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# taz.de -- „Lager Horst abschaffen!“: In Isolation
> Die BewohnerInnen der Flüchtlingseinrichtung in Nostorf/Horst
> protestieren: Sie seien fast komplett vom Verkehr abgeschnitten.
Bild: Irgendwo im Nirgendwo liegt Nostorf/Holst: Die dort untergebrachten Gefl�…
Hamburg taz | Fast zwei Stunden ist man unterwegs, wenn man von der
Hamburger Innenstadt zur Erstaufnahmeeinrichtung Nostorf/Horst fahren
möchte. Für Freitag rufen die BewohnerInnen des Flüchtlingslagers zum
Protest auf. „Solidarität statt Isolation“, fordern sie, und „Lager Horst
abschaffen!“
Die isolierte Lage der Unterkunft wird am heutigen Mittwoch auch die
Bürgerschaft beschäftigen. Die Linksfraktion will einen Antrag zum Thema
stellen, in dem sie fordert, den BewohnerInnen „erweiterte
Mobilitätskarten“, also Fahrkarten für den Hamburger Verkehrsverbund (HVV)
und darüber hinaus, zur Verfügung zu stellen. Im Gegensatz zu allen anderen
BewohnerInnen Hamburger Erstaufnahmen bekommen die Menschen in Horst keine
vergünstigten Fahrkarten für den HVV-Großbereich.
Das liegt daran, dass die Unterkunft gar nicht im HVV-Bereich liegt, obwohl
sie für Hamburger Geflüchtete genutzt wird. Seit 2006 besteht eine
entsprechende Kooperation zwischen der Hamburger Innenbehörde und der des
Landes Mecklenburg-Vorpommern. Aber wenn die BewohnerInnen Behörden,
Sprachkurse, ÄrztInnen oder FreundInnen besuchen oder einfach am Stadtleben
teilnehmen wollen, müssen sie den HVV nutzen. Von der Unterkunft bis zur
nächsten HVV-Haltestelle in Lauenburg sind es sechs Kilometer zu Fuß. Ein
Bus fährt alle zwei Stunden dorthin.
Der rot-grüne Senat argumentierte in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage
der Linksfraktion, es gebe ja für die Geflüchteten die Möglichkeit, Gelder
für Fahrkarten einzeln zu beantragen – allerdings auch nur, wenn die
Fahrten Behördengängen oder Ähnlichem dienen. Aber auch das klappt in der
Praxis oft nicht.
## Integration ist so nahezu unmöglich
Marek Eisinger ist ehrenamtlicher Helfer in Nosdorf/Horst. „Die Menschen
empfinden es als Drangsalierung, in Horst leben zu müssen“, sagte er. Die
Abgeschiedenheit sei nicht das einzige Problem, auch die mangelnde
Gesundheitsversorgung und das Fehlen von Infrastruktur in der Umgebung
seien problematisch. „Was in anderen Unterkünften Standard ist, wie zum
Beispiel ein abschließbarer Schrank, fehlt hier“, sagte er.
Ein jugendlicher Iraker, den Eisinger in Behördenangelegenheiten vertritt,
habe sich im Januar eine Monatskarte kaufen müssen, um unter anderem seinen
Anwalt zu treffen. Nun forderte Eisinger das Geld bei der zentralen
Leistungsstelle für Hamburger AsylbewerberInnen zurück. Die aber reagiere
seit zwei Monaten nicht.
Die flüchtlingspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Christiane
Schneider, kritisierte, dass Integration so nahezu unmöglich werde.
„Hamburg fordert von den Geflüchteten, dass sie ab der ersten Woche
Integrationsleistungen erbringen, aber Mobilität wird ihnen nur
eingeschränkt gewährt.“ Dabei gebe es überhaupt keinen Grund, mit den
Bewohnern der Unterkunft in Nostorf/Horst anders umzugehen als mit
anderen.Auch der Flüchtlingsrat kritisiert den schlechten Zustand und die
isolierte Lage in Horst schon seit Jahren.
Der Antrag zur erweiterten Mobilitätskarte wird in der Bürgerschaft aber
keine Chance haben. Die rot-grüne Koalition hat sich darauf verständigt,
dagegen zu stimmen. „Eine Mobilitätskarte, die über den HVV-Gesamtbereich
hinausreicht, ist aus formalen und finanziellen Gründen schwer zu
realisieren“, sagte die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen, Antje
Möller. Schließlich bekämen die Geflüchteten, die keine Fahrkarte haben,
dafür 29 Euro mehr – eben den Betrag, der den anderen für die Fahrkarte
abgezogen wird. Zudem verwies sie auf die Möglichkeit, in Einzelfällen die
Kosten für eine Fahrkarte erstattet zu bekommen.
1 Mar 2017
## AUTOREN
Katharina Schipkowski
## TAGS
Erstaufnahme
Hamburg
Integration
Unterkunft
Schwerpunkt Flucht
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