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# taz.de -- Abstimmung über Brexit: Das britische Unterhaus sagt ja
> 494 Abgeordnete stimmten für Brexit-Gesetz, 122 dagegen. Am 7. März muss
> das Oberhaus noch seine Zustimmung geben – was wahrscheinlich ist.
Bild: Düster ist es um Westminster-Palast
Dublin taz | Das britische Unterhaus hat am späten Mittwochabend dem
Brexit-Gesetz in dritter und letzter Lesung mit großer Mehrheit zugestimmt.
Das Gesetz, das die Regierung von Premierministerin Theresa May dazu
ermächtigt, die Austrittsverhandlungen mit der EU zu beginnen, wurde mit
494 gegen 122 Stimmen abgesegnet.
Brexit-Minister David Davis sagte: „Wir haben heute eine historische
Abstimmung erlebt.“ Er freue sich auf die Verhandlungen mit der EU über
eine „starke, neue Partnerschaft“. Nigel Farage, der frühere Chef der
rechtspopulistischen United Kingdom Independence Party (Ukip), jubelte:
„Ich hätte nie geglaubt, dass ich den Tag erlebe, an dem das Unterhaus mit
überwältigender Mehrheit für Großbritanniens Austritt aus der EU stimmt.“
Das Oberste Gericht hatte im Januar einen Alleingang der Regierung gestoppt
und die Zustimmung des Parlaments verlangt, bevor Premierministerin May
gemäß der Volksabstimmung vom Juni 2016 den Austritt aus der EU einleitet.
Die Regierung hatte zuvor eingewilligt, dass beide Parlamentskammern am
Ende der Austrittsverhandlungen über das Ergebnis abstimmen dürfen, und dem
Parlament ein Weißbuch über die angestrebte „neue Partnerschaft mit der EU�…
vorgelegt.
Versuche im Parlament, der Regierung noch weitere Konzessionen abzuringen,
scheiterten. Ein Änderungsantrag, wonach die Wähler nach Abschluss der
Austrittsverhandlungen in einem zweiten Referendum über die Annahme des
Ergebnisses entscheiden dürfen, erhielt am Mittwoch nur 33 Stimmen.
Auch andere Änderungsanträge wurden allesamt abgeschmettert: so, dass
Großbritannien kein Steuerparadies werden soll oder dass Arbeitnehmerrechte
und bestehende Rechte der EU-Bürger gewahrt werden. Vor allem Letzteres
will Premierministerin May als Verhandlungsmasse bei den Gesprächen mit der
EU in der Hinterhand behalten. Die Grünen-Chefin Caroline Lucas
kritisierte: „Wir sprechen hier über das Leben von Menschen, und das kann
nicht als Teil irgendeines Deals verhandelt werden.“
## Nächster Halt: Oberhaus
Viele Änderungswünsche kamen von der Labour-Opposition. Aber dem
Labour-Parteichef Jeremy Corbyn hat die Abstimmung neue Probleme beschert.
Er hatte einen Fraktionszwang verhängt, wonach seine Parlamentarier für das
Brexit-Gesetz stimmen müssen – und 52 Labour-Abgeordnete ignorierten das.
Einer davon war ein enger Vertrauter Corbyns: Clive Lewis, im
Labour-Schattenkabinett für Energie und Unternehmen zuständig. Er trat aus
Protest zurück, weil der Brexit „schlecht für die Menschen“ in seinem
Wahlkreis Norwich South sei. Lewis hatte bei der zweiten Lesung des
Brexit-Gesetzes noch dafür gestimmt, aber gleichzeitig erklärt, dass er das
ohne Änderungen bei der dritten Lesung nicht tun werde.
Die Medien spekulieren nun, dass Lewis für die Parteiführung kandidieren
könnte. Bei den Buchmachern gilt er plötzlich als Favorit für die
Corbyn-Nachfolge. „Komisch, dass keine der Frauen, die aus dem
Schattenkabinett ausgetreten sind, für die Parteiführung gehandelt werden“,
twitterte die Labour-Abgeordnete Jess Phillips empört. Vorige Woche waren
die Schattenministerinnen Rachael Maskell, Jo Stevens und Dawn Butler alle
aus Protest gegen den Fraktionszwang zurückgetreten.
Corbyn war 2015 nach der verheerenden Labour-Niederlage bei den
Parlamentswahlen überraschend von der Basis zum Parteichef gewählt worden.
Die Fraktion war von Anfang an gegen ihn. 2016 wurde er nach einem
parteiinternen Putschversuch im Amt bestätigt. Allerdings verlor er seine
Mehrheit im Parteivorstand. Da dieses Gremium auch über die Modalitäten zur
Wahl des Parteichefs entscheidet, ist damit der Boden für einen erneuten
Absetzungsversuch bereitet.
Kurzfristig steht die nächste Hürde für das Brexit-Gesetz im Oberhaus an.
Im nichtgewählten House of Lords haben die regierenden Konservativen keine
Mehrheit. Brexit-Hardliner haben allerdings gedroht, die Abschaffung der
Kammer einzuleiten, sollte das Brexit-Gesetz dort blockiert werden.
9 Feb 2017
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
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