| # taz.de -- Volker Schlöndorff inszeniert die Reue: Von älteren Herren | |
| > Ein Schriftsteller trifft seine alte Flamme – klingt erstmal kitschig. | |
| > Doch in Schlöndorffs „Rückkehr nach Montauk“ herrscht eisiger Ernst. | |
| Bild: Man trifft sich immer zwei Mal: Nina Hoss spielt die ernste Ex von Stella… | |
| Obwohl „Rückkehr nach Montauk“ keine Literaturverfilmung im strengen Sinne | |
| ist, merkt man dem Film doch seine Herleitung aus der literarischen Idee | |
| an. Nicht nur, dass Hauptperson Max Zorn (Stellan Skarsgård) Schriftsteller | |
| ist, er spricht auch das Motto seiner Erzählung gleich zu Beginn aus – | |
| direkt in die Kamera. Es geht um die zwei Weisen der Reue, die das Leben | |
| prägen: die eine für etwas, das man getan hat, die andere für das, was man | |
| nicht getan hat. Natürlich, schließlich redet hier ein Mann in den | |
| sogenannten besten Jahren, sind beides Mal Frauengeschichten gemeint. | |
| Nun gibt es kaum etwas Uninteressanteres in Kino und Literatur als die | |
| eitlen Reflexionen älterer Herren über ihre Verflossenen. Aber Volker | |
| Schlöndorff gelingt mit seiner von Max Frisch inspirierten „Rückkehr nach | |
| Montauk“ eine überraschend einsichtsvolle und berührende Variante. | |
| Von den ersten Bildern an sind es denn auch zwei schwer in cineastische | |
| Begriffe zu fassende Haltungen, die fesseln: Ernsthaftigkeit und | |
| Uneitelkeit. Für das Uneitle sorgt der großartige Stellan Skarsgård, der | |
| einen Mann verkörpern kann, der weiß, dass er äußerlich nicht viel | |
| hermacht. Es ist diese selbstbewusste, aber eben nicht demonstrative | |
| Durchschnittlichkeit, die seine Figur des Schriftstellers erträglich, wenn | |
| auch nicht sympathisch macht. | |
| Man lernt ihn als verwöhnten Menschen kennen: Da sind der vom Verlag | |
| gesponserte Aufenthalt in New York und die zwei Frauen, die ihm dabei noch | |
| helfen – die PR-Frau Lindsey (Isi Laborde) und seine Ehefrau Clara (Susanne | |
| Wolff). Trotz ihrer Servicefunktion treten beide Max gegenüber mit | |
| Selbstbewusstsein und sogar spöttischer Herablassung gegenüber, was im | |
| Umkehrschluss positiv auf den Schriftsteller zurückstrahlt. | |
| Die Zufallsbegegnung mit einem alten Bekannten (Niels Arestrup mit | |
| bewährter Schmierigkeit) setzt Max auf die Spur einer Frau, mit der er | |
| Jahrzehnte zuvor in New York zusammen war. Zuerst sperrt sich diese Rebecca | |
| Epstein (Nina Hoss) gegen seine Versuche der Kontaktaufnahme, dann kommt es | |
| aber doch zur im Titel versprochenen „Rückkehr nach Montauk“. | |
| Egal, wie man es hinschreibt, es klingt nach zum Überdruss bearbeitetem | |
| Material: die Reue darüber, jemanden verlassen zu haben, den man liebt, das | |
| Nichtvergessen von Liebesaffären, in denen man sich nicht gut verhalten | |
| hat. Doch Schlöndorff – und hierbei ist seine große Ernsthaftigkeit | |
| entscheidend – arbeitet mit inszenatorischer Sorgfalt und einer | |
| eisig-beeindruckenden Nina Hoss das Zweischneidige dieser Reflexionen | |
| heraus. Statt mit der Reue zugleich die eigene Potenz zu feiern, sieht | |
| sich sein Max Zorn gleich zweimal mit der eigenen Blindheit konfrontiert. | |
| Schlöndorff räumt den „Objekten“ der Liebe, den Frauen, den gebührenden | |
| Raum ein, ihre eigene Geschichte und Perspektive zu erzählen. Und so stellt | |
| sich heraus, dass die männliche Reue eigentlich dem gelten müsste, genau | |
| dafür nie ein Auge gehabt zu haben. | |
| 16 Feb 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Barbara Schweizerhof | |
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