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# taz.de -- Einheitsdenkmal wird gebaut: Wippe schlägt zurück
> Die konservative Wende vor dem Humboldt-Forum in Berlin kommt nicht.
> Statt der Kolonnaden kommt das Einheitsdenkmal.
Bild: So soll sie aussehen, die Einheitswippe
Berlin taz | Das geplante Freiheits- und Einheitsdenkmal vor dem neuen
Stadtschloss schwankte in den vergangenen Monaten gewaltig, doch die
sogenannte Einheitswippe ist nicht gefallen. Das umstrittene Denkmal in
Erinnerung an Bürgeraufstand und Wiedervereinigung 1989/90 soll nun doch
gebaut werden. Das haben die Koalitionsfraktionen nach einer Einigung der
Vorsitzenden Volker Kauder (CDU) und Thomas Oppermann (SPD) am Dienstag
entschieden.
Der bizarre Streit über die Bebauung der „Schlossfreiheit“ zwischen
Humboldt-Forum und Spreekanal könnte damit ein Ende finden. Schon längst
gibt es für das Projekt einer beweglichen, leicht gewölbten Schale des
Stuttgarter Planungsbüros Milla & Partner und der – inzwischen
ausgestiegenen – Choreografin Sasha Waltz eine abgeschlossene Planung,
Baugenehmigung und TÜV-Zertifikation. Auch die Haushaltsmittel für das
Projekt mit dem Titel „Bürger in Bewegung“ waren bereits bewilligt.
Dennoch neigte sich die Debatte zuletzt in Richtung der Befürworter einer
historischen Rekonstruktion der kaiserlichen Kolonnaden. Diese sollten an
gleicher Stelle, auf dem Sockel des früheren
Kaiser-Wilhelm-Reiterstandbildes, entstehen und die Nachbildung der
historischen Mitte vollenden. Befürworter dieser Idee fanden sich
insbesondere im Haushaltsausschuss des Bundestages. Im April kippte dieser
zunächst die Finanzierung des Einheitsdenkmals, dessen veranschlagte Kosten
[1][von 10 auf über 14 Millionen Euro gestiegen waren].
Im November folgte der Coup. Einstimmig – und dem Vernehmen nach in
Übereinstimmung mit Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) und
Humboldt-Forum-Intendanten Neil MacGregor – bewilligte der Ausschuss 18,5
Millionen Euro für die Kolonnaden. Geld spielte keine Rolle mehr, die
Haushälter machten Stadtpolitik. Auch für den Wiederaufbau der
Schinkel’schen Bauakademie am anderen Ufer des Kupfergrabens bewilligten
sie 62 Millionen.
## Kritik am Haushaltsauschuss
Die Entscheidung gegen das Einheitsdenkmal rief jedoch zahlreiche Kritiker
auf den Plan. So wandten sich DDR-Oppositionelle und Politiker wie Wolfgang
Thierse (SPD) und Kulturschaffende wie die Schauspielerin Hanna Schygulla
gegen den Handstreich der verantwortlichen Ausschussmitglieder Johannes
Kahrs (SPD) und Rüdiger Kurse (CDU). In einem offenen Brief schrieben sie:
„Die plötzliche, weitgehend undiskutierte Umwidmung“ ignoriere „in
unzulässiger Weise die Tragweite und Bedeutung vorangegangener Festlegungen
des Deutschen Bundestages“.
Unterstützung fanden sie im Kulturausschuss, der Ende Januar in einem
Fachgespräch mit Kulturexperten mehrheitlich beschloss, an der Wippe
festzuhalten. Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert hatte sich in seiner
Rede vor der Bundespräsidentenwahl für ein solches Denkmal starkgemacht.
Nach dem Machtwort der Fraktionen muss der Haushaltsausschuss erneut über
das nun mit 15 Millionen Euro veranschlagte Projekt abstimmen.
Bundespolitiker von CDU und SPD zeigten sich zuversichtlich, dass der
Ausschuss diesmal zustimmen werde.
14 Feb 2017
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## AUTOREN
Erik Peter
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