# taz.de -- Nach Flugzeugabsturz in 2003: Schlamperei bei Spaniens Behörden | |
> 2003 sterben 75 Menschen beim Absturz eines Truppentransporters. Jetzt | |
> sollen die Ursachen neu untersucht werden. | |
Bild: Die neue spanische Verteidigungsministerin María Dolores de Cospedal bei… | |
Madrid taz Bei den Angehörigen der Opfer des schwersten Flugzeugunglücks | |
der spanischen Armee keimt Hoffnung auf. Verteidigungsministerin María | |
Dolores de Cospedal hat ihnen am Dienstag zugesagt, die Umstände des | |
Unglücks neu untersuchen zu lassen. | |
Am 26. Mai 2003 war der von der Ukraine gemietete Truppentransporter auf | |
dem Rückflug aus Afghanistan im türkischen Trabzon abgestürzt. Dabei waren | |
auch 62 spanische Soldaten, 12 ukrainische Besatzungsmitglieder sowie ein | |
Passagier aus Weißrussland ums Leben gekommen. Bisher hatte die Regierung | |
den Fall für abgeschlossen erklärt. | |
Anlass der Neubewertung ist die Beurteilung des Unglücks durch den | |
spanischen Staatsrat, wonach Indizien darauf verweisen, dass der | |
Truppentransporter Yakulev 42 aufgrund bekannter Risiken nie hätte | |
eingesetzt werden dürfen. | |
Bereits vor dem Absturz hatten sich Soldaten immer wieder erfolglos über | |
den schlechten Zustand der ukrainischen Maschinen beschwert. Die Regierung | |
suchte dennoch die Ursache für das Unglück ausschließlich im „menschlichen | |
Versagen“. | |
## Ein Leichnam mit drei Füßen | |
Der Absturz kam zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Spaniens Truppen | |
standen damals nicht nur in Afghanistan, sondern auch im Irak. Zu Hause gab | |
es Massenproteste. Regierungschef José María Aznar und | |
Verteidigungsminister Federico Trillo taten alles, um den Vorfall so | |
schnell wie möglich zu den Akten zu legen. | |
In nur 60 Stunden wurden die sterbliche Überreste aus der Türkei nach | |
Spanien überführt, geehrt, den Familien übergeben und beigesetzt. Die | |
Dienstplaketten der Soldaten hätten eine Identifizierung in Rekordzeit | |
ermöglicht. Die für die Rückführung verantwortlichen Offiziere wurden | |
umgehend befördert. | |
Wenige Monate später kam dann die makabre Wahrheit ans Licht: Auf einer | |
Reise nach Trabzon stießen die Angehörigen an der Unfallstelle auf mehrere | |
Erkennungsmarken, andere wurden ihnen von einem Imam übergeben, dessen | |
Gemeindemitglieder sie in den Bergen gefunden hatten. Ein türkischer Anwalt | |
deckte auf, dass die spanische Armee 30 völlig verstümmelte Leichen | |
mitgenommen hatte, ohne dass die türkischen Behörden Zeit gehabt hätten, | |
sie zu identifizieren. In Spanien wurden die Gräber geöffnet. In einem fand | |
sich eine Leiche mit drei Füßen, im Grab eines schwarzen Offiziers lag ein | |
weißer Leichnam. | |
## Verträge sind unauffindbar | |
Die Angehörigen gingen vor Gericht. Die PP übernahm die Kosten für die | |
Verteidigung der betroffenen Offiziere. Minister Trillo, Mitglied der | |
katholischen Geheimsekte Opus Dei, wurde vom heutigen konservativen | |
Regierungschef Mariano Rajoy, der damals Vizeregierungschef war, als | |
Botschafter nach London geschickt. | |
Alle Verfahren gegen das Verteidigungsministerium blieben erfolglos. Viele | |
Fragen sind bis heute unbeantwortet. Die Mietkosten der Yak-42 beliefen | |
sich offiziell auf 149.000 Euro. Doch die Fluggesellschaft kassierte nur | |
38.500 Euro. Der Rest ging angeblich an Vermittlungsagenturen. Doch | |
Verträge aus jener Zeit sind nicht mehr auffindbar. Nur ein Dokument | |
bekamen die Angehörigen in die Hände. Betrag und ein Teil der | |
Vertragsbedingungen waren darauf unkenntlich gemacht. | |
Cospedal versprach den Angehörigen jetzt, nach den Verträgen zu suchen. | |
Zugleich verwies sie darauf, dass auch die sozialistische Regierung unter | |
Jose Luis Zapatero, die auf Aznar folgte, die Verträge trotz intensivster | |
Suche nicht gefunden habe. | |
11 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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