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# taz.de -- Prozess um Ausreiseverbot: Justiz bremst IS-Sympathisantin aus
> Hildesheim untersagt einer Libanesin die Ausreise – zu Recht, wie ein
> Gericht in Hannover urteilt. Die Frau könnte eine Terrororganisation
> unterstützen.
Bild: Der „Islamkreis“ in Hildesheim wurde im November gestürmt
HANNOVER taz | Eine 1986 in Beirut geborene Frau ist mit ihrer Klage gegen
ein von der Stadt Hildesheim erlassenes Ausreiseverbot aus Deutschland vor
dem Verwaltungsgericht Hannover gescheitert. Es bestehe die Gefahr, „dass
sich die Klägerin ins Kriegsgebiet in Syrien oder im Irak begibt“, sagte
der Vorsitzende Richter der 13. Kammer, Martin Goos, in einer kurzen
mündlichen Urteilsbegründung. Nicht auszuschließen sei, dass sie dort die
Terrororganisation des sogenannten Islamischen Staates (IS) zumindest
„logistisch unterstützen“ wolle. Wie im Ausländer- und Passgesetz für ei…
Ausreiseuntersagung gefordert, gefährde dies „erhebliche Belange der
Bundesrepublik“.
Die mit ihren Eltern als Dreijährige aus dem Libanon nach Deutschland
eingereiste Kaoukab el A. war nach Ermittlungen des niedersächsischen
Landeskriminalamts (LKA) jahrelang im Verein des Deutschsprachigen
Islamkreises Hildesheim (DIK) aktiv. Dessen Moschee in der Hildesheimer
Martin-Luther-Straße beschrieb der LKA-Beamte Alexander Hofmann am Mittwoch
vor Gericht einmal mehr als „bundesweiten Hotspot der radikalen
Salafistenszene“ – und zitierte damit Niedersachsens SPD-Innenminister
Boris Pistorius, der sich schon vor Monaten wortgleich geäußert hatte. Der
Lebensgefährte von Kaoukab el A., mit dem sie nach islamischen Recht
verheiratet ist und drei Kinder hat, soll zu den Gründungsmitgliedern des
Vereins gehören.
Für Schlagzeilen hatte der Islamkreis erst im November gesorgt, als
Spezialeinheiten dessen Gotteshaus sowie mehrere Wohnungen in
Nordrhein-Westfalen und in Niedersachsen stürmten. Dabei waren fünf Männer
festgenommen worden, darunter auch Ahmad Abdelazziz A., genannt Abu Walaa.
Allen wird die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen.
Nach Hasspredigten Abu Walaas in der DIK-Moschee in Hildesheim sollen immer
wieder junge Männer in Richtung Syrien gereist sein, um sich dort dem IS
anzuschließen.
Der Anwalt von Kaoukab el A., der auf Straf- und Verwaltungsrecht
spezialisierte Tarig Elobied, entgegnete, die Stadt Hildesheim verwehre
seiner Mandantin, die nicht die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, „ihre
Heimat Libanon“ zu besuchen. Auch Treffen mit in Schweden und Dänemark
lebenden Verwandten seien unmöglich. Persönlich war die Klägerin nicht vor
Gericht erschienen, da die Geburt ihres vierten Kindes unmittelbar
bevorsteht.
Außerdem werde Kaoukab el A. im Prozess zum Annex, also zum Anhängsel ihres
Mannes reduziert, argumentierte der aus Berlin stammende promovierte Jurist
Elobied. Zuvor war in dem Verfahren immer wieder die Rolle ihres Mannes im
Islamkreis und dessen Nähe zu radikal-salafistischen Organisationen
thematisiert worden.
So soll der Lebensgefährte, gegen den mittlerweile selbst eine
Ausreiseuntersagung erwirkt wurde, versucht haben, vom Verein Helfen in Not
gekaufte Krankenwagen nach Syrien zu überführen. Allerdings steht die von
dem Konvertiten und islamistischen Prediger Sven Lau unterstützte
Hilfstruppe aus dem nordrhein-westfälischen Neuss in Verdacht, zumindest
Teile seiner Spendengelder an den IS weiterzuleiten. „Meine Mandantin will
als eigenständige Person wahrgenommen werden, hat ihren eigenen Kopf“,
betonte dagegen Anwalt Elobied.
Genau das täten die Sicherheitsbehörden, entgegnete der Beamte Bernd Adolph
für das Bundesamt für Verfassungsschutz. Dem Inlandsgeheimdienst lägen
Aussagen einer „glaubwürdigen Quelle“ vor, nach der Kaoukab el A. selbst
beteuert haben soll, in vom IS beherrschte Gebiete fahren zu wollen. Dies
reiche für ein Ausreiseverbot, meinte Rima Jebrini vom Rechtsamt der Stadt
Hildesheim: „Wir brauchen keine Teilnahme an Kriegshandlungen“ – für eine
Ausreiseuntersagung reiche schon der Verdacht, dass eine Terrororganisation
unterstützt werden solle.
LKA-Mann Hofmann betonte, das Verbot diene letztlich dem Schutz der
30-Jährigen und ihrer Kinder. In der Urteilsbegründung schloss sich Richter
Goos dem an – schließlich sei der IS immer auf der Suche nach „menschlichen
Schutzschilden“.
15 Feb 2017
## AUTOREN
Andreas Wyputta
## TAGS
Ausreiseverbot
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Schwerpunkt Syrien
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