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# taz.de -- Politik an Hochschulen: Wie politisch darf der AStA sein?
> Ein Rechtsstreit an der Universität Frankfurt zeigt: Es ist ungeklärt,
> wie politisch sich Studierendenvertretungen äußern und engagieren dürfen.
Bild: Dürfen sich Studierendenvertreter*innen nur zu hochschulpolitischen Them…
Frankfurt taz | Pragmatisch klingt es, was Bodo Steffen zu dem Urteil sagt:
„Man kann sich darüber freuen, weil man hat ja nicht verloren.“ Gewünscht
hätte sich der Pressereferent des AStA Hannover jedoch ein klares
politisches Zeichen in dem Gerichtsstreit zwischen dem Allgemeinen
Studierendenausschuss (AStA) der Uni Frankfurt und einem „Pick-up-Artist“.
Dieser sorgt seit über einem Jahr deutschlandweit für Aufmerksamkeit. Unter
anderem der AStA Hannover hatte sich [1][mit den Frankfurtern
solidarisiert], denn der Streit hat Relevanz. Betrifft er auch die brisante
Trennung von allgemein- und hochschulpolitischem Mandat der ASten. Diese
können sich nämlich als gewählte Studierendenvertretungen und
Körperschaften öffentlichen Rechts nicht zu allen allgemeinpolitischen
Themen äußern. So ist es in den jeweiligen Hochschulgesetzen der Länder
geregelt.
Wann genau politisches Engagement jedoch zu weit geht, ist nicht immer
klar. Obwohl der rein formale Sieg vor dem Landgericht Frankfurt diese
Frage ausklammert, zieht Valentin Fuchs, Vorstand des AStA Frankfurt,
dennoch „politischen Aufwind“ aus dem Urteil: „Wir sind erleichtert. Das
ist Rückenwind für studentische Plattformen.“
## Wann überschreiten ASten ihr politisches Mandat?
Im Kern ging es dem AStA darum, sein hochschulpolitisches Mandat nicht
beschneiden zu lassen und ein klares Zeichen gegen Sexismus zu setzen. Das
Oberlandesgericht hatte dem AStA und dessen Zeitung in seiner
Urteilsbegründung vor einem Jahr das Recht abgesprochen, [2][sich zu dem
allgemeinpolitischen Thema „Pick-up-Artists“ zu äußern] – also zu Männ…
die damit prahlen, Frauen notfalls mit Gewalt ins Bett zu kriegen. In
letzter Konsequenz fiel das Urteil jedoch deshalb zugunsten des Klägers
aus, weil dieser unzulässig identifizierbar gemacht worden sei, so die
Begründung.
Wann aber überschreiten ASten ihr politisches Mandat? Grundsätzlich haben
sie die Aufgabe, die Interessen der Student*innen zu vertreten, die von der
Wohnungssuche bis zur Rechtsberatung reichen. Große politische Erfolge
konnten ASten zuletzt etwa bei Semestertickets und der Abschaffung von
Studiengebühren verbuchen.
In Baden-Württemberg setzten sich die ASten aktuell gegen die geplante
Wiedereinführung der Studiengebühren ein. Und das ist auch juristisch
völlig unstrittig. Auch dass ASten sich klar politisch äußern, wenn sie
Antirassismus- oder LGBTI-Referate an ihrer Hochschule aufbauen.
## Aufruf zur Pegida-Gegendemo überschreitet Grenze
Die Meinungen, wann das politische Engagement von
Studierendenvertreter*innen das AStA-Mandat sprengt, gehen aber dann
auseinander, wenn ihre Aktionen über Hochschulpolitik hinausgehen. So wie
an der [3][Uni Osnabrück]. Dort hatte im Juli 2015 ein Jurastudent in 74
Einzelfällen gegen den AStA geklagt. Der AStA hätte sich ein
allgemeinpolitisches Mandat angemaßt, das ihm nicht zustehe, und vor allem
linkspolitische Hochschulgruppen und Projekte unterstützt.
Das Verwaltungsgericht stellte sich auf die Seite des AStAs: Die meisten
Fälle seien nach Niedersächsischem Hochschulgesetz noch von dessen
„politischem Bildungsauftrag“ gedeckt. Zwölf der Fälle kritisierte das
Gericht jedoch als Grenzüberschreitungen – unter anderem den Aufruf zu
einer Pegida-Gegendemo und ein Willkommenstransparent für Geflüchtete.
Die Auslegung des Gerichts wirft für Studienvertreter*innen heikle Fragen
auf: Können sie sich künftig nicht mehr zu Trump, Rassismus oder Populismus
äußern? Wie ernst muss man eine Klage gegen eine Demo nehmen? Können sie
sich einen Prozess mit offenem Ausgang finanziell überhaupt leisten?
## Warten auf den Präzedenzfall
Medienrechtsanwalt Marc-Oliver Srocke stellt sich klar aufseiten der ASten:
„Universität ist ein Ort, an dem Diskurse stattfinden. Es ist die Aufgabe
von Studentenvertretungen, sich auch zu gesellschaftlich und politisch
relevanten Themen zu äußern.“ Wenn sich ASten – und deren Zeitungen –
strikt auf Hochschulthemen beschränken müssten, „dürften sie nur über
Mensaessen oder Semesterticket schreiben“. AStA-Zeitungen müsse es möglich
sein, Student*innen eine Plattform zur Meinungsäußerung zu bieten.
Diese können sich dann wiederum auf ihr Grundrecht der freien
Meinungsäußerung berufen. Und für Srocke wiegt das im Fall des
Pick-up-Artisten eindeutig schwerer als vermeintlich verletzte
Persönlichkeitsrechte. Das Landgericht hätte also ein klares Zeichen für
das politische Mandat von ASten setzen können. Für andere
Studierendenvertretungen im Land heißt das: Auf den Präzedenzfall müssen
sie noch warten.
Das kann der Streit an der Universität Frankfurt aber noch werden. Der
„Pick-up-Artist“ hat Anfang Januar Berufung eingelegt. Es könnte erneut zu
einer Verhandlung kommen. AStA-Vorsitzender Valentin Fuchs ist trotz der
bisherigen Urteile optimistisch und hofft, dass die Klage dann auch
inhaltlich abgewiesen wird.
9 Mar 2017
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## AUTOREN
Astrid Ehrenhauser
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