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# taz.de -- Auswahl fürs Theatertreffen 2017: Handel mit Emotionen
> In Berlin stellte die Jury die Auswahl zum Theatertreffen vor. Sie zeugt
> von der Offenheit zwischen Stadtheater und Performanceszene.
Bild: „Kay Voges vermisst die heutige Welt als rasend Bilder ausspeiende Masc…
Rechts ging es zum Vorverkauf für die Berlinale, links liefen am Dienstag,
7. Februar, die Journalisten, die ins Haus der Berliner Festspiele zur
Vorschau auf das nächste Festival, das Theatertreffen im Mai, wollten. Da
stellte die Jury aus sieben KritikerInnen (Margarete Affenzeller, Eva
Behrendt, Till Briegleb, Dorothea Marcus, Christian Rakow, Stephan Reuter
und Shirin Sojitrawalla) vor, welche zehn Inszenierungen sie ausgewählt hat
für die Reise nach Berlin.
377 Theaterabende, so informiert Yvonne Büdenhölzer, die Leiterin des
Theatertreffens vorneweg, wurden in Deutschland, Österreich und der Schweiz
gesichtet, 38 kamen die engere Diskussion. Vielversprechend klang das
Ergebnis, aufregend ob der Unterschiedlichkeit der Handschriften,
Ästhetiken und Reflexionsformen. Die sich meist ins Verhältnis setzen
lassen zu unserer Gegenwart, ihren Formen des Redens, der öffentlichen
Auftritte, den Räumen des Diskutierens und Denkens. Politik scheint da oft
am Horizont auf, wenn auch über Bande angespielt.
Das spielt zum Beispiel für den Schweizer Theatermacher Milo Rau eine
Rolle, eingeladen mit „Five Easy Pieces“. Darin greift er einen Skandal
auf, die Geschichte des belgischen Kindermörders Marc Dutroux. Aber wie Rau
darüber Kinder, Darsteller des Campo Gent, reden lässt und zugleich auch
von ihrem Interesse an Theaterrollen, „verschiebt den Fokus auf ethische
Fragen in der Darstellung des Bösen“, wie die Jurorin Eva Behrendt sagte.
Seziert wird das Interesse an Skandalgeschichten, der Handel mit Emotionen
in der Berichterstattung.
## Zwanghafte Wiederholung
Raus Stück hatte zehn Theater und Festivals als Koproduzenten, darunter so
kleine Häuser wie die Berliner Sophiensäle. Die internationale Vernetzung
des deutschsprachigen Theaters spiegelt sich auch in der Einladung von
„Real Magic“ des britischen Erzählkollektiv Forced Entertainment,
herausgekommen im Pact Zollverein in Essen. Es geht um eine Quizshow,
Rituale und zwanghafte Wiederholung, die die Sehnsucht nach Veränderung
immer wieder zum Scheitern bringen.
Außerdem sind eingeladen „Die Räuber“ von Ulrich Rasche, „Die Vernichtu…
von Ersan Mondtag, „Drei Schwestern“ von Simon Stone, „89/90“ von Claud…
Bauer (der einzigen Regisseurin in diesem Jahr), „Der Schimmelreiter“ von
Johan Simons, die großangelegte Installation „Die Borderline Prozession“
von Kay Voges, „Traurige Zauberer“ von Thom Luz und „Pfusch“, Herbert
Fritschs Abschiedsgesang von der Volksbühne.
Neben großen Theatern aus München, Hamburg, Berlin und Basel sind Bühnen
aus Bern, Dortmund und Mainz dabei, die sich dem Experiment geöffnet haben.
Neben bekannten Regisseuren stehen vier, die zum ersten mal nach Berlin
kommen. Die Auswahl ist auch deshalb erfreulich, weil sie die Grenzen
zwischen Theater, Performance, Dramentext und Stückentwicklung, um die
zuletzt wieder viel diskutiert wurde, vielfach überschreitet und damit
auslotet, wie sich das Erzählen im Internetzeitalter auch auf der Bühne
verändern kann.
8 Feb 2017
## AUTOREN
Katrin Bettina Müller
## TAGS
Theatertreffen Berlin
Milo Rau
Ersan Mondtag
Simon Stone
DDR
Theatertreffen 2017
Milo Rau
Marquis de Sade
Schwerpunkt Berlinale
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