# taz.de -- Transparenz in Bremer Behörden: Gesetz gut, Umsetzung schlecht | |
> Bremen hat Bronze im bundesweiten Transparenzranking. Behörden kommen | |
> jedoch ihrer Veröffentlichungspflicht deutlich zu selten nach | |
Bild: Soweit muss es nicht kommen: Nach der Akteneinsicht in der Stasi-Zentrale… | |
BREMEN taz | Bremens Behörden sind zu 63 Prozent durchsichtig: Beim ersten | |
bundesweiten Transparenzranking der Open Knowledge Foundation und dem | |
Verein Mehr Demokratie belegt Bremen den dritten Platz hinter Hamburg und | |
Schleswig-Holstein. „Die Reform des Informationsfreiheitsgesetzes von 2015 | |
wirkt“, sagt Tim Weber von Mehr Demokratie, „aber es ist noch Luft nach | |
oben.“ | |
Das Ranking misst die Bundesländer an einem optimalen Design: 100 Punkte | |
entsprechen vollkommener Transparenz. Hamburg ist mit 69 Punkten auf Platz | |
eins, gefolgt von Schleswig-Holstein mit 66 Punkten. Stärken des Bremer | |
Gesetzes sind die eigenständige Veröffentlichung – seit 2015 sind bremische | |
Behörden verpflichtet, gewisse Daten ohne Antrag zu veröffentlichen (siehe | |
Kasten) – und nur wenige Ausnahmen: Bis auf Rundfunk und Geheimdienste sind | |
alle Behörden auskunftspflichtig. Das Gesetz punktet auch durch | |
Abwägungsklauseln – etwa von Betriebsgeheimnissen – zugunsten der | |
Öffentlichkeit. | |
Aber: Im ersten Jahr nach der Gesetzesreform haben Behörden nur 39 von 238 | |
Verträgen veröffentlicht, die nach der Neuregelung öffentlich sein müssten. | |
Davon sind allein 34 vom Finanzressort. Das geht aus einer [1][Antwort des | |
Senats] auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor. „Insofern ist die | |
gesetzliche Grundlage gut“, sagt Studienautor Arne Semsrott, „wird aber | |
nicht befolgt.“ | |
Die Autoren kritisieren ebenfalls, wie Bremen mit Anträgen umgeht. Behörden | |
seien gesetzlich nicht dazu verpflichtet, BürgerInnen bei einem Antrag zu | |
unterstützen. Auch ein entsprechendes Online-Tool fehle. Sollten Behörden | |
Anfragen nicht fristgerecht beantworten, würden sie nicht sanktioniert. | |
„Sie können Anfragen aussitzen, wenn sie Informationen nicht herausgeben | |
wollen“, sagt Tim Weber. | |
## „Das Gesetz ist nur so gut wie seine Realisierung“ | |
Miriam Strunge, Sprecherin der Linksfraktion für Informationsfreiheit, | |
kennt das Problem: „Wir hoffen auf eine Mehrheit im Parlament, um das | |
Gesetz noch in dieser Legislaturperiode zu verbessern“, sagt sie. Die CDU | |
sieht woanders Handlungsbedarf: „Wir müssen über Rechte und Möglichkeiten | |
informieren“, sagt Susanne Grobien. Denn bisher würden nur wenige | |
BürgerInnen das IFG nutzen. | |
Der Grünen-Abgeordnete Mustafa Öztürk, der die Gesetzesnovelle 2015 mit | |
entworfen hat, ist mit der Platzierung zufrieden: „Bronze ist schön, Gold | |
wäre toll gewesen.“ Verbesserungsbedarf sei immer vorhanden: Derzeit würden | |
Design und Suchfunktion des Transparenzportals überarbeitet. Die Verwaltung | |
müsse das Gesetz zwar besser umsetzen. Bremen sei aber schon jetzt | |
„verdammt transparent“. | |
Die Kritik der Studie weist er zurück: „Werden Anfragen nicht beantwortet, | |
gehen wir dem nach“, so Öztürk. Auch würden Behörden bei Anträgen helfen, | |
wenn BürgerInnen sie darum bitten. Gesetzliche Sanktionen lehne er ab: „Ich | |
setze auf Gespräche“, sagt Öztürk. Und: „Wie sollen diese Sanktionen | |
aussehen?“ | |
Die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Imke | |
Sommer, braucht keine weiteren Sanktionsmöglichkeiten: „Wenn wir von | |
Problemen bei der Durchsetzung des Gesetzes erfahren, schalten wir uns | |
ein.“ Das Ranking scheine ihr auf Missverständnissen zu beruhen und etwas | |
streng zu sein. So existiere ein Onlineantrag für IFG-Anfragen, dieser sei | |
aber versteckt. „Das wird der Grund dafür sein, dass die Autoren der Studie | |
ihn nicht gefunden haben“, so Sommer. | |
Sie wünsche sich, den Antrag wieder prominenter zu verorten. Weiterhin | |
seien die Autoren der Studie dem weit verbreiteten Irrtum aufgesessen, die | |
Transparenzidee sei erstmalig im Hamburgischen Gesetz formuliert worden. | |
„Diese Verpflichtung gilt in Bremen seit fast elf Jahren“, sagt Sommer. | |
Am Freitag veröffentlicht sie den aktuellen Jahresbericht zur | |
Informationsfreiheit. „Die größte Baustelle bleibt die vollständige | |
Umsetzung der letzten Novelle“, so Sommer, „denn das beste Gesetz ist nur | |
so gut wie seine Realisierung.“ | |
7 Mar 2017 | |
## LINKS | |
[1] https://kleineanfragen.de/bremen/19/757-veroeffentlichung-von-vertraegen-de… | |
## AUTOREN | |
Lukas Thöle | |
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