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# taz.de -- Linken-Klausur in Leipzig: Rot und Rot wollen sich grün sein
> Die Linksfraktion zeigt sich bei der Klausurtagung in Leipzig zufrieden,
> setzt auf Bürgerbeteiligung – und freut sich über die allgemeine
> Wechselstimmung.
Bild: Engagierte Debatte mit Berlins Linksfraktions-Chefin Carola Blum
Der größte Freund der Berliner Linksfraktion, die sich am Wochenende zu
einer Klausurtagung in Leipzig traf, ist der Koalitionsvertrag. Ihr größter
Gegner, so schien es mitunter: die SPD. „Wir kriegen nicht einen Schritt
aus dieser Koalitionsvereinbarung geschenkt“, hatte die Linken-Haushälterin
Manuela Schmidt in der Generaldebatte zum Auftakt des dreitägigen Treffens
gesagt. Und Fraktionschef Udo Wolf versprach, darauf zu drängen, „dass das,
was im Koalitionsvertrag steht, auch umgesetzt wird“. Ganz aktuell etwa
müsse man sich des Versuch der SPD erwehren, den Bereich Ausbildung der
Innenverwaltung zuzuschlagen, statt – wie vereinbart – die Verantwortung
für das Landespersonal im Finanzressort zu bündeln.
Die auf vier Stunden angesetzte Aussprache war weniger von inhaltlichen
Kontroversen geprägt – die Zufriedenheit über das, was in den laut Wolf
„sehr schwierigen“ Verhandlungen mit SPD und Grünen erreicht wurde, ist
groß und einhellig – als durch ein ständiges Ringen um die politische
Kultur innerhalb der Koalition. Die Abgeordneten haben das Mantra ihres
Spitzenkandidaten im Wahlkampf, Klaus Lederer, verinnerlicht: Keine der
Parteien dürfe sich auf Kosten der Partner profilieren. Die Linke sieht
sich in einer doppelten Wächterfunktion: für die vereinbarten Inhalte
einerseits und das gute, kooperative Regieren andererseits.
Dass die SPD von den eingeübten Egoismen ihrer Konfliktbeziehung mit der
CDU geprägt ist, lässt die Linke zuweilen hadern. Nicht immer würden die
gemeinsamen Regeln eingehalten, stets bestehe die Gefahr, in
„Parteiegoismen und Kleingeistigkeit“ zurückzufallen, so Wolf.
Die größte Krise der holprig gestarteten Regierung war für ihn dann auch
nicht die Misere um den in Leipzig ebenfalls anwesenden Ex-Staatssekretär
und jetzigen Fraktionsberater Andrej Holm. Wolf verwies stattdessen auf die
Manöver der SPD, nach dem Anschlag vom Breitscheidplatz mit
sicherheitspolitischen Forderungen in die Offensive zu kommen – unter
Missachtung der Koalitionspartner.
## Jung und gemischt
Dass die Linke über eingefahrene Muster hinausgehen will, verdeutlichte ihr
für die Klausur gewähltes Schwerpunktthema Bürgerbeteiligung. In der
27-köpfigen, zur Hälfte neuen Fraktion, die so jung und so
Ost-West-gemischt ist wie nie zuvor, ist man sich einig, dass man Politik
nicht so weitermachen könne wie bisher. Der Anspruch: Statt von oben herab
möchte man Politik gemeinsam mit der Stadtgesellschaft entwickeln.
Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher warb für umfangreiche
Bürgerbeteiligungen bei Bauvorhaben, Sozialsenatorin Elke Breitenbach für
eine Weiterentwicklung des Partizipations- und Integrationsgesetzes – unter
anderem mit dem Ziel, den Anteil der Beschäftigten mit
Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst zu erhöhen.
Hier allerdings hat die Linke selbst noch Nachholbedarf: „Ich sehe nur hier
oben einen Hakan“, so der innenpolitische Sprecher Hakan Taş, der ebenfalls
auf dem Podium Platz genommen hatte.
Wie die Regierungskoalition funktionieren und dass die SPD auch Freund sein
kann, zeigte die Debatte über Kinderarmut. Eingeladen war hierzu
SPD-Bildungssenatorin Sandra Scheeres, die sich sichtlich wohlfühlte
zwischen ihrer Senatskollegin Breitenbach und Carola Bluhm, mit Wolf
Fraktionsvorsitzende: „Es tut einfach gut zu wissen, sie bei diesem Thema
an meiner Seite zu haben.“
30.000 weitere Kita-Plätze, Rechtsanspruch ab dem ersten Lebensjahr, Ausbau
der Ganztagsschulen, Gründung einer Landeskommission gegen Kinderarmut –
die Aufgaben sind definiert und wollen gemeinsam angegangen werden. „Da
sehe ich ganz tolle Chancen für Rot-Rot“, entglitt es dem
Treptow-Köpenicker Stadtrat Gernot Klemm, ehe ihm einfiel, dass auch die
Grünen an der Koalition beteiligt sind.
Nachtragshaushalt, Stadtwerke, das Freiziehen der Flüchtlingsnotquartiere –
die Koalition kann gemeinsam ihre Ziele erreichen, auch das wurde immer
wieder betont. Anspruch und Hoffnung innerhalb der Partei weisen dabei über
Berlin hinaus. Eine erfolgreiche Koalition sei von gesellschaftspolitischer
Bedeutung, da gab es keine zwei Meinungen. Bundesgeschäftsführer Matthias
Höhn sprach mit Blick auf die Bundestagswahl und dem Aufschwung der SPD
unter Martin Schulz von einer „Wechselstimmung in der Bundesrepublik wie
seit 1998 nicht mehr“. Die Hoffnung auf Rot-Rot-Grün im Bund lebt.
Fraktionschef Udo Wolf sekundierte: „Diese Hoffnung wollen wir in Berlin
befördern.“
26 Feb 2017
## AUTOREN
Erik Peter
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Schwerpunkt taz Leipzig
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin
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