| # taz.de -- Wahl in den Niederlanden: Wilders zerruttet | |
| > Der bisherige und künftige Premier Rutte siegt und verliert trotzdem. Das | |
| > Wahlergebnis zeigt: Das Parteienspektrum ist zersplittert. | |
| Bild: Er wird ihn nicht gänzlich los: Mark Rutte am Tag nach der Wahl neben Ge… | |
| Amsterdam taz | Spät am Abend tanzten die niederländischen Christdemokraten | |
| in Den Haag Polonaise. Quer durch das örtliche Verkehrsmuseum ging ihr | |
| Triumphzug. Zu feiern gab es einen Sprung von 13 auf 19 Sitze, was sie nur | |
| knapp hinter den Rechtspopulisten (20 Sitze) zur drittstärksten Partei | |
| macht. | |
| Der Christen Democratisch Appel (CDA) kehrt dadurch mit hoher | |
| Wahrscheinlichkeit zurück an die Macht – als Juniorpartnerin der liberalen | |
| Volkspartij voor Democratie (VVD) des alten und neuen Premiers Mark Rutte. | |
| Rutte, der vor seiner dritten Amtsperiode steht, ist nun in einer | |
| bemerkenswerten Situation. Zum einen, weil die VVD zugleich satte Verluste | |
| (von 41 auf 33 Sitze) erlitten und einen klaren Wahlsieg errungen hat. Er | |
| selbst sitzt nun, auch dank der allgemeinen Zustimmung [1][zu seinem | |
| Vorgehen in der Türkei-Krise], mit einem Mal fest im Sattel. | |
| Zumal aus internationaler Sicht ist das bedeutendste Ergebnis der | |
| vereitelte Wahlsieg der Rechtspopulisten. Diese rutschten mit 20 Sitzen | |
| deutlich unter ihre Umfragewerte. Auf den ersten Blick deutet das auf eine | |
| politische Konsolidierung hin. So interpretierte auch Mark Rutte am | |
| Mittwoch das Ergebnis. Die Niederlande, bilanzierte der Premier bereits | |
| nach den Exit-Polls euphorisch, hätten dem „verkehrten Populismus Einhalt | |
| geboten“. Im Wahlkampf hatte Rutte mehrfach betont, der Domino-Effekt von | |
| Brexit-Referendum und Trumpsieg könnte in den Niederlanden fortgesetzt oder | |
| gestoppt werden. | |
| ## Kein linearer Aufstieg für Wilders | |
| Zu bedenken ist jedoch, dass der Aufstieg von Wilders PVV in den letzten | |
| Jahren keineswegs linear geschah, sondern immer wieder Brüche aufwies, | |
| jeweils gefolgt von einem neuen Anstieg. In diesem Kontext lässt sich auch | |
| die trotzige Ankündigung Wilders' aus der Wahlnacht interpretieren, wonach | |
| Rutte ihn „noch lange nicht los“ sei. | |
| Sehr unterschiedlich fielen die Ergebnisse im progressiven Lager aus. Die | |
| liberalen Democraten66 (D66) vermochten mit ihrem entschieden | |
| proeuropäischen Profil jene Wähler anzuziehen, die der zunehmenden | |
| Europhobie im Land kritisch gegenüberstehen – und das sind noch immer | |
| Viele. Im Prinzip setzen sie damit ihren Trend der letzten Jahre fort, | |
| wobei der Sprung von 12 auf 19 Sitze diesen deutlich verstärkt. | |
| Offensichtlich wurden D66 auch für ihren klaren Standpunkt gegen die | |
| Polarisierung des Landes belohnt – von jenen, die dieser Entwicklung etwas | |
| entgegensetzen wollen. | |
| Dieses Motiv steht auch hinter dem Erfolg von [2][GroenLinks, die den | |
| größten Zuwachs verbuchten] und künftig mit 14 statt vier Abgeordneten im | |
| Parlament vertreten sind. Ökologie und soziale Gerechtigkeit waren weitere | |
| inhaltliche Trumpfkarten der Partei, deren Spitzenkandidat Jesse Klaver | |
| inmitten der euphorischen Wahlparty in Amsterdam betonte, dass der | |
| Populismus keineswegs gestoppt sei. | |
| Der Erfolg von GroenLinks und D66 ist das Leid der Sozialdemokraten PvdA. | |
| Sie stürzte von 38 auf neun Sitze und befindet sich damit in der schwersten | |
| Krise ihrer Geschichte. Was zum Teil daran liegt, dass sie im Gegensatz zu | |
| D66 und GroenLinks keine deutliche, stringente Agenda vorlegen konnte. | |
| Vielmehr nimmt man die Partei seit Jahren auf einem undefinierbaren | |
| Zick-Zack-Kurs zwischen sozialer Gerechtigkeit und Realpolitik wahr. Die | |
