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# taz.de -- Kommentar Macron und Europa: Hoffnungsvoller Bittsteller
> Emmanuel Macron hofft, dass Deutschland Frankreich als Partner in Europa
> braucht. Ob das auf Gegenseitigkeit beruht, bleibt offen.
Bild: Immer schön die Deckung oben halten
In einem [1][Interview mit der französischen Tageszeitung Libération]
äußert sich der unabhängige Präsidentschaftskandidat Emmanuel Macron
ausführlich zu seiner Vision von Europa. Er plädiert darin für soziale
Harmonisierung und dennoch ein „Europa der verschiedenen
Geschwindigkeiten“, für eine gemeinsame Wirtschaftspolitik und besseres
Grenzmanagement, genauso wie für eine Flüchtlingspolitik, die sich am
deutschen Beispiel orientieren solle. All dies soll unter dem Dach der
erneuerten deutsch-französischen zusammenarbeit geschehen, so Macron, der
ansonsten voll des Lobes für Angela Merkel, aber auch Martin Schulz ist. Im
Rahmen der [2][Wahljahr-Partnerschaft mit der Libération] ist diese
Erwiderung entstanden.
Hört, hört! Der aussichtsreichste Bewerber um die französische
Präsidentschaft rührt die Werbetrommel für die deutsch-französische
Zusammenarbeit. Emmanuel Macron sagt, dass ein Europa gegen Deutschland
nicht möglich sei und erinnert sogleich beinahe reflexhaft sentimental an
die großen Zeiten der Partnerschaft zwischen den beiden Ländern.
Gemeinsam also sollen Frankreich und Deutschland dafür sorgen, dass Europa
nicht zerfällt. Einen Kern bilden, an dem sich die anderen Staaten
orientieren sollen. Die Deutschen müssten nur verstehen, dass sie
Frankreich vertrauen könnten. Der gefeierte Shooting-Star bettelt förmlich
um dieses Vertrauen.
Er wird wissen, dass das Frankreichbild in Deutschland nicht das beste ist.
Ganz so schlimm wie über die vermeintlich faulen Griechen wird über die
Franzosen zwar nicht gelästert, aber auch nicht viel weniger. Wenn es um
das Exportdefizit Frankreichs geht, die Arbeitslosigkeit, vor allem die
hohe Zahl von jungen Menschen ohne Beschäftigung, die Lebens- und
Wochenarbeitszeit, dann fällt in Deutschland schnell und herablassend das
Wort „Reformstau“.
## Illusion der Augenhöhe
Kaum jemand in Deutschland, wo die wirtschaftlichen Erfolge der vergangenen
Jahre die Basis nationalen Stolzes bilden, würde im Moment sagen, dass die
beiden Länder auf Augenhöhe agieren. Wie Frankreich wirklich tickt, warum
im Nachbarland eben vieles anders läuft als in Deutschland, das zu
verstehen, fällt den Eliten in Deutschland immer schwerer, die Mehrheit
interessiert es kaum.
Nein, das Vertrauen, das Macron sich wünscht, ist derzeit nicht zu haben.
Auch wenn er ganz vorne auf den Zehenspitzen stünde, wäre es weiterhin
Angela Merkels alleinige Entscheidung, ob sie den ungeliebten Schäuble
zurückhalten und Frankreich die Illusion des Agierens auf Augenhöhe lassen
würde.
Worauf Macron jedoch ganz richtig spekuliert, ist die Notwendigkeit für
Deutschland, Partner zu finden. Die jüngste Vergangenheit hat bewiesen,
dass kein einzelnes Land sich zum Hegemon des Kontinents aufspielen und
dessen Krisen im Alleingang bewältigen kann. Macron bietet den Deutschen
nun Frankreich als Partner an. Er hofft darauf, dass ihn sowohl Angela
Merkel, als auch Martin Schulz mit offenen Armen aufnehmen werden.
Augenhöhe ist das nicht.
Sicher, ein Europa gegen Deutschland ist nicht möglich. Nur, würde die
nächste deutsche Kanzlerschaft ähnlich hoffnungsvoll wie Macron auf eine
Wiederbelebung der Achse Paris-Berlin schauen? Und: Welches Europa ein
französischer Präsident Macron gemeinsam mit Deutschland schaffen will,
würden wir dann schon noch gerne etwas genauer wissen.
24 Mar 2017
## LINKS
[1] http://www.liberation.fr/elections-presidentielle-legislatives-2017/2017/03…
[2] http://blogs.taz.de/hausblog/2017/03/10/echt-jetzt-europa-taz-kooperiert-mi…
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
## TAGS
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