# taz.de -- Kommentar Linkspartei und Wahl 2017: Das große Unbehagen | |
> Viele Wähler wollen zur Bundestagswahl zwar für die sozialer gewordene | |
> Schulz-SPD stimmen – nicht aber für Rot-Rot. Ist die Linke | |
> regierungsfähig? | |
Bild: Tragen sie wohl rot-rote Socken? | |
Die roten Socken sind nicht totzukriegen: 13 Jahre nach der berüchtigten | |
Anti-Rot-Rot-Kampagne des damaligen CDU-Generalsekretärs Hintze | |
[1][twitterte der aktuelle CDU-Generalsekretär Tauber] ein Bild von drei | |
PolitikerInnen unter einer Bettdecke. Darunter eine Warnung: „Wer am | |
Wahlabend mit dem verklärten Blick auf den Bürgermeister von Würselen | |
einschläft, läuft Gefahr, morgens im Bett zwischen Sahra Wagenknecht und | |
Toni Hofreiter aufzuwachen.“ Die Message: Wer SPD auf Bundesebene wählt, | |
kriegt den Kommunismus gratis dazu. | |
Ein plumpes Manöver. Und doch rührt Taubers Warnung an eine reale Angst vor | |
allem bürgerlicher WählerInnen. Die würden zwar gern Schwarz-Rot abwählen, | |
einer sozialer gewordenen Schulz-SPD ihre Stimme geben oder einer in die | |
Mitte gerückten grünen Partei. Aber sich auf keinen Fall auf eine ménage à | |
trois mit der Hardcoresozialistin Wagenknecht einlassen – und als | |
unsichtbarem Vierten auch noch mit deren Ehemann, dem Linkspopulisten Oskar | |
Lafontaine. | |
Das Duo Wagenknecht/Lafontaine steht nicht nur personell für die | |
unversöhnliche Feindschaft und das neurotische Konkurrenzverhältnis | |
zwischen den linken Expartnerparteien. Auch inhaltlich stehen die beiden | |
mit ihren Maximalforderungen (Spitzensteuersatz von 53 Prozent, | |
Euro-Abschaffung) für eine Politik, die, wie unlängst im Saarland, | |
WählerInnen an der Regierungsfähigkeit dieser Partei im Bund zweifeln | |
lässt. | |
Klar, in der Führungsspitze der Linkspartei sitzen mit Katja Kipping und | |
Bernd Riexinger auch moderatere PolitikerInnen. Die weisen Lafontaine in | |
die Schranken, wenn er mal wieder fremdenfeindliche Töne anschlägt, oder | |
Wagenknecht, wenn sie Zuzugsstopps fordert oder die Flüchtlingspolitik der | |
Kanzlerin mitverantwortlich für einen Terroranschlag sieht. Aber reichlich | |
Macht hat Wagenknecht trotzdem – sie ist schließlich Spitzenkandidatin. Und | |
Putinversteher wie sie, die vor allem in den westlichen Landesverbänden zu | |
Hause sind, könnten künftig in der Partei noch mehr Gewicht bekommen, wenn | |
die Linke im Osten weiter an die AfD verliert. | |
Wenn Wagenknecht in Talkshows fordert, dass Deutschland und die EU sich aus | |
sämtlichen Militäreinsätzen zurückziehen sollen, Deutschland die Nato | |
verlassen und die Sanktionen gegen Russland aufheben soll, ist sie den | |
Forderungen der AfD sehr nah und befindet sich gleichzeitig sogar im | |
Einklang mit ihrer Fraktion und dem Parteiprogramm. | |
Kommunismus ist das nicht. Aber eben auch keine verlockende Aussicht für | |
alle, die sich Signale für eine soziale, linke Politik wünschen – aber | |
keinen Systemsturz. | |
3 Apr 2017 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/petertauber/status/837014600579223558 | |
## AUTOREN | |
Nina Apin | |
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