabel. Macron scheint
mir das kleinere Übel zu sein. Aber ich denke auch, dass wir den Niedergang
nur hinauszögern. Wenn die Ungleichheit weiter wächst, könnte Le Pen 2022
gewählt werden“, sagt sie.
Die Niederlage von Mélenchon habe ihm Tränen in die Augen getrieben, sagt
Christoph, 32 und Fahrer aus Nanterre. Jetzt spiele er mit dem Gedanken, Le
Pen zu wählen – obwohl er Muslim ist. „Soll sie doch durchkommen und sich
an der Macht die Zähne ausbeißen. Sie wird ein klarerer politischer Feind
sein als Emmanuel Macron. Und sie will das Arbeitsrecht reformieren, die
Vermögensteuer aufrechterhalten und kritisiert Europa.“
Apropos Front National: Seit wenigen Tagen kursiert ein Flugblatt mit der
Überschrift „Die gemeinsame Zukunft, das geht auch mit Marine“ im Netz –
einer abgewandelten Form des Wahlslogans von Mélenchon „L’avenir en commun…
(Die gemeinsame Zukunft). Auch darin werden Gemeinsamkeiten der Programme
beider Politiker herausgestellt, etwa der Austritt aus den europäischen
Verträgen, die Beibehaltung der 35-Stunden-Woche, die Einführung des
Verhältniswahlrechts sowie ein Verbot der EU-Richtlinie über die Entsendung
von Arbeitnehmern. Darunter heißt es: „Wählt nicht Macron.“ Der Front
National leugnet, Urheber des Flugblatts zu sein.
28 Apr 2017
## AUTOREN
Barbara Oertel
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Jean-Luc Mélenchon
Schwerpunkt Emmanuel Macron
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