# taz.de -- Regierung in den Niederlanden: Das Kabinett steht | |
> Die Viererkoalition unter dem liberalen Premier Mark Rutte hat nur eine | |
> knappe Mehrheit. Die Gesetze für Migranten sollen verschärft werden. | |
Bild: Alter, neuer Regierungschef: Mark Rutte | |
AMSTERDAM taz | Weißer Rauch in Den Haag: Die Niederlande haben bald wieder | |
eine Regierung. Beteiligt am Kabinett „Rutte III“, benannt nach dem alten | |
und neuen Regierungschef Mark Rutte, sind neben dessen liberaler Partei VVD | |
die Christdemokraten (CDA), die liberalen Democraten66 (D66) sowie die | |
sozial-calvinistische ChristenUnie (CU). Mit 76 der 150 Parlamentssitze ist | |
ihre Mehrheit denkbar knapp. | |
Am Montag legten die Vorsitzenden den Koalitionsvertrag ihren Fraktionen | |
vor. Ende Oktober soll die Vereidigung der Kabinettsmitglieder stattfinden. | |
Das Ergebnis der längsten Koalitionsgespräche der niederländischen | |
Geschichte wird am heutigen Dienstag in Den Haag präsentiert. | |
Verschiedene Punkte wurden in den letzten Tagen bereits bekannt. So will | |
die Regierung Einkommen- und Unternehmensteuern senken, eine zweistufige | |
Flat-Tax einführen und den niedrigen der beiden Mehrwertsteuersätze von 6 | |
auf 9 Prozent erhöhen. | |
Bemerkenswert: Die niederländische Besonderheit des steuerlichen Abzugs von | |
Hypothekenzinsen soll künftig zügig reduziert werden. Eine Maßnahme, gegen | |
die sich vor allem die Wahlsiegerin VVD bislang gewehrt hatte. | |
## Kündigungsschutz lockern | |
Sozial-ökonomisch zielt die neue Regierung vor allem auf die Mittelschicht | |
und Betriebe ab. Davon zeugen auch ein höherer Freibetrag der | |
Vermögenssteuer (30.000 statt 25.000 Euro Spargeld) sowie die gekürzte | |
Bezugsdauer des vom Arbeitgeber bezahlten Krankengelds auf ein Jahr. Zudem | |
will man den Kündigungsschutz lockern. Der Arbeitnehmeranspruch auf eine | |
Festanstellung soll erst nach drei statt nach zwei Jahren greifen. | |
Der heterogene Charakter der Koalition kommt in den bislang bekannten | |
Vorhaben deutlich zum Ausdruck. So geht die Förderung des | |
„Bürgerschaftsgefühls“ vor allem auf die Christdemokraten zurück. Schül… | |
werden künftig über die Geschichte der „Wilhelmus“ genannten Nationalhymne | |
unterrichtet und sollen obligatorisch Parlament und Rijksmuseum besuchen. | |
Auffällig ist, dass das Parade- Projekt der D66, das Gesetz über ein | |
selbstbestimmtes Lebensende, offenbar nicht Teil des Koalitionsvertrags ist | |
– ein Zugeständnis an die Junior- Partnerin ChristenUnie. | |
D66 wird mit einem Pilot-Projekt zum staatlich autorisierten | |
Marihuana-Anbau und einer Verfassungsänderung entschädigt, wonach | |
Bürgermeister künftig von der Bevölkerung direkt gewählt werden können. | |
Auch sollen staatliche Behörden in Zukunft so weit wie möglich auf die | |
Registrierung des Geschlechts verzichten. | |
## Deals mit Nordafrika | |
Strenger wird es unter der „Rutte III“- Regierung in der Migrationspolitik: | |
So sollen anerkannte Flüchtlinge erst nach zwei Jahren Zugang zu | |
Sozialleistungen bekommen. Angestrebt werden auch „Deals“ mit | |
nordafrikanischen Staaten, um weniger Migranten nach Europa zu lassen. Im | |
Gegenzug will die neue Regierung „Hunderte“ Flüchtlinge „einladen“, so… | |
Tageszeitung Volkskrant. | |
Seitens der Oppositionsparteien gab es Kritik. Vertreter rechter Parteien | |
wie Geert Wilders (Partij voor de Vrijheid) und Thierry Baudet (Forum voor | |
Democratie) kritisierten die VVD als unzuverlässig. Die Sozialdemokraten | |
(PvdA), bisheriger Koalitionspartner der VVD, kündigte eine harte | |
Opposition an. | |
10 Oct 2017 | |
## AUTOREN | |
Tobias Müller | |
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