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# taz.de -- Radikalisierung der Reichsbürger-Szene: „Scheiss auf Kollaterals…
> Die Bundesanwaltschaft geht gegen Reichsbürger vor, die Anschläge auf
> Juden und Flüchtlinge geplant haben sollen. Ihr mutmaßlicher Chef: ein
> „Druide“.
Bild: Razzia in Berlin: Die Polizei sicherte Beweismittel gegen Reichsbürger
Berlin taz | Burghard B. machte aus seinen Überzeugungen keinen Hehl. Sein
Internetprofil ziert ein durchgestrichener Davidstern. Über
„Linksversiffte“ klagt der 66-Jährige dort. Bald werde eine
„Kulturrevolution“ alle ergreifen, „die gegen unser Volk arbeiten“. Sch…
2012 wurde er wegen seiner Positionen als Vorsitzender eines örtlichen
Kulturvereins abgesetzt und ausgeschlossen.
Mittwochfrüh stand nun die Polizei vor der Tür von Burghard B. in
Schwetzingen (Baden-Württemberg). Parallel durchsuchten die Beamten auf
Geheiß der Bundesanwaltschaft die Wohnungen von sechs weiteren
Rechtsextremen in Niedersachsen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt,
Rheinland-Pfalz und Berlin. Der Vorwurf: Gründung eine
rechtsterroristischen Vereinigung.
Ab dem Frühjahr 2016 soll die vor allem online vernetzte Gruppe diskutiert
haben, „bewaffnete Angriffe auf Polizisten als Repräsentanten des Staates,
Asylsuchende und Menschen der jüdischen Glaubensgemeinschaft zu begehen“,
teilte die Bundesanwaltschaft mit. Konkrete Anschlagsplanungen habe es aber
noch nicht gegeben. Die Razzien dienten dazu, „weitere Beweismittel“ zu
finden, so die Behörde.
Burghard B. gilt den Ermittlern nach taz-Informationen als Anführer der
Gruppe. Er selbst bezeichnet sich als „keltischer Druide“ und bewegt sich
in der Reichsbürgerszene. Deutschland hält er für „besetzt“, im Internet
hetzt er seit Jahren gegen Juden und Muslime. Noch einen Tag vor der Razzia
schrieb er: „Scheiss auf Kollateralschäden. Vernichte die, welche du für
deine Feinde hälst. Beginne noch heute.“
Am Mittwoch zählte B. zu den zwei Festgenommenen. Bei den Durchsuchungen
fanden die Ermittler auch Waffen, Munition und Sprengmittel.
## 340 Bayern mit Waffenscheinen
Die Reichsbürgerszene steht verstärkt im Visier der Sicherheitsbehörden,
seit ein Anhänger im Oktober bei einem Polizeieinsatz im bayerischen
Georgensgmünd einen Beamten erschoss. Zuvor wurde die Szene eher als Haufen
von Spinnern und Querulanten belächelt, der nur mehrere hundert Anhänger
zugerechnet wurden.
Nach Georgensgmünd machte der Bundesverfassungsschutz die Szene nun zum
festen Beobachtungsobjekt. Von rund 10.000 Reichsbürgern sprach am Mittwoch
Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen. Rund 600 von ihnen seien klar
rechtsextrem. Die Szene übe „eine hohe Anziehungskraft“ aus und wachse
weiter, so Maaßen. In Teilen herrsche eine „erhebliche Gewaltbereitschaft“.
Und die Sicherheitsbehörden stellten fest: Eine Vielzahl der Reichsbürger
besitzt Waffen. So kam etwa Bayern auf 1.700 Anhänger, 340 von ihnen mit
Waffenscheinen. Schon vor der Tat in Georgensgmünd hatte auch ein
Reichsbürger in Sachsen-Anhalt auf Polizisten geschossen und mehrere Beamte
verletzt.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) spricht inzwischen von einer
„deutlich verschärften“ Gefahr durch Reichsbürger. Der Waffenbesitz in der
Szene sei teils „erheblich“. „Es war an der Zeit, hier noch genauer
hinzuschauen.“ Ein Resultat sind nun offenbar die Razzien vom Mittwoch.
Das Bundeskabinett beschloss zudem am Mittwoch, Reichsbürgern und anderen
Extremisten den Zugang zu Waffen zu erschweren. So soll künftig die
Extremistendatei mit der von Waffenbesitzern und Antragstellern
standardmäßig abgeglichen werden. „So kann der Verfassungsschutz
frühzeitiger erkennen, wenn Extremisten versuchen, an Waffen zu kommen“,
sagte de Maizière.
25 Jan 2017
## AUTOREN
Konrad Litschko
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taz-Serie: Die Reichsbürger
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