# taz.de -- Regionalmacht im Nordirak: Innerer Konflikt | |
> Im Nordirak herrschen die Kurden seit Langem. Ihr Verhältnis zu den | |
> Kurden in Syrien und der Türkei ist angespannt. | |
Bild: Die Peshmerga fürchten einen Vorstoß der Truppen Rojavas | |
BERLIN taz | Der Irak war das erste Land, in dem die Kurden Autonomierechte | |
bekamen. Nach dem zweiten Golfkrieg zwischen den USA und Saddam Hussein ab | |
1990 wurde im Norden des Landes eine Flugverbotszone errichtet. Seither hat | |
eine Regionalregierung mit Sitz in der Stadt Erbil die Macht in dem | |
ölreichen Gebiet. Sie wird kontrolliert von der Demokratischen Partei | |
Kurdistans (DPK) des Präsidenten Masud Barzani. Die als Peschmerga | |
bekannten kurdischen Kämpfer sind Milizen der DPK, die aus früheren | |
Aufständen gegen die Zentralregierung in Bagdad hervorgegangen sind. | |
Wie die in der Türkei entstandene kurdische Arbeiterpartei PKK ist auch | |
Barzanis DPK als Befreiungsbewegung entstanden. Heute aber sind die beiden | |
sich spinnefeind. Barzani gilt als schwer korrupter Clanchef, hat ein gutes | |
Verhältnis zur türkischen Regierung, die Ölexporte – Existenzgrundlage der | |
nordirakischen Regierung – laufen über die Türkei. | |
Zwar hat die PKK ihre Basis in den nordirakischen Kandil-Bergen. Dieser | |
Umstand ist jedoch mitnichten auf die Gastfreundschaft der nordirakischen | |
kurdischen Brüder zurückzuführen, sondern auf lange zurückliegende | |
innerkurdische Gefechte. Barzani verzichtete allerdings bislang auf | |
Versuche, die Kandil-Region zurückzuerobern. | |
Die Differenzen sind aber auch ideologischer Natur: Während die DPK für | |
einen kurdischen Nationalstaat eintritt, will die PKK ein regionales | |
Rätesystem errichten. | |
## Barzani wollte jesidische Gebiete belagern lassen | |
Genau dies haben die [1][PKK]-nahen, Öcalan-treuen Kurden in Nordsyrien in | |
den letzten Jahren geschaffen – die Autonomieregion Rojava. Hier hat die | |
Partei der Demokratischen Union, [2][die PYD], die Macht. Mit ihr entstand | |
im Schatten des Syrien-Kriegs ein kurdischer Machtblock in Nordsyrien, der | |
vom türkischen Regime wie auch von den irakischen Kurden mit größtem | |
Argwohn betrachtet wird. | |
Der innerkurdische Konflikt eskalierte, als PKK-Truppen im August 2015 | |
tausende kurdische [3][JesidInnen] im Sindschar-Gebirge vor einem Massaker | |
des IS retteten. Die Peschmerga hatten dies unterlassen. Sindschar aber | |
liegt im Nordirak – und damit in der Einflusssphäre Barzanis. Der wies | |
hernach die Peschmerga an, die jesidischen Siedlungsgebiete zu belagern – | |
er fürchtete offenbar ein Vorrücken von Truppen aus Rojava. | |
Der Angriff auf die Stadt Khanasor soll von kurdischen Peschmerga aus | |
Rojava verübt worden sein. Dabei handelt es sich um Männer, die zwar aus | |
der Autonomieregion in Nordsyrien stammen, sich aber im Nordirak als | |
Söldner der DPK ausbilden ließen. Sie wurden nun offenbar als Stoßtrupp | |
gegen die als PKK-nah geltenden Jesiden eingesetzt. | |
28 Apr 2017 | |
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## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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