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# taz.de -- US-Experte zu Trumps Nordkoreapolitik: „Gespräche wären das Bes…
> Lawrence Wilkerson war Stabschef unter Außenminister Colin Powell. Er
> beschreibt, welche Strategie in Trumps Nordkoreapolitik sinnvoll wäre.
Bild: Kräftemessen: Nordkoreaner anlässlich der Feierlichkeiten zum 1. Mai 20…
taz: Herr Wilkerson, US-Präsident Trump spricht von der Möglichkeit eines
„großen, großen Konflikts“ mit Nordkorea, und Rex Tillerson hat nun auch
den Vereinten Nationen erklärt, die „strategische Geduld“ der USA sei
vorüber. Sie sind mit der Nordkorea-Politik vertraut. Wie verstehen Sie,
was Sie jetzt hören?
Lawrence Wilkerson: Die einzig vernünftige Erklärung ist Trumps’ Erfahrung
als Immobilientycoon, der mit milliardenschweren Einsätzen Poker spielt.
Diese Politik des äußersten Risikos überträgt er auf internationale
Beziehungen. Es begann damit, dass er mit der „Ein-China-Politik“ brach und
Taiwan anerkennen wollte, dann aber wieder davon abwich. Als Nächstes warf
er China vor, seine Währung zu manipulieren. Auch davon nahm er wieder
Abstand. Trump zeigte Präsident Xi Jinping, dass er jederzeit ein sehr
unangenehmer Partner sein kann. Als er dann von Xi mehr Druck auf Nordkorea
verlangte, sah Xi ein, dass er sich besser daran hält – oder zumindest so
tun sollte, als wolle er sich daran halten.
Was die chinesische Regierung jetzt zu UN-Sanktionen und Nordkorea sagt,
klingt, als gäbe es eine gewisse Annäherung zwischen Washington und Peking.
Bedeutet das, Trumps Poker funktioniert?
Das kann sehr wohl der Fall sein. Aber meine Sorge ist, dass die letzte
Person, die das in großem Stil gemacht hat und damit Erfolg hatte, Adolf
Hitler war.
Wer sollte Trump entgegentreten?
Als Erstes das amerikanische Volk. Ich glaube, dort vereinen sich Kräfte,
die ihm Probleme bereiten könnten. Die Opposition wird ihn erheblich
bremsen. Seine Innenpolitik ist ja auch nicht besser. Die 26 Prozent der
Wahlberechtigten, die für ihn gestimmt haben – es gab nur 55 Prozent
Wahlbeteiligung –, werden bald sehr enttäuscht sein, wenn sie nichts von
dem bekommen, was er versprochen hat. Außerdem gibt es viele Länder, die
der Politik des äußersten Risikos bald überdrüssig sein werden. Früher oder
später werden sie ihn bremsen.
Welche Folgen hat das aktuelle Drama zwischen Washington und Pjöngjang für
die japanische Atompolitik?
Schon als ich in der Regierung von George W. Bush war, gab es eine
Denkschule unter Konservativen, die die Wiederbewaffnung von Japan wollte.
Es soll, wie diese Leute es nennen, eine „normale Nation“ werden. Einige
wollen auch, dass Japan eigene Atomwaffen bekommt. Diese Leute sind
begeistert von der Perspektive, dass sich Japan im internationale
Waffenmarkt engagiert. Sie wollen, dass Japan ein vollwertiger Partner der
USA wird, und haben dabei auch das Ziel der Lastenteilung im Pazifik im
Umgang mit China im Sinn. Das ist ein gefährliches Spiel. Japan ist mit
seiner Verfassung, seinen Verteidigungskräften und seiner philosophischen
Opposition gegen Krieg ziemlich gut gefahren. Sollten wir dieser
US-Denkschule folgen, machen wir ein weiteres Land zu einer Atommacht und
vergrößern das Konfliktpotenzial in Nordostasien.
Premierminister Shinzō Abe war einer der ersten Gäste von Trump.
Premierminister Abe glaubt, dass Trump seine eigenen Wünsche in Japan
unterstützt. Er vertraut Trump nicht vollends. Aber Trump liefert ihm
Argumente, wenn sich die Japaner dagegen aussprechen, ihr Land stärker zu
bewaffnen.
Der Krieg gegen den Terror ist in den ersten 100 Tagen Donald Trumps wieder
zur Normalität geworden und hat die Außenpolitik ersetzt. Sind die
Neokonservativen aus der Bush-Regierung wieder an der Macht?
