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# taz.de -- Ausnahmen beim Mindestlohn: 8,84 Euro? Nicht für Geflüchtete!
> Geflüchtete in einem Anerkennungspraktikum müssen keinen Mindestlohn
> bekommen. Das ist ungerecht, sagt die Opposition.
Bild: Der reguläre Mindestlohn
Geflüchteten, die Betriebspraktika oder berufliche Nachqualifizierungen
absolvieren, muss kein Mindestlohn gezahlt werden. Das geht aus einem
internen Papier des Arbeits-, Bildungs- und Finanzministeriums hervor, das
der taz vorliegt.
Nach dem Papier sind „Pflichtpraktika, die im Rahmen einer
schulrechtlichen, hochschulrechtlichen Bestimmung oder einer
Ausbildungsordnung“ mit dem Ziel, „fehlende praktische Kenntnisse
auszugleichen“, gemacht werden, vom Mindestlohn ausgenommen. Oder einfach
gesagt: Geflüchtete, deren Berufsabschlüsse hierzulande nicht vollständig
anerkannt sind und die dafür eine „betriebliche Anpassungsqualifizierung“
durchlaufen, können unterhalb des Mindestlohns bezahlt werden.
Dies entspricht dem geltenden Recht, betonte eine Sprecherin des
Arbeitsministeriums gegenüber der taz: Sogenannte Anerkennungspraktika
seien vom Mindestlohn ausgenommen. Unabhängig davon sei „keine
Gesetzesänderung geplant, mit der Flüchtlinge grundsätzlich vom Mindestlohn
ausgeschlossen werden sollen“, sagte die Sprecherin. Bei dem Papier handle
es sich um eine „Handreichung für Arbeitgeber, wie das aktuelle Recht
ausgelegt werden kann“.
Ohne Nachqualifizierungen seien zahlreiche Geflüchtete in den deutschen
Arbeitsmarkt nach Aussage der Sprecherin von Arbeitsministerin Andrea
Nahles (SPD) nicht ohne Weiteres integrierbar. Die Berufsausbildungen in
den Herkunftsländern entsprächen mitunter nicht den hiesigen Anforderungen,
sagte sie. Die nötige Qualifizierung könne sich etwa eine Friseurin aus
einem Fluchtland in einem Betriebspraktikum aneignen. Über die Art und die
Dauer der Anerkennungspraktika würden Jobcenter und Arbeitgeber gemeinsam
vereinbaren. „Das sind individuelle Entscheidungen“, so die Sprecherin.
## ErzieherInnen, KrankenpflegerInnen, MechanikerInnen
Wie viele Geflüchtete sich derzeit in solchen Maßnahmen und Berufspraktika
befinden, ist nicht bekannt. „Es sind nicht so viele“, sagte eine
Projektassistentin der Arbeitsvermittlung für Geflüchtete Work for Refugees
in Berlin. Am häufigsten würden ErzieherInnen, KrankenpflegerInnen und
MechanikerInnen in Anerkennungspraktika vermittelt.
Zum Jahresanfang wurde der Mindestlohn von 8,50 auf 8,84 Euro angehoben.
Linksparteichef Bernd Riexinger plädiert für einen „flächendeckenden
Mindestlohn ohne Ausnahmen in Höhe von 12 Euro“. Die Partei fordert „beim
Mindestlohn keine Sonderregeln für Flüchtlinge“, diese spielten lediglich
den Rechtspopulisten in die Hände. Auch die Grünen plädieren für
einheitliche Regelungen beim Mindestlohn. Brigitte Pothmer,
arbeitsmarktpolitische Sprecherin ihrer Partei im Bundestag, kündigte eine
juristische Überprüfung an, ob die „Interpretationen“ der Bundesregierung
tatsächlich vom Mindestlohngesetz gedeckt seien.
Kurioserweise unterstützt die AfD die Kritik der Opposition.
AfD-Vorstandsmitglied Georg Pazderski sagte, dass die „Ausnahme von
minderqualifizierten Flüchtlingen vom Mindestlohn“ die „Gesellschaft noch
weiter spalten und die sozialen Konflikte weiter schüren“ würde.
2 Jan 2017
## AUTOREN
Simone Schmollack
## TAGS
Mindestlohn
Schwerpunkt Flucht
Geflüchtete
Arbeit
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Arbeitslosigkeit
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Nachqualifizierungen, wie etwa Praktika, sollen unter dem Mindestlohn
vergütet werden.
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