# taz.de -- Arbeitsmarktprognose 2017: Job-Boom im Wahljahr erwartet | |
> Arbeitsmarktforscher sagen eine Rekordbeschäftigung für 2017 voraus. | |
> Flüchtlinge beeinflussen die Arbeitslosenstatistik nur gering. | |
Bild: Flüchtlinge werden 2017 für 70.000 zusätzliche Erwerbstätige sorgen | |
Berlin taz | Der Jobmarkt boomt im Wahljahr: Forscher erwarten 2017 eine | |
Rekordbeschäftigung in Deutschland. Die Zahl der Erwerbstätigen werde in | |
diesem Jahr um rund 670.000 Menschen auf den Höchstwert von 44,26 Millionen | |
steigen, geht aus der am Freitag veröffentlichten [1][Prognose des | |
Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)] in Nürnberg hervor. | |
Die Zahl der Arbeitslosen nehme 2017 um 160.000 auf 2,53 Millionen ab, | |
heißt es in der Prognose. Das wäre der niedrigste Stand seit der | |
Wiedervereinigung – und eine Überraschung für viele Schwarzmaler, die | |
angesichts des Flüchtlingszuzugs seit 2015 einen großen Anstieg von | |
arbeitslos gemeldeten Flüchtlingen vorausgesagt haben. „Die gute | |
Entwicklung kompensiert die zusätzlichen Arbeitslosenmeldungen von | |
Flüchtlingen“, sagte IAB-Studienleiter Enzo Weber. | |
Der Zuzug von Geflüchteten werde in diesem Jahr die jahresdurchschnittliche | |
Arbeitslosigkeit nur um 60.000 Personen nach oben treiben, geht aus dem | |
Bericht hervor. Gleichzeitig werden die Flüchtlinge 2017 für 70.000 | |
zusätzliche Erwerbstätige sorgen. | |
Die geringe Auswirkung des Zuzugs auf die Arbeitslosenstatistik hat | |
verschiedene Gründe. Das Institut geht zwar von 890.000 Asylsuchenden im | |
Jahr 2015 aus, 280.000 im Jahr 2016 und etwa 200.000 Personen in diesem | |
Jahr. Ein kleiner Teil der Flüchtlinge, besonders aus den Balkanländern, | |
reiste und reist wieder aus und ein Drittel bekommt keinen Schutzstatus | |
## Besser als in vielen EU-Ländern | |
Aus der Flüchtlingszuwanderung seit 2015 werden sich Ende dieses Jahres | |
etwa 400.000 Personen auf Jobsuche, in Beschäftigungsmaßnahmen, Kursen oder | |
in Arbeit in Deutschland befinden, schätzt IAB-Studienleiter Weber. Davon | |
werden „nach unserer Prognose zum Jahresende 2017 ungefähr 140.000 Personen | |
in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung oder Minijobs sein“. | |
Viele der Geflüchteten werden 2017 in Integrationskursen, Weiterbildung | |
oder Beschäftigungsmaßnahmen stecken. Von den geflüchteten Frauen werden | |
schätzungsweise zwei Drittel gar keine Arbeit suchen, sondern bei ihren | |
Kindern bleiben wollen, so die Schätzung des IAB. Das zusätzliche Potential | |
der Flüchtlinge in großem Umfang in Beschäftigung umzumünzen, brauche Zeit, | |
heißt es in der Prognose. | |
Das IAB rechnet im laufenden Jahr mit einem Wirtschaftswachstum von 1,4 | |
Prozent für Deutschland. Die höchsten Stellenzuwächse in der Wirtschaft | |
erwarten die Forscher bei den öffentlichen Dienstleistern, in der Erziehung | |
und Gesundheit. Dies liegt unter anderem am Ausbau der Kindertagesstätten | |
und der Altenbetreuung. Auch die Flüchtlingsversorgung führe zu mehr | |
Beschäftigung bei den Dienstleistern, heißt es in dem Bericht. Zudem ist | |
die exportstarke Industrie ausgelastet, die Bautätigkeit nimmt zu. | |
„Die Erwerbstätigkeit folgt seit elf Jahren einem Aufwärtstrend, mit kurzer | |
Unterbrechung im Krisenjahr 2009“ heißt es in der Prognose. In Deutschland | |
ist die Entwicklung damit besser als in vielen EU-Ländern, wo die Forscher | |
teilweise „gravierende Probleme auf den Arbeitsmärkten und bei der | |
Verschuldungssituation einzelner Länder sowie in Teilen des Bankensektors“ | |
ausmachen. Das Votum Großbritanniens für einen Austritt aus der EU habe zu | |
neuen Unsicherheiten geführt. Die IAB-Experten erwarten kurzfristig jedoch | |
„keine starken Auswirkungen auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in | |
Deutsschland“. | |
SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz liegt also gewissermaßen im Trend, wenn | |
er sich in seinen Reden speziell an die „hart arbeitenden Menschen“ und | |
kaum an die Erwerbslosen wendet. Inwieweit sich der prognostizierte gute | |
Arbeitsmarkt auf die Wahlentscheidung der BundesbürgerInnen auswirken | |
könnte, ist allerdings nicht voraus zusagen. | |
24 Mar 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://doku.iab.de/kurzber/2017/kb0917.pdf | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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