# taz.de -- Nach Anschlägen in der Türkei: Ausnahmezustand verlängert | |
> Seit dem Putschversuch im Sommer befindet sich die Türkei im | |
> Ausnahmezustand. Das wird vorerst auch so bleiben. Die Ermittlungen zum | |
> jüngsten Attentat laufen. | |
Bild: Unterschiedliche Reaktionen auf den jüngsten Anschlag auf den Istanbuler… | |
ISTANBUL dpa | Der nach dem Putschversuch in der Türkei im vergangenen | |
Sommer verhängte Ausnahmezustand ist bis zum 19. April verlängert worden. | |
Das Parlament in Ankara stimmte dem Antrag der Regierung auf Verlängerung | |
um weitere drei Monate am späten Dienstagabend zu. Vize-Ministerpräsident | |
Numan Kurtulmus begründete den Antrag bei der emotional geführten Debatte | |
unter anderem mit anhaltenden terroristischen Angriffen auf die Türkei. | |
Die Türkei ist in den vergangenen Monaten von einer ganzen Anzahl schwerer | |
Terrorangriffe erschüttert worden. Zuletzt hatte [1][in der Silvesternacht | |
ein Angreifer im Club Reina in Istanbul] das Feuer auf Feiernde eröffnet | |
und 39 Menschen getötet. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat die | |
Verantwortung übernommen. | |
Die Identität des Angreifers auf eine Silvesterparty in Istanbul ist den | |
türkischen Behörden nach Angaben des Außenministers mittlerweile bekannt. | |
Die Personalien des Täters seien festgestellt worden, sagte Mevlüt | |
Cavusoglu in einem Gespräch mit der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu | |
am Mittwoch. Details nannte er jedoch nicht. Die Fahndung nach dem | |
Flüchtigen dauere an. | |
Ohne Verlängerung wäre der Ausnahmezustand am 19. Januar ausgelaufen. Die | |
islamisch-konservative Regierungspartei AKP und die kleinste | |
Oppositionspartei, die ultranationalistische MHP, unterstützten die | |
Verlängerung. Die anderen beiden Oppositionsparteien, die | |
Mitte-Links-Partei CHP und die pro-kurdische HDP – waren strikt dagegen. | |
Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte den Ausnahmezustand kurz nach | |
dem Putschversuch vom 15. Juli 2016 ausgerufen. Im Oktober war er ein | |
erstes Mal verlängert worden. Vize-Ministerpräsident Kurtulmus hatte | |
bereits am Montag gesagt: „Der Ausnahmezustand wird so lange dauern wie | |
nötig.“ | |
## Vorzeitige Aufhebung möglich | |
Das Parlament kann den Ausnahmezustand vorzeitig aufheben. Von nächstem | |
Montag an soll sich das Parlament mit der geplanten Verfassungsreform zur | |
Einführung eines Präsidialsystems beschäftigen. Wenn – wie von der | |
Regierung angestrebt – mindestens 330 der 550 Abgeordneten für die Reform | |
stimmen, kommt es vermutlich im Frühjahr zu einem Referendum. Die Regierung | |
hat ursprünglich angekündigt, dass der Notstand vor einem solchen | |
Referendum aufgehoben würde. | |
Die Reform würde Erdogan deutlich stärken und das Parlament schwächen. Die | |
AKP verfügt über 316 Stimmen im Parlament. MHP-Chef Devlet Bahceli hat | |
seine Unterstützung für die Reform zugesagt. Die MHP ist mit 40 Sitzen die | |
kleinste der drei Oppositionsparteien im Parlament. Die CHP und die HDP | |
laufen Sturm gegen die Reform. Beide Parteien werfen Erdogan vor, eine | |
Diktatur errichten zu wollen. | |
Während des Ausnahmezustands kann der Staatspräsident weitgehend per Dekret | |
durchregieren. Die Dekrete haben Gesetzeskraft und müssen vom Parlament nur | |
im Nachhinein abgenickt werden. | |
Erdogan macht die Bewegung des in den USA lebenden Predigers Fethullah | |
Gülen für den Putschversuch vom Sommer verantwortlich. Nach Angaben von | |
Anadolu wurden seitdem mehr als 41 000 Verdächtige wegen mutmaßlicher | |
Gülen-Verbindungen in Untersuchungshaft genommen. Die Gülen-Bewegung gilt | |
in der Türkei – ebenso wie etwa der IS oder die verbotene kurdische | |
Arbeiterpartei PKK – als Terrororganisation. | |
4 Jan 2017 | |
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erstattet. |