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# taz.de -- Friedensmarsch von Berlin nach Aleppo: „Civil March“ für den F…
> Gut 400 Menschen machten sich am Montagmorgen auf Richtung Syrien. Ob sie
> ankommen, ist fraglich – aber darum geht es auch nicht.
Bild: Auf dem Weg von Berlin-Tempelhof nach Aleppo: TeilnehmerInnen des Frieden…
Sogar der Himmel scheint dem Vorhaben, das am Morgen des zweiten
Weihnachtsfeiertags auf der stets zugigen Gras- und Betonebene des
stillgelegten Flughafens Berlin-Tempelhof seinen Anfang nehmen soll, mit
passender Kulisse Respekt zollen zu wollen: Ein eisiger Wind treibt
dunkelgraue Wolkenberge wie dichten Rauch über das ehemalige Flugfeld, ab
und zu lässt die Sonne einen wärmenden Strahl durch die dunkle Wolkendecke
fallen. Wie einen Hoffnungsschimmer.
Neben den riesigen Hallen des einstigen Flughafens, in denen früher
Flugzeuge gewartet wurden und heute Flüchtlinge leben, haben sich an diesem
Montagmorgen Hunderte Menschen versammelt. Die meisten sind mit robuster
Outdoorbekleidung gut gegen Wind und Regen gewappnet, tragen Rucksäcke und
Wanderschuhe, viele auch weiße Fahnen. An einem Campingtisch gibt es Kaffee
und Tee.
Die Leute wollen von hier aus nach Aleppo aufbrechen, zu Fuß. „Mehr
Aufmerksamkeit für Syrien“ wollten sie damit erreichen, sagt Anna Alboth.
Die polnischstämmige Bloggerin und Journalistin, die seit neun Jahren in
Berlin lebt, hatte erst vor drei Wochen die Idee für den „Civil March“.
Alboth unterstützt selbst syrische Flüchtlinge, einer wohnt bei ihrer
Familie. Sie wollte die schlimmen Bilder aus Aleppo, die schrecklichen
Nachrichten nicht mehr einfach nur hinnehmen.
Auf Facebook fragte Alboth: „Was, wenn wir einfach dort hingehen?“ Binnen
24 Stunden meldeten sich darauf so viele Menschen, dass sie beschloss,
wirklich zu gehen. Inzwischen gibt es insgesamt 150 Koordinatoren in den
Ländern, durch die der Marsch führen soll. Bürgermeister wurden
angeschrieben, ob sie den Wanderern eine Schlafmöglichkeit anbieten
könnten, Kontakt zu Anwälten und Journalisten aufgebaut.
Es sind nach einer kurzen Ansprache von Organisatorin Alboth dann gut 400
Menschen, die sich am Montagmorgen zur ersten Etappe des Marsches
aufmachen: Alte und Junge, Männer und Frauen, Deutsch-, Polnisch-,
Arabisch- und Englischsprechende. Polizei begleitet die Wandernden, der
Marsch ist als Demonstration angemeldet. Die führt zunächst 15 Kilometer
weit nach Mahlow in Brandenburg kurz hinter der südlichen Berliner
Stadtgrenze, wo die TeilnehmerInnen in einer Turnhalle übernachten können.
## „Bitte keine Fahnen außer weißen“
Etwa 20 Kilometer wollten sie täglich gehen, sagt Mitorganisator Sebastian
Olényi und fordert die Marschierenden auf, eng zusammenzubleiben. Über
Twitter und andere soziale Medien habe der Civil March mit seiner
Friedensintention auch schon viel Hass erfahren, berichtet Olényi: „Bis hin
zu Vergewaltigungsdrohungen.“
Dabei seien die TeilnehmerInnen „ganz durchschnittliche Leute, die einfach
Frieden wollen“, wie Organisatorin Alboth nicht müde wird zu betonen. „My
name is Anna and I am a mother of two kids“, lautet der Satz, mit dem die
meist Englisch sprechende gebürtige Polin fast jedes ihrer Statements
einleitet. Sich nicht politisch vereinnahmen zu lassen – das führt auch
kurz vor Abmarsch noch zu Diskussionen.
„Bitte keine Fahnen außer weißen“ – hatten die OrganisatorInnen die
TeilnehmerInnen gebeten. Aber manche der mitmarschierenden SyrerInnen
wollten auf die Symbole der Opposition in ihrem Herkunftsland nicht
verzichten. „Wir demonstrieren nicht gegen jemanden, sondern dafür, dass es
Frieden gibt“, betont Sebastian Olényi – auch wenn es unter den
TeilnehmerInnen „sicher mehr Sympathien für bestimmte Gruppen als für
andere“ gebe: „Aber wir wollen, dass alle die Waffen niederlegen.“
Etwa 30 Leute würden am Ende den ganzen Marsch mitmachen, schätzt er. Dass
sie tatsächlich bis Syrien kommen, glaubt Anna Alboth nicht. Sie vermutet,
dass die Gruppe an der türkischen Grenze aufgehalten wird. Schlimm findet
sie das aber nicht. „Das eigentliche Ziel des Marsches ist, dass die
Zivilisten in Syrien Zugang zu humanitärer Hilfe bekommen. Wir laufen, um
Druck aufzubauen.“
26 Dec 2016
## AUTOREN
Alke Wierth
Antje Lang-Lendorff
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Schwerpunkt Syrien
Berlin
Aleppo
Frieden und Krieg
Syrischer Bürgerkrieg
Schwerpunkt Flucht
Flüchtlinge
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