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# taz.de -- Imame klagen gegen Moschee-Verband: Prediger vor der Niederlage
> Zwei türkische Imame verloren nach dem Putschversuch ihre Arbeit. Der
> deutsche Moschee-Dachverband „Ditib“ muss sie wohl nicht
> weiterbeschäftigen.
Bild: Klägeranwalt Karaman (links) muss sich wohl den Argumenten des Ditib-Anw…
Köln taz | Imame, die nach dem türkischen Putschversuch entlassen wurden,
können wohl nicht in Deutschland gegen ihren Rauswurf vorgehen. Das
zeichnet sich nach der mündlichen Verhandlung am Arbeitsgericht Köln ab.
Geklagt hatten zwei türkische Imame, die 2013 und 2014 nach Deutschland
kamen. Beide waren in südbadischen Moscheegemeinden tätig, der eine in
Zell-Atzenbach, der andere in Rheinfelden. Sie waren nach dem Putschversuch
vom Juli 2016 per Ministererlass aus dem Dienst entfernt worden, gemeinsam
mit Tausenden von anderen Imamen, Beamten und Richtern. Mutmaßlich wird
auch ihnen Unterstützung des Putsches und der angeblich dahinterstehenden
Bewegung des Predigers Fethullah Gülen unterstellt.
Da die Imame als Beamte für das staatliche Präsidium für
Religionsagelegenheiten (Dyanet) arbeiteten, hätten sie eigentlich in der
Türkei gegen ihre Entlassung klagen müssen. Doch sie hatten gehört, dass
andere Imame verhaftet wurden, nachdem sie dorthin zurückkehrten. Die
beiden Imame sind daher mit ihren Familien noch in Deutschland und haben
inzwischen Asyl beantragt.
Parallel kämpfen sie vor dem Arbeitsgericht Köln um ihren Arbeitsplatz. Sie
klagen gegen den Dachverband Ditib, dem die südbadischen Moscheegemeinden
angehören, dass sie dort weiterhin angestellt sind. „Die Imame haben in den
Moscheen von Ditib gepredigt und für Ditib religiöse Dienste erbracht“,
argumentierte ihr Anwalt Tuncay Karaman, „also war Ditib der faktische
Arbeitgeber.“
Doch Ditib will von einem Arbeitsverhältnis nichts wissen. „Ditib hat den
Imamen nicht die Vergütung bezahlt“, betonte Ditib-Anwalt Mehmet Günet.
Auch der Vorsitzende Richter Christian Ehrich zeigte gleich zu Beginn seine
Skepsis: „Es gab weder einen schriftlichen noch einen mündlichen
Arbeitsvertrag mit Ditib“.
## Kläger trauten sich nicht in den Saal
Zur Überraschung aller Beteiligten stufte Anwalt Karaman das Verhältnis
dann aber als unzulässige Arbeitnehmerüberlassung ein. „Wenn die
Genehmigung für die Verleihung von Beschäftigten fehlt, dann wird das
entleihende Unternehmen zum Arbeitgeber“, referierte er ein Urteil des
Bundesarbeitsgerichts. „Voraussetzung wäre aber“, so Richter Ehrich, „da…
Ditib den Imamen Weisungen erteilt hat.“ Er fragte schnoddrig: „Wann hat
denn jemand vom Ditib-Vorstand angerufen und gesagt, jetzt wird hier 'ne
Runde so und so gebetet?“.
Anwalt Karamen verwies auf eine Rundmail nach dem Putschversuch, als die
Imame aufgefordert wurden, korrekt zu informieren und Provokationen zu
verhindern. Dies ließ Richter Ehrich aber nicht als arbeitsrechtliche
Weisung gelten, weil die Mail auch an die ehrenamtlichen Vorstände der
örtlichen Moscheegemeinden ging. Auch die Aufforderung an die beiden
Kläger, ihre Sachen zu packen und die jeweilige Moschee zu verlassen, sei
keine arbeitsrechtliche Weisung. „Dafür genügt das Hausrecht“, so der
Richter.
„Was Sie vorbringen, ist relativ dürftig“, erklärte Richter Ehrich am Ende
der Verhandlung. Dass Ditib die beiden Imame weiterbeschäftigen muss, ist
nun sehr unwahrscheinlich. Das Urteil wird am 7. April verkündet.
Die Kläger waren zwar nach Köln gekommen, trauten sich aber nicht in den
Gerichtsaal, möglicherweise wegen der vielen Fotografen und Kameraleute.
Die Verhandlung war trotz des ernsten Themas recht unterhaltsam, was nicht
zuletzt am berlinernden Richter lag. So nutzte Ehrich die
Medienöffentlichkeit, um seinen Unmut über den Zeitpunkt des Putschversuchs
Luft zu machen, der ihn seinen Sommerurlaub gekostet hatte: „Ein Tag früher
oder ein Tag später wäre in Ordnung gewesen, aber nicht ausgerechnet in der
Nacht, in der ich nach Antalya fliegen wollte.“
24 Mar 2017
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Ditib
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Schwerpunkt Türkei
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