# taz.de -- Urabstimmung der PD in Italien: Renzi bleibt Parteichef | |
> Der Ex-Ministerpräsident will die Macht im Lande wieder übernehmen. In | |
> einer Urwahl wurde er erneut Chef der Demokratischen Partei. | |
Bild: Matteo Renzi nach seinem Sieg vor dem Hauptquartier der PD | |
Rom taz | Der neue Chef ist der alte: Matteo Renzi wurde am Sonntag in | |
einer offenen Urwahl zum Vorsitzenden der Partito Democratico (PD) gekürt. | |
Fast zwei Millionen Bürger beteiligten sich an der Abstimmung, und sie | |
verschafften Renzi mit gut 70 ein überzeugendes Resultat. Der 42-Jährige | |
bleibt damit Frontmann der gemäßigt linken PD, der größten italienischen | |
Regierungspartei, und dürfte auch als Spitzenkandidat in die im Frühjahr | |
2018 anstehenden Parlamentswahlen ziehen. | |
Renzi führt die PD seit Dezember 2013, im Februar 2014 hatte er auch das | |
Amt des Ministerpräsidenten übernommen. Der forsche Florentiner mit | |
christdemokratischen Wurzeln war seinerzeit angetreten, um die alte Garde | |
der Partei zu „verschrotten“. | |
In seinen knapp drei Jahren an der Spitze von Partei und Regierung gab | |
Renzi sich dann als entschlossener Modernisierer, angetreten mit dem | |
Versprechen, Italien aus der Stagnation und Immobilität herauszuführen. | |
Unter seiner Ägide wurde in Italien endlich die Homo-Ehe eingeführt, doch | |
er schreckte auch vor einer Lockerung des Kündigungsschutzes nicht zurück, | |
die ihm den harten Konflikt mit der Parteilinken und den Gewerkschaften | |
eintrug. | |
Höchst umstritten im eigenen Lager war sein Doppelprojekt einer | |
Verfassungs- und Wahlrechtsreform, mit der die zweite Kammer des | |
Parlaments, der Senat, weitgehend entmachtet werden und zugleich das | |
Wahlverfahren für das Abgeordnetenhaus modifiziert werden sollte, um der | |
siegreichen Partei dort in jedem Fall eine absolute Mehrheit zu | |
garantieren. Dieses Projekt scheiterte spektakulär im Verfassungsreferendum | |
vom 4. Dezember 2016, als 60 Prozent der Bürger die Reform verwarfen. | |
Wenige Tage später lehnte das Verfassungsgericht auch die Wahlrechtsreform | |
ab. | |
## In den Umfragen liegt aber Grillo vorne | |
Renzi reagierte mit seinem Rücktritt sowohl als Ministerpräsident als auch | |
als Parteivorsitzender. Sein Plan sieht nun vor, sich in der Urwahl eine | |
neue Legitimation durch die Parteibasis zu verschaffen, um dann in | |
vorgezogenen Parlamentswahlen die Revanche für die Referendumsschlappe zu | |
suchen. Den ersten Schritt hat er jetzt mit seinem klaren Sieg über zwei | |
Herausforderer – den Justizminister Andrea Orlando, der auf etwa 20 | |
Prozent kam, und den Regionalgouverneur Apuliens Michele Emiliano, | |
erreicht. | |
Weit schwieriger dürfte sich der zweite Schritt gestalten. Unter dem | |
gegenwärtigen Regierungschef Paolo Gentiloni – der als treuer Sachwalter | |
Renzis das Amt übernommen hatte – ist Stillstand in Italiens Politik | |
eingezogen. Zudem ist die große Mehrheit der Italiener angesichts des | |
ausbleibenden Aufschwungs der Wirtschaft pessimistisch gestimmt, während | |
der Regierung haushaltspolitische Spielräume fehlen. | |
Die PD liegt mittlerweile mit nur noch 25 bis 28 Prozent in den Umfragen | |
hinter Beppe Grillos „Fünf-Sterne“-Protestbewegung, die auf etwa 30 Prozent | |
kommt. Wie Renzi die Stimmung im Land und in der Partei, die prominente | |
Linke verloren hat, drehen will, bleibt sein Geheimnis. | |
1 May 2017 | |
## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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