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# taz.de -- Europäischer Gerichtshof zu Streaming: Illegal ist illegal
> Ausreden wie „flüchtig“ gelten nicht: Wer offensichtlich unerlaubte
> Angebote streamt, handelt rechtswidrig. Eine Abmahnwelle droht aber
> nicht.
Bild: Mal kurz nachdenken, ob der neue Film auch legal geguckt werden darf, ist…
Luxemburg taz | Wer offensichtlich illegale Streamingangebote nutzt,
handelt rechswidrig. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Mittwoch
in einem Grundsatzurteil festgestellt.
Konkret ging es um einen Fall aus den Niederlanden. Der Elektronik-Händler
Jack Frederick Wullems verkaufte im Internet mit gewissem Erfolg ein
kleines schwarzes Gerät namens „Filmspeler“. Hauptanreiz des Geräts waren
voreingestellte Add-Ons, mit denen Streaming-Seiten im Netz aufgerufen
werden konnten, die urheberrechtlich geschützte Filme, Serien und
Sportübertragungen anboten.
Kostenlos konnten so Filme und Sportpartien auf dem heimischen Fernseher
angesehen werden, die es sonst nur im Pay-TV gab. Auch Serien wurden so
zugänglich, die erst viel später im holländischen Fernsehen ausgestrahlt
wurden. Das Modell X9 des Filmspelers kostete 189 Euro.
## Absehbares Verkaufsverbot
Gegen dieses Angebot klagte die holländische [1][Stichting Brein], eine
Stiftung, die die Interessen der Kreativwirtschaft vertritt. Schon der
Verkauf des Filmspelers sei illegal. Da das Urheberrecht europäisch
vereinheitlicht ist, musste der EuGH die Frage entscheiden.
Tatsächlich stimmte der EuGH nun der Stiftung zu. Der Verkauf des
Filmspeler sei eine unzulässige „öffentliche Wiedergabe“ der geschützten
Werke. Die [2][EU-Urheberrechts-Richtlinie von 2001] sei weit auszulegen,
da sie den Urhebern ein „hohes Schutzniveau“ bieten solle. Der Verkauf des
Filmspelers dürfte in den Niederlanden nun wohl verboten werden.
Für Deutschland relevanter ist eine zweite Frage, über die der EuGH zu
entscheiden hatte: Handeln auch die Nutzer rechtswidrig, wenn sie illegal
angebotene Filme, Serien und Sportveranstaltungen streamen? Da dabei in der
Regel der Inhalt kurzzeitig auf dem eigenen Computer oder Smartphone
gespeichert wird, könnte darin eine unzulässige Vervielfältigung zu sehen
sein.
## Entscheidend ist, ob Interessen beeinträchtigt werden
Bisher ging man in Deutschland davon aus, dass bloßes Streaming für Nutzer
nicht verboten ist. Dabei berief man sich auf eine Ausnahmevorschrift der
EU-Richtlinie, wonach die „flüchtige“ und rein technisch bedingte
Speicherung keine unzulässige Vervielfältigung ist.
Der EuGH erinnerte nun aber daran, dass die Ausnahmevorschrift als weitere
Bedingung verlangt, „dass die normale Verwertung des Werks nicht
beeinträchtigt wird und die berechtigten Interessen des Rechteinhabers
nicht ungebührlich beeinträchtigt werden“. Das ist laut EuGH beim
unerlaubten Streaming geschützter Werke aber gerade nicht der Fall. Auch
das Streaming offensichtlich illegaler Angebote gilt also von nun an als
rechtswidrig. Das Urteil erfasst nicht nur die Nutzung eines Geräts wie des
Filmspelers, sondern auch das Ansehen der Programme via Computer oder
Smartphone direkt im Internet.
Der medienrechtlich spezialisierte Anwalt Christian Solmecke befürchtet nun
aber keine neue Abmahnwelle gegen Streaming-Nutzer. Die IP-Adresse, mit der
sich die Nutzer ins Internet einwählen, sei nur dem Streaming-Portal
bekannt, das in der Regel anonym im Ausland betrieben werde und auf das die
Rechteverwerter typischerweise keinen Zugriff hätten. ([3][Az.: C 527/15])
26 Apr 2017
## LINKS
[1] https://stichtingbrein.nl/english.php
[2] http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32001L0029
[3] http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=190142&a…
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
EuGH
Streaming
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