# taz.de -- Donald Trumps Politikstil: Das Big-Man-Prinzip | |
> Mit Trump als Präsident verlassen die USA nicht, wie manche denken, den | |
> Rahmen seriöser Politik. Sie schließen sich dem globalen Mainstream an. | |
Bild: Donald Trump sieht sich als starken Mann, der seinem Land wieder zu Grö�… | |
„Ich bin kein Politiker“, sagte Donald Trump in seinem großen Interview mit | |
Kai Diekmann (Bild) und Michael Gove (The Times), das diese Woche | |
veröffentlicht wurde. „Ich gehe nicht raus und sage: ‚Ich werde dies tun, | |
ich werde das tun.‘ “ | |
In einem seiner Bücher schrieb er: „Ich bringe in die Politik eine | |
Perspektive mit, die die meisten Politiker nicht haben. Ich habe mit meiner | |
Intuition ein Milliardenimperium aufgebaut.“ Und: „Ich greife gern nach den | |
Sternen.“ Man sollte in seinem Handeln immer danach streben, „größer, | |
besser, mutiger und aufregender“ zu sein. | |
Deutsche Ohren sind daran gewohnt, dass Politiker sich nicht selbst | |
inszenieren, dass sie geschliffene Reden halten, dass kein Wort von ihnen | |
ohne Überprüfung in die Öffentlichkeit dringt. Trump stößt auf | |
Unverständnis, weil er alles anders macht. Weil er lieber twittert, statt | |
seine Ansichten über Journalisten zu vermitteln, hält man ihn für impulsiv | |
und zu keinem komplexen Gedanken fähig. Weil er widersprüchliche und | |
zuweilen falsche Dinge sagt, hält man ihn für einen opportunistischen | |
Scharlatan, der die Leute betrügt, um an die Macht zu gelangen. | |
Vom Horrorclown bis zum Sexmonster reichen die Beschreibungen, die der neue | |
US-Präsident in Deutschland erhält. Man unterstellt ihm eine reaktionäre | |
Agenda, gekleidet in populistische Sprüche, frauenfeindlich, rassistisch, | |
an die niederen Instinkte der weißen Männer appellierend, eine Gefahr für | |
die ganze Welt. | |
## Größtmöglicher Vorteil für das eigene Land | |
Nichts davon ist komplett falsch, aber nichts davon wird helfen, Trump als | |
Präsident zu verstehen und mit ihm umzugehen. Donald Trump ist kein | |
Politiker – er ist ein Geschäftsmann, der die USA zu sanieren gedenkt wie | |
ein kriselndes Unternehmen. Er hält sich an keine politischen Prinzipien – | |
er setzt in der internationalen Politik auf persönliches Vertrauen, um | |
Deals auszuhandeln. Er verfolgt keine Ideologie – er sucht den | |
größtmöglichen Vorteil für das eigene Land. | |
Damit ist Trump nichts Besonderes. Genauso agieren Staats- und | |
Regierungschefs in vielen Ländern weltweit: Putin in Russland, Orbán in | |
Ungarn, Erdoğan in der Türkei, Sisi in Ägypten, Modi in Indien, Duterte auf | |
den Philippinen, Zuma in Südafrika, Kagame in Ruanda, Castro in Kuba, | |
Maduro in Venezuela; und weltweit noch viele andere mehr. | |
Sie sind sich alle sehr ähnlich – überhaupt nicht im persönlichen Auftreten | |
und auch keineswegs in ihrem institutionellen Status, wohl aber im Stil | |
ihres Regierens. Sie handeln aus Überzeugung, aber sie sind keine | |
Dogmatiker. Sie sind Pragmatiker und darin skrupellos. Sie können einen | |
bestimmten Kurs unglaublich emphatisch verfolgen und später das Gegenteil | |
verkünden, ohne darin einen Widerspruch zu erkennen, denn sie handeln | |
ergebnisorientiert. Die Wahl der Mittel folgt keiner Programmatik, sondern | |
der Einschätzung der Erfolgsaussichten. | |
Nichts liegt solchen Führern ferner als die Idee, dass man mit einem | |
politischen Programm vor das Volk tritt und sein Amt dann als Mandat sieht, | |
dieses Programm umzusetzen. Sofern man sich überhaupt Wahlen unterwirft, | |
tritt man mit seinen Instinkten vor das Volk und sieht den Sieg dann als | |
Mandat an, diesen Instinkten zu folgen. | |
Das Prinzip Trump ist kein Ausrutscher, sondern der Eintritt der USA in den | |
„Big Man“-Standard globaler Politik. In diesem Standard zählt im Umgang von | |
Staaten miteinander einfach das, was nützt. Ob es erreicht wird, | |
entscheidet das Kräfteverhältnis. | |
## Europa wird nicht mit Trump klarkommen | |
Staatslenkung heißt, dieses Kräfteverhältnis zugunsten des eigenen Landes | |
zu verbessern. Regieren ist Staatskunst im Sinne, dass der Mann (es ist | |
selten eine Frau) ganz oben dafür sorgt, dass dafür die richtigen Mittel | |
dafür zur Verfügung stehen. Zu diesem Zweck umgibt er sich mit Menschen, | |
die die Welt so sehen wie er und auf die er sich verlassen kann. Sie müssen | |
nicht alle dasselbe denken, sie sollten aber dasselbe Bauchgefühl haben. | |
Politikgestaltung von unten, vermittelt durch demokratische Prozesse, ist | |
da ebenso störend wie Politikbegrenzung durch Grundsätze, vermittelt durch | |
Verfassungen und Gerichte. Ähnlich wie in Unternehmen gilt: Die Führung | |
legt zwar Rechenschaft über ihre Entscheidungen ab, aber lässt sich die | |
Entscheidungsgewalt nicht nehmen und ungern beschränken. | |
Westeuropa und die EU scheinen heute der einzige Teil der Welt zu sein, in | |
dem ein Gegenmodell zumindest als Anspruch vorgetragen wird: das einer | |
wertegeleiteten Politik, die selbstlos höhere Prinzipien verfolgt. | |
Natürlich ist das in Wirklichkeit Unsinn. Auch europäische Politiker | |
verfolgen Interessen, und zwar knallhart, wie es die Opfer der Austerität | |
und der Flüchtlingsabwehr am eigenen Leibe erfahren. | |
Die eigenen Interessen zu universellen Werten zu erklären und auf dieser | |
Grundlage alle, die andere Interessen verfolgen, zu maßregeln, führt in die | |
Sackgasse der Überheblichkeit. Auf diese Weise wird Europa mit Trump | |
jedenfalls genauso wenig klarkommen wie schon mit dem Brexit, Putin oder | |
Erdoğan. | |
21 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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