# taz.de -- Rüstungsexporteur Deutschland: Immer noch Gewehre für Erdoğan | |
> Wegen der Menschenrechtslage hat die Regierung seit Anfang 2016 elfmal | |
> Waffenexporte in die Türkei abgelehnt. Im selben Zeitraum erlaubte sie | |
> 267. | |
Bild: Erdowie, Erdowo, Erdowievielewaffen? Der türkische Staatschef bekommt we… | |
BERLIN taz | Wer Menschenrechte nicht achtet, Bürgerkrieg führt oder ein | |
Land mit angespannter innerer Lage regiert, bekommt keine Waffen. Mit | |
dieser Begründung hat die Bundesregierung sich im Februar geweigert, der | |
Türkei Gewehre zu liefern. Elf geplante Lieferungen verweigerte die | |
Bundesregierung von Januar 2016 bis März 2017. In demselben Zeitraum | |
genehmigte sie aber mehr als 20 Mal so häufig, dass Waffen an den | |
Nato-Partner Türkei geliefert werden. Das geht aus zwei Antworten an Fragen | |
von Bundestagsabgeordneten hervor, die der taz vorliegen. | |
„Genehmigungen nach dem Putschversuch vom Juli 2016 erfolgen nach außen- | |
und sicherheitspolitischer Prüfung“, [1][antwortet die Bundesregierung auf | |
die Frage des Linke-Abgeordneten Jan van Aken], wie viele Waffenlieferungen | |
abgelehnt wurden. Man berücksichtige bei Türkei-Exporten das Risiko „eines | |
Einsatzes im Kontext interner Repression oder des Kurdenkonflikts“. | |
Abgelehnt wurden Lieferungen im vergangenen November, diesen Januar und | |
diesen Februar. Zwischen 2010 und 2015 waren insgesamt nur acht Lieferungen | |
abgelehnt worden. | |
„Geht doch!“, kommentierte van Aken die Ablehnungen gegenüber der taz. | |
Allerdings dürfe Erdogans „immer diktatorischer auftretende Regierung“ | |
eigentlich „gar keine Waffen mehr“ erhalten. „Die Erdogan-Regierung führt | |
Krieg – im eigenen Land und in Syrien“, begründet van Aken seine Forderung. | |
Auch Özcan Mutlu es für „nicht ausgeschlossen“, dass deutsche Waffen gegen | |
das türkische Volk eingesetzt werden. Zwar seien die abgelehnten | |
Lieferungen ein „Zugeständnis“. Aber der Grüne relativierte die | |
Ablehnungen, indem er die Bundesregerierung fragte, [2][wie viele | |
Lieferungen denn genehmigt wurden]. | |
Wie aus der Antwort hervorgeht, wurden im vergangenen Jahr 213 Lieferungen | |
erlaubt, vor allem Exporte von Kriegsschiffen, Luftfahrzeugen und -technik, | |
militärischer Elektronik und Handfeuerwaffen. Unter den 54 erlaubten | |
Lieferungen in diesem Jahr waren vor allem Kriegsschiffe und | |
Handfeuerwaffen. Die zwei Genehmigungen, die aber zusammen am meisten Geld | |
nach Deutschland holten, gehörten zur Kategorie Bomben, Torpedos und | |
Flugkörper und brachten knapp 18 Millionen Euro ein. | |
## „Was muss noch passieren?“ | |
„Man fragt sich, was noch passieren muss, damit die Bundesregierung den | |
Knall hört und die Lieferungen von Waffen- und Rüstungsgüter ganz stoppt“, | |
kommentierte Mutlu gegenüber der taz. Die Bundesregierung betonte in beiden | |
Drucksachen, sie verfolge „eine restriktive Rüstungsexportpolitik“. | |
Auf die Kriterien, nach denen Rüstungsexporte verweigert werden dürfen, | |
haben sich die EU-Mitgliedsstaaten vor 20 Jahren geeinigt. Tatsächlich | |
verweigern Nato-Partner einander nur in Ausnahmefällen Waffenlieferungen. | |
Mutlu will das nicht gelten lassen: „Die Wahrung der Menschenrechte ist | |
ausschlaggebend, momentan können wir in der Türkei leider von der Beachtung | |
der Menschenrechte nicht sprechen. Die Meinungs- und Pressefreiheit ist | |
quasi außer Kraft gesetzt. Mit Deniz Yücel sind 155 Journalistinnen und | |
Journalisten im Gefängnis. Also, was muss noch passieren?“ | |
Die Inhaftierung von Deniz Yücel kritisierte zuletzt Frank-Walter | |
Steinmeier nach seiner Vereidigung als Bundespräsident. Außerdem forderte | |
er Recep Tayyip Erdoğan auf, „die unsäglichen Nazi-Vergleiche“ zu beenden. | |
Der türkische Präsident hat die Nazi-Vergleiche im Streit mit Deutschland | |
und anderen EU-Staaten in einem Fernsehinterview am Donnerstag verteidigt. | |
Zu den abgesagten Wahlkampfauftritten in Deutschland sagte Erdoğan, er | |
plane vor dem Referendum über ein Präsidialsystem in der Türkei keine Reise | |
in die Bundesrepublik. | |
24 Mar 2017 | |
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## AUTOREN | |
Jana Anzlinger | |
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