| Wut über die Kürzungspolitik, der sich die Sozialdemokraten zuletzt unter | |
| Federführung von Ruttes Liberalen verschrieben, lässt die Partei nun | |
| beinahe pulverisiert zurück. | |
| Bestätigt haben die Wahlen auch einen anderen langfristigen Trend: den der | |
| Fragmentierung des Parteienspektrums. Ganze 13 Fraktionen werden in der neu | |
| zusammengesetzten Tweede Kamer des Parlaments Platz nehmen, was die | |
| Koalitionsbildung wie erwartet zu einem hochkomplexen Rechenspiel werden | |
| lässt. Zu erwarten ist eine Koalition aus VVD, CDA und D66, der allerdings | |
| noch eine kleine bis mittelgroße Mehrheistbeschafferin fehlen würde. | |
| Unter den kleinen Parteien verbesserte sich die Tierschutzpartei PvdD von | |
| zwei auf fünf Sitze. Die Seniorenpartei 50 Plus stieg von zwei auf vier, | |
| die konfessionellen ChristenUnie (fünf) und SGP (drei) blieben konstant. | |
| Neu ins Parlament ziehen das rechte, anti-europäische Forum voor Democratie | |
| (FvD) mit zwei und die vor allem bei Muslimen beliebte Partei DENK mit drei | |
| Sitzen. | |
| 16 Mar 2017 | |
| ## LINKS | |
| [1] /!5388190&/ | |
| [2] /!5388520/ | |
| ## AUTOREN | |
| Tobias Müller | |
| ## TAGS | |
| Wahlen NIederlande | |
| Niederlande | |
| Mark Rutte | |
| Geert Wilders | |
| Wahlen NIederlande | |
| Wahlen NIederlande | |
| GroenLinks | |
| Wahlen NIederlande | |
| PVV | |
| Wahlen NIederlande | |
| Türkei Referendum | |
| Twitter / X | |
| Wahlen NIederlande | |
| Wahlen NIederlande | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Regierung in den Niederlanden: Das Kabinett steht | |
| Die Viererkoalition unter dem liberalen Premier Mark Rutte hat nur eine | |
| knappe Mehrheit. Die Gesetze für Migranten sollen verschärft werden. | |
| Niederländische Koalitionsverhandlung: An der Einwanderung gescheitert | |
| Die vier niederländischen Parteien finden in der Migrationspolitik nicht | |
| zueinander. Rechtspopulist Wilders nennt das „sehr gute Nachrichten“. | |
| Europäische Grüne im Wahlkampf: Aus Holland lernen | |
| Bei der Wahl in den Niederlanden hat „GroenLinks“ ordentlich gepunktet. | |
| Warum eine moderne Linke eine neue Sprache braucht. | |
| Kolumne Macht: Glaubwürdig bleiben | |
| Freuen wir uns erstmal über den Ausgang der Wahl in den Niederlanden. Und | |
| schauen dann nochmal wegen Geert Wilders genauer hin. | |
| Reaktionen auf niederländische Wahl: Kein Freifahrtschein für Europagegner | |
| Europäische Politiker äußern sich zum niederländischen Wahlausgang. Der | |
| Front National spricht von Erfolg, die AfD hätte sich ein besseres Ergebnis | |
| gewünscht. | |
| Ministerpräsident Rutte weit vor Wilders: Niederlande bleiben proeuropäisch | |
| Die liberale VVD geht als Sieger aus der Parlamentswahl in den Niederlanden | |
| hervor. Die Rechtspopulisten um Geert Wilders kommen wohl nur auf 20 Sitze. | |
| Türkisch-niederländische Beziehungen: Die Türkei zieht Konsequenzen | |
| Aus Protest gegen das Verhalten Den Haags kündigt Istanbul die | |
| Städtepartnerschaft mit Rotterdam. Niederländische Kühe sollen ausgewiesen | |
| werden. | |
| Gehackte Twitter-Accounts: Twitter kündigt Untersuchung an | |
| Über viele Twitter-Konten gingen Tweets mit „Nazialmanya“ und | |
| „Nazihollanda“ heraus. Auch verifizierte Accounts waren betroffen. | |
| Rechtspopulist politisch isoliert: Seltsam flügellahm | |
| Geert Wilders, Chef der rechten Freiheitspartei, hat gute Chancen bei der | |
| Parlamentswahl. Aber niemand will mit ihm koalieren. | |
| Grüner Wahlkampf in den Niederlanden: Für eine offene Gesellschaft | |
| Bahnt sich da eine Überraschung an? GroenLinks könnte stärkste progressive | |
| Kraft der Niederlande werden. Was Spitzenkandidat Jesse Klaver dafür tut. |