# taz.de -- Kommentar Bundespräsident Steinmeier: Klatsche für Merkel | |
> Die Wahl Steinmeiers zum Bundespräsidenten sieht nur oberflächlich wie | |
> ein satter Konsens aus. Sie ist aber eine empfindliche Niederlage für | |
> Merkel. | |
Bild: Stellt seine Wahl ihre Wiederwahl infrage? Bundeskanzlerin Merkel mit dem… | |
Das glänzende Ergebnis von Frank-Walter Steinmeier ist eine optische | |
Täuschung. [1][931 von 1.239 gültigen Stimmen hat er bekommen]. Nach einem | |
satten Konsens sieht das aus, mit dem sich auch CDU, CSU, Grüne und FDP als | |
Gewinner feiern dürfen, nach dem Motto: Wir wollten ihn ja auch. Aber so | |
ist es ganz und gar nicht. | |
Denn vor allem für Angela Merkel bedeutet diese Bundespräsidentenwahl eine | |
empfindliche Niederlage. In der Bundesversammlung am Sonntagmittag fing es | |
schon damit an, dass Bundestagspräsident Norbert Lammert für seine | |
wohltemperierte Eröffnungsrede mit Standing Ovations gefeiert wurde: | |
ausgerechnet jener Mann, den die Bundeskanzlerin nicht als Kandidaten für | |
das Amt des Staatsoberhaupts gewann. So gesehen war das Klatschen für | |
Lammert auch eine Klatsche für Merkel. | |
Noch verheerender ist es für sie, dass ein Sozialdemokrat gewonnen hat. Im | |
November sah der gemeinsame Kandidat der Großen Koalition nach einem | |
teigigen Weiter-so aus, das Merkel hilft. In Martin Schulz ist ihr ein | |
echter Konkurrent ums Kanzleramt erwachsen. Diese Dynamik wird nun durch | |
Steinmeiers Wahl befördert. Auf Bundesebene wurde das Verlierertum zum | |
Wesenszug der SPD. Die Erfahrung, doch noch siegen zu können, ist für ihr | |
Selbstbewusstsein so wichtig wie die Mistelzweige im Zaubertrank des | |
Druiden Miraculix. | |
Andersherum kann man an dem Ergebnis – satte 103 Enthaltungen und 7 Stimmen | |
mehr für den AfD-Kandidaten, als die Rechten gehabt hätten – getrost das | |
unzufriedene Brodeln und Blubbern in CDU und CSU ablesen. Schwache Union, | |
gestärkte SPD – das Wahlergebnis macht das Duell zwischen Merkel und Schulz | |
noch spannender, eine Konkurrenz, die der AfD Aufmerksamkeit nehmen wird – | |
ein äußerst erfreulicher Effekt. | |
Die Wahl ist aber auch ein Fingerzeig in Richtung der Grünen. An | |
Steinmeiers Kür waren sie nur insofern beteiligt, als sie es versemmelten, | |
einen eigenen Charakter wie Winfried Kretschmann oder Navid Kermani zu | |
lancieren. Anders als die Linkspartei, die in Christoph Butterwegge einen | |
Mann mit Botschaft und Statur präsentierte, hatten die Grünen nicht mal | |
einen guten Verlierer im Angebot. Am Sonntag waren sie unkenntliche | |
Nischenpartei, eingezwängt zwischen den Reihen von Union und SPD. | |
Und Steinmeier? Seine Rede gegen Fremdenfeindlichkeit und Ressentiments | |
hatte Schwung. Sie lässt hoffen, dass er sich seine Rolle nicht als die des | |
freundlichen Onkels aus Bellevue vorstellt. Er fragte, was der Kitt sei, | |
der die Gesellschaft zusammenhalte. | |
Eine Antwort ist: die gesunde, weil echte Konkurrenz zwischen Merkel und | |
Schulz, zwischen Union und SPD, zwischen den anständigen Parteien | |
überhaupt. So, wie sie jetzt erst bevorsteht. | |
12 Feb 2017 | |
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## AUTOREN | |
Georg Löwisch | |
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