# taz.de -- Supreme Court zum Brexit: Nur mit dem Plazet des Parlaments | |
> Schon der Antrag für den Brexit muss vom Parlament genehmigt werden. Das | |
> ist eine Schlappe für die Regierung, aber kein Beinbruch. | |
Bild: Die Fondsmanagerin Gina Miller (Mitte) hat die Klage vor den Gerichten ei… | |
DUBLIN taz | Die britische Premierministerin Theresa May muss sich den | |
Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union vom Parlament | |
genehmigen lassen. Das hat der oberste Gerichtshof in London am Dienstag | |
entschieden. Mit acht zu drei Stimmen bestätigten zehn Richter und eine | |
Richterin das entsprechende Urteil der Vorinstanz. | |
Der Vorsitzende David Neuberger sagte, das Urteil stelle keineswegs das | |
Referendum selbst infrage, bei dem im Sommer eine Mehrheit der Briten für | |
den Austritt aus der EU gestimmt hat. | |
Es ging dem Gericht lediglich um juristische Aspekte, sagte Neuberger. | |
Schließlich ändere sich durch den EU-Ausstieg die britische Gesetzgebung, | |
da man nicht mehr an EU-Gesetze gebunden sei. Das sei so gravierend, dass | |
dem Parlament eine Entscheidungsbefugnis zustehe. | |
Die Initiatorin des Prozesses, die Investmentmanagerin Gina Miller, zeigte | |
sich nach dem Urteil erleichtert: „Kein Premierminister, keine Regierung | |
kann erwarten, nicht hinterfragt oder herausgefordert zu werden.“ | |
## Das Referendum bleibt gültig | |
Miller hatte bereits vor dem High Court um die Parlamentsrechte gekämpft; | |
dort gaben ihr die Richter im vergangenen November recht. Danach war die | |
Stimmung im Land aufgeheizt. Eine Zeitung nannte die Richter „Feinde des | |
Volkes“, Miller wurde bedroht. | |
Die Richter entschieden jedoch auch, dass die Regionalparlamente in | |
Schottland, Wales und Nordirland kein Mitspracherecht haben. Das sei allein | |
Sache des britischen Parlaments. Die schottische Premierministerin Nicola | |
Sturgeon hatte bereits vor dem Urteil angekündigt, auf jeden Fall im | |
Parlament von Edinburgh abstimmen zu lassen, was nun lediglich symbolische | |
Bedeutung hat. Schottland und Nordirland hatten sich beim Referendum im | |
vergangenen Sommer mehrheitlich für den Verbleib in der EU ausgesprochen. | |
Der britische EU-Austritt wird durch das Urteil nicht infrage gestellt. Die | |
Austrittserklärung werde wie geplant Ende März nach Brüssel geschickt, | |
erklärte ein Regierungssprecher in London. „Das heutige Urteil ändert daran | |
nicht“, sagte er. Nach Medienberichten plant die Regierung jetzt, ein | |
möglichst knapp formuliertes Gesetz ins Parlament einzubringen. | |
Brexit-Minister David Davis wollte noch am Dienstag das weitere Vorgehen | |
vorstellen. | |
## Kein erneuter Volksentscheid | |
Die Tories haben im Unterhaus eine Mehrheit von 15 Abgeordneten, lediglich | |
einer wird gegen das Austrittsgesetz stimmen: der frühere Schatzkanzler | |
Kenneth Clarke. Oppositionsführer Jeremy Corbyn von der Labour-Partei | |
kündigte an, die geplante EU-Austrittserklärung der britischen Regierung | |
nicht zu blockieren. „Labour respektiert den Ausgang des Referendums“, | |
sagte Corbyn. | |
Die Liberalen Demokraten werden allerdings geschlossen gegen das | |
Austrittsgesetz stimmen, weil May ihre Forderung nach einem erneuten | |
Volksentscheid am Ende der Brexit-Verhandlungen abgelehnt hat. | |
Interessant ist die Frage, ob es im Unterhaus eine überparteiliche | |
Zusammenarbeit von Gegnern des Brexit geben wird, um möglichst viele | |
Zugeständnisse für einen „weichen Ausstieg“ herauszuholen. May hatte vori… | |
Woche angekündigt, dass sie einen „harten Ausstieg“ beabsichtige. Wenn das | |
Gesetz noch vor der Parlamentspause Mitte Februar vom Unterhaus | |
verabschiedet wird, hätten die Lords genug Zeit, darüber zu debattieren. Im | |
Oberhaus haben die Tories keine Mehrheit, aber eine Rebellion gegen den | |
Brexit ist unwahrscheinlich. | |
24 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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