# taz.de -- EU-Verbot von Pestiziden: Besser für die Biene | |
> Die EU-Kommission will drei Pestizide im Freiland verbieten, weil sie | |
> gefährdeten Bienenvölkern schaden würden. Jetzt ist die Industrie sauer. | |
Bild: Summ, summ: eine Biene | |
BERLIN taz | Die Europäische Kommission schlägt wegen „hoher akuter Risiken | |
für Bienen“ ein Verbot von drei Pestiziden im Freiland vor. Die Wirkstoffe | |
aus der Gruppe der Neonikotinoide dürften nur noch in fest installierten | |
Gewächshäusern verwendet werden, heißt es in internen Entwürfen für | |
Durchführungsverordnungen. Die EU-Staaten sollen darüber im Mai abstimmen. | |
Bienen liefern nicht nur Honig, sondern bestäuben auch die allermeisten | |
Pflanzen und verhelfen ihnen so zu mehr Früchten. Doch Imker beklagen | |
massive Verluste von Bienenvölkern, auch weil Pestizide und Krankheiten die | |
Gesundheit der Tiere schädigten. Zudem sind viele Wildbienen-Arten bedroht. | |
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit habe vergangenen Oktober | |
erhebliche Risiken für Bienen durch den Einsatz der Insektengifte | |
Clothianidin und Imidacloprid bei den meisten Pflanzenarten festgestellt, | |
begründet die Kommission ihren Vorschlag. Für die dritte betroffene | |
Chemikalie, Thiamethoxam, habe die Industrie nicht die Daten vorgelegt, die | |
die Behörden angefordert hätten, um Risiken zu überprüfen. Vorsichtshalber | |
soll deshalb auch dieses Mittel innerhalb von Monaten nach Beschluss der | |
Verordnungen von den Feldern verschwinden. | |
Die EU und die Bundesregierung haben in den vergangenen Jahren vor allem | |
verboten, mit den Pestiziden Pflanzen zu behandeln, die von Bienen | |
angeflogen werden. Ein Grund war, dass [1][mit Clothianidin behandeltes | |
Maissaatgut 2008 in Deutschland rund 11.500 Bienenvölker geschädigt] hatte. | |
Die nun geplanten Verordnungen würden den Einsatz der Neonikotinoide zum | |
Beispiel auch bei Zuckerrüben, Äpfeln und Kartoffeln im Freiland | |
vollständig untersagen. Die Mittel wären nur noch erlaubt bei Pflanzen, die | |
im Gewächshaus bleiben. | |
## Totalverbot wäre konsequenter | |
Die Umweltorganisation Greenpeace begrüßte den Vorschlag. „Die Kommission | |
hat endlich begriffen, dass diese bienengefährdenden Pestizide in der | |
Landwirtschaft nicht mehr eingesetzt werden dürfen“, sagte Agrarexpertin | |
Christiane Huxdorff. „Ein umgehendes Totalverbot wäre allerdings | |
konsequenter.“ Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) müsse | |
die drei Pestizide in Deutschland sofort vom Markt nehmen. Sein Ministerium | |
solle bei der Abstimmung über die Kommissionsvorschläge gegen eine weitere | |
Zulassung votieren. | |
Der grüne Bundestagsabgeordnete Harald Ebner verlangte, auch andere | |
Neonikotinoide, insbesondere Thiacloprid und Acetamiprid, zu untersagen. | |
„Die bisherigen Teilverbote für vier Wirkstoffe werden dem | |
Gefahrenpotenzial dieser Wirkstoffgruppe nicht gerecht und haben in | |
Deutschland auch nicht zu einer verringerten Gesamteinsatzmenge der | |
Neonikotinoide geführt“, so der Politiker. | |
„Wir lehnen den aktuellen Vorschlag der EU-Kommission, die Anwendung von | |
Neonikotinoiden weiter einzuschränken, entschieden ab“, teilt dagegen der | |
Chemiekonzern Bayer mit, der Clothianidin und Imidacloprid herstellt. Der | |
Entwurf stütze sich auf eine Leitlinie zum Bienenschutz, die bis heute | |
nicht die notwendige Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten habe und deshalb für | |
die Zulassung von Pestiziden nicht rechtlich bindend sei. Außerdem seien | |
etwa Behörden in den USA und Kanada zu dem Schluss gekommen, dass | |
Neonikotinoide „kein unnehmbares Risiko für Honigbienenvölker“ darstellte… | |
Syngenta, der Produzent von Thiamethoxam, antwortete bis zum | |
Redaktionsschluss nicht auf eine Bitte der taz um Stellungnahme. | |
26 Mar 2017 | |
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## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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