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# taz.de -- Suche nach Massengräbern im Kongo: UN-Experten vermutlich entführt
> Sie suchten Massengräber. Jetzt suchen alle nach ihnen: Im Kongo sind
> UN-Experten verschwunden, die im Fall eines Massakers der Armee
> ermittelten.
Bild: Wie lange sind sie noch da? Ein Blauhelmsoldat im Kongo
Kampala taz | „Wir beten für dich!“, „Wir denken an dich!“ – die
Facebookseite des UN-Ermittlers Michael Sharp ist mittlerweile voller
Bekundungen von Freunden und Kollegen. Der US-Amerikaner Sharp und die
Schwedin Zaida Catalán wurden am Sonntag im Kongo als vermisst gemeldet.
Bis heute fehlt von ihnen jede Spur.
Sie waren gemeinsam mit einem kongolesischen Übersetzer mit Motorrädern in
der Region Kasai unterwegs, mitten im neuesten Konfliktgebiet in dem
gewaltigen Land. Sie hatten eine heikle Mission, bestätigen ihre Kollegen:
Massaker untersuchen.
Vergangene Woche hatte UN-Menschenrechtskommissar Seid Ra’ad al-Hussein
erklärt, es seien in Kasai Massengräber gefunden worden. Die UN-Experten,
die im Kongo Verstöße gegen die UN-Sanktionen gegen bewaffnete Gruppen
recherchieren, sollten dem nachgehen. Michael Sharp ist Vorsitzender der
UN-Expertengruppe, Catalán ist zuständig für Menschenrechte.
Handy-Videos, die auch der taz zugespielt wurden, hatten die Ermittler auf
eine Spur gebracht. Sie zeigen brutale Grausamkeiten: Soldaten der
kongolesischen Armee massakrieren auf einer Landstraße junge Männer, manche
von ihnen fast noch Kinder. Lediglich mit Stöcken bewaffnet, den typischen
Fetisch um den Hals, protestieren die Jugendlichen schreiend gegen die
anrückenden Truppen – da werden sie von halbautomatischen Gewehrsalven
niedergemäht.
## „in den Händen unbekannter negativer Kräfte“
Die Handy-Kamera, mutmaßlich von einem der Soldaten betätigt, filmt in rund
sieben Minuten zahlreiche Leichen und Schwerverletzte in Nahaufnahme. Die,
die noch nicht tot sind, werden wehrlos im Gras liegend von weiteren Kugeln
niedergestreckt – im Hintergrund hört man Jubelschreie.
Die Toten gehören zu einer lokalen Miliz, deren Anführer Kamuina Nsapu, ein
traditioneller Chief, sich gegen Präsident Joseph Kabila ausgesprochen
hatte. Die Region Kasai gilt von jeher als Oppositionshochburg. Nsapu war
im August von der Polizei ermordet worden, was seitdem zu gewaltsamen
Auseinandersetzungen zwischen der Armee und Nsapus Anhängern führt.
Nach UN-Angaben hat die Armee im Kampf gegen die Miliz mindestens 400
Menschen ermordet. Hunderttausende sind auf der Flucht. Immer wieder rücken
Milizionäre auch in Großstädte ein. Am Dienstag meldeten lokale Medien
Kämpfe aus der Millionenstadt Kananga, Hauptstadt der Provinz
Kasai-Central.
Aus Kananga waren auch die UN-Ermittler aufgebrochen, bevor sie auf einer
Landstraße verschwanden. „Sie sind in den Händen unbekannter negativer
Kräfte“, erklärte Kongos Regierungssprecher Lambert Mende am Montag. Aus
Armeekreisen hört man, sie seien vermutlich von Nsapus Milizionären
entführt worden. Andere Quellen vermuten, sie seien von Soldaten
verschleppt worden, um die Ermittlungen wegen der Massaker zu verhindern.
## Kongos Präsident fordert seit Jahren den Abzug
Charles-Antoine Bambara, Sprecher der UN-Mission im Kongo (Monusco) betont,
die UN würden „alles Erdenkliche unternehmen“, um die beiden Experten zu
finden.
Dieser Zwischenfall passiert zu einem entscheidenden Zeitpunkt: Ende März
muss im UN-Sicherheitsrat das Mandat für die Kongo-Mission erneuert werden.
Kongos Präsident Joseph Kabila fordert seit Jahren den Abzug. Auch die UN
will langfristig ihre weltweit größte Mission dichtmachen. Allerdings muss
sie erst ihr Mandat erfüllen: die Auflösung aller Milizen. Dafür will die
UN erst mal die Zahl ihrer Soldaten aufstocken. In jüngster Zeit erweisen
sich jedoch Armee und Polizei als Kongos brutalste bewaffnete Akteure.
14 Mar 2017
## AUTOREN
Simone Schlindwein
## TAGS
Kongo
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