Damals bestimmten die Neokonservativen die Regierung. Die gegenwärtige
Regierung hört zwar auf die Neokonservativen – aber sie sind noch nicht so
einflussreich wie unter Bush. Und in gewisser Hinsicht sind sie genauso
verwirrt wie wir anderen, wenn sie herauszufinden versuchen, wo Trump
gerade steht.
Können Sie Beispiele für deren Einfluss nennen?
Sie haben wachsenden Einfluss auf die Iranpolitik der USA, wo sie das
Atomabkommen beenden, einen Krieg und einen Regimewechsel wollen. Aber ihr
Einfluss ist nicht universell. In Syrien ist Trump nicht auf ihrer Seite.
Sie wollten unbedingt, dass Trump in großem Umfang Bodentruppen nach Syrien
schickt. Er hat bisher ein Mal US-Raketen abfeuern lassen, aber momentan
sieht es nicht danach aus, als ob er sehr viel mehr tun wollte. Abgesehen
von zusätzlichen Bodentruppen, die den Kurden und anderen Alliierten helfen
sollen.
Im Wahlkampf hat Trump Regimewechsel abgelehnt. Aber jetzt spricht sich
sein Außenminister für einen Regimewechsel im Iran aus und versichert
gleichzeitig Pjöngjang, dass er dort keinen solchen Wechsel anstrebe. Wo
ist die Linie?
Ich glaube, dass weder Rex Tillerson noch Trump wissen, welche Rolle
Rhetorik in Sachen Diplomatie und Außenpolitik bedeutet. Sie sind Amateure.
Zudem kommen aus der Trump-Regierung widersprüchliche Stimmen zu den
heiklen Schauplätzen. Ist das Strategie?
Es mag von Vorteil für die USA sein, eine gewisse Verwirrung in Pjöngjang,
Teheran oder Damaskus zu stiften. Aber die Unfähigkeit, mit einer Stimme zu
sprechen, sowie die inkohärente Außenpolitik über die gesamte Breite
beunruhigen mich.
Kann eine Denuklearisierung der Koreanischen Halbinsel – das erklärte Ziel
von Tillerson – im Interesse von Pjöngjang sein?
Ich glaube nicht, dass wir Nordkorea dazu bringen, seine Atomwaffen
aufzugeben. Es ist eine Atommacht, das ist Tatsache. Abgesehen von einem
Kollaps des Regimes und einer Wiedervereinigung, von der wir derzeit nicht
einmal träumen können, wäre es das Beste, miteinander zu sprechen. Es wären
Gespräche auf der Basis, dass Nordkorea keine zusätzlichen Atombomben bauen
und die behalten wird, die es schon hat. Auch zusätzliche
Interkontinentalraketen werden nicht gebaut, die bisherigen werden in das
Raketenkontrollregime integriert. Im Gegenzug könnten wir wie die
Bush-Regierung nach 2002 Zugeständnisse im Bereich von Energie und Handel
anbieten. Verhandlungen würden zu einem wohlhabenderen und stabileren
Nordkorea führen, das toleranter gegenüber Südkorea und Japan ist, aber
weiter Atomwaffen hat. Das ist das Beste, was wir erreichen können.
Wer sollte denn mit Nordkorea verhandeln?
Kim Jong Un möchte dringend bilaterale Gespräche – mit niemand anderem als
den USA. Das ist es, was die Kim-Dynastie seit 1953 will. Wenn Trump zu
Pjöngjang sagen würde, ich komme, lasst uns reden – das würde sie total
überraschen. Ich würde darauf bestehen, dass die Gespräche Südkorea
einbeziehen. Und ich würde die Anreize für Pjöngjang so attraktiv machen,
dass sie das vielleicht akzeptieren. Man könnte die Sonderwirtschaftszonen
wieder öffnen und zusätzliche schaffen, sie waren während der
„Sonnenscheinpolitik“ von 1998 bis 2008 sehr erfolgreich, als wir auf
Wiedervereinigung gehofft haben. Ich würde auf jeden Fall Südkorea und
vielleicht die Europäische Union einbeziehen, bin aber nicht sicher, ob ich
China und Russland gleich dazuholen würde. Je mehr Leute um den Tisch
sitzen, desto schwieriger werden die Verhandlungen.
2 May 2017
## AUTOREN
Dorothea Hahn
## TAGS
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
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