# taz.de -- Generalintendant Gahmert über Höcke-Theater: „Inklusive aller F… | |
> Das Deutsche Nationaltheater Bremen führt Björn Höckes Dresdner Rede auf. | |
> Eine Ablachveranstaltung wird das nicht, sagt Generalintendant Peer | |
> Gahmert. | |
Bild: Wird in voller Länge zitiert: AfD-Rechtsaußen Björn Höcke. | |
taz: Herr Gahmert, warum re-enacten Sie die Höcke-Rede? | |
Peer Gahmert: Sie wird vorgetragen, das ist die bessere Umschreibung. | |
Einfach so, unkommentiert? | |
Ja. Wir konzentrieren uns auf das, was Björn Höcke am 17. Januar von sich | |
gegeben hat, wortgetreu und ungekürzt, die vollen 47 Minuten, inklusive | |
aller grammatikalischen Feinheiten. Kommentieren wäre so eine Sache. | |
Naja, es haben schon mehrere Historiker en détail Höckes Klitterungen | |
nachgewiesen… | |
Mir geht es aber eher darum, dass Höcke sich bereits einen Tag nach seinem | |
Vortrag in die Pose des missverstandenen Opfers geworfen hat. Er sei falsch | |
zitiert worden. Die Medien, die Presse hätten ihm übel mitgespielt. Bei uns | |
lernen Menschen diese Rede im Wortlaut kennen – und können feststellen: So | |
richtig falsch verstanden worden ist er höchstwahrscheinlich nicht. | |
Also wird es keine Ablach-Veranstaltung? | |
Nein. Es ist zwar mitunter sehr komisch, was Herr Höcke von sich gibt. | |
Insofern habe ich nichts dagegen, wenn jemand lacht. Das kann bei dieser | |
Thematik ein gutes Ventil sein. | |
Es ist aber nicht das Hauptziel der Performance? | |
Ja. Das Hauptziel ist nicht, dass man sich amüsiert. Das Hauptziel ist, | |
sich klar zu machen worauf Höcke hinaus will. | |
Und das ist? | |
Meiner Meinung nach ist diese Rede ein Willkommensgruß an die verbliebenen | |
NPDler. Sie zielt direkt auf sie, auf Geschichtsrevisionisten und | |
Antisemiten und Rechtsradikale allgemein. Wenn das dem Publikum klar wird – | |
hat man wenigstens mal einen Anfang gemacht. | |
Höcke hat die Rede vor drei Wochen gehalten. Darauf so schnell theatral zu | |
reagieren ist eine Besonderheit des Deutschen Nationaltheaters Bremen … | |
Ohne Apparat ist es selbstverständlich möglich, schneller zu sein, als eine | |
große Institution. Andererseits habe ich mich genau dem verschrieben: | |
Dinge, die eher selten oder gar nicht in die Spielpläne gelangen, auf die | |
Bühne zu bringen. Und die Aufmerksamkeit auf Dinge zu lenken, die mir | |
persönlich wichtig sind, aber auch die Öffentlichkeit interessieren | |
könnten. Kommende Woche machen wir deshalb einen Abend zu den | |
irritierendsten Pannen der NSU-Ermittlungen. | |
Warum ist Theater dafür das geeignete Medium? | |
Ich denke es ist für viele Menschen schöner, angenehmer, aber auch | |
spannender, so Dinge wie die Höcke-Rede gemeinsam zu erleben. Ich glaube, | |
wenn man sich abends in einer wirklich schönen Kneipe trifft und ein oder | |
zwei Getränke zu sich nimmt, hat man einen Anlass geschaffen, das | |
präsentiert zu bekommen und sich damit auseinander zu setzen. | |
Diese Funktion hatte Theater vor Aufkommen der elektronischen Massenmedien: | |
Erwin Piscator etwa hat Parteitage und Reden von Rosa Luxemburg in | |
Arbeiterkneipen nachspielen lassen. Vernachlässigt der normale | |
Theaterbetrieb diese mediale Funktion? | |
Meiner Meinung nach: Ja. Ich arbeite seit über zehn Jahren an Theatern – | |
und hätte mich oft gefreut, wenn die, und das könnte jedes Stadttheater!, | |
etwas origineller an tagesaktuelle Themen herangingen. Das, was ich hier | |
mache, also die Höcke-Rede vorzutragen, ist ja an Einfallsreichtum leicht | |
zu überbieten: Es gibt viele Dinge, die man so mit recht überschaubarem | |
Aufwand vielen Menschen erschließen kann. Doch, ja, ich fände es schön, | |
wenn in solchen Fragen größere Theater, die im Übrigen einen viel größeren | |
Etat haben als wir, etwas niedrigschwelliger würden. | |
Sie haben einen Etat? | |
Der Etat des Deutschen Nationaltheater Bremen liegt bei ziemlich genau | |
Null, vielleicht sogar etwas drunter. | |
Das betont den Größenwahn des Namens: Deutsches Nationaltheater … | |
Ja. Ich kann mich jetzt guten Gewissens und mit Fug und Recht | |
Generalintendant nennen, was zumal außerhalb von Bremen einigen Eindruck | |
macht. Mit „national“ hat das selbstverständlich nichts zu tun. Es gibt f�… | |
mich kaum einen Begriff, der negativer konnotiert wäre. Es ist ein Spiel | |
mit der Anmaßung. Es hat einen gewissen Witz, wenn man zu einer Vorstellung | |
auf der Hauptbühne des Deutschen Nationaltheaters Bremen geht, die sich | |
klein und zusammengezimmert in der Ecke einer Kneipe befindet. Aber mit | |
rotem Vorhang. | |
8 Feb 2017 | |
## AUTOREN | |
Benno Schirrmeister | |